Kapitel 2

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Ich dachte darüber nach eine weiter Mahlzeit ausfallen zu lassen, aber das Loch in meinem Magen überzeugte mich vom Gegenteil. Ich brauchte endlich wieder etwas zu essen, daran konnte auch der gestrige Vorfall nichts ändern. Und schließlich würde Loki ja nicht sofort wieder in meine Gedanken eintauchen. Dafür würde ich schon sorgen. Denn auch wenn ich keine Gabe zur Verfügung hatte, hatte ich dennoch meinen Verstand und mein Training.

Verschlafen kletterte ich aus dem Bett und zog mir ein Kleid an. Mir war heute nicht nach den schlichten weißen oder schwarzen Kleidern, weshalb ich mich für eins in einem weinroten Ton entschied. Es brachte etwas Farbe an meine blasse Haut.

Gedankenverloren, den Blick auf meine Füße gerichtet, ging in durch die Hallen, um in den Speisesaal zu gelangen. Dort waren die anderen, die bereits am Tisch saßen. Kurz fing ich den Blick von Sif auf und sie lächelte warm. Ich erwiderte ihren Blick, dann setzte ich mich auf meinen Stammplatz zwischen Hogun und Fandral. Die beide sahen kurz zu mir, beteiligten sich danach aber sofort an einem Gespräch.

Es war beinahe wie immer... Nur ich saß die ganze Zeit schweigend auf meinem Stuhl und starrte meinen Teller an. Ich konnte nicht vermeiden mir ständig die Erinnerung an den dunklen Raum und den warmen Atem auf meiner Haut zurück in mein Gedächtnis zu rufen.

Ich dachte ich hätte all das verdrängt, aber nun war es wieder da. Klar und deutlich.

Jemand schnippte mit dem Finger vor meinem Gesicht. Es war Hogun, der versuchte meine Aufmerksamkeit zu erlangen. Erschrocken sah ich zu ihm, was ihn grinsen ließ.

„Entschuldigung. Ich war nicht ganz bei der Sache.", gab ich zu. Hogun lachte nur.

„Ach was?" Ich verdrehte nur die Augen, sah ihn aber weiterhin abwartend an. „Kommst du mit zu einem Ausritt in die Wälder?" Fügte er dann schließlich. Ich zögerte, nickte dann aber. Ein wenig Ablenkung konnte nicht schaden.

Unsere ganze Truppe war dabei, als wir im Stall die Pferde sattelten. Thor, Sif, Hogun, Fandral, Volstagg und auch Loki hatte sich dazu herabgelassen uns zu begleiten. Es herrschte gute Stimmung, denn wir alle hatten den ganzen Tag lang frei bekommen, was tatsächlich recht ungewöhnlich war. Die Prinzen waren meistens mit ihren ach so wichtigen diplomatischen und politischen Aufgaben beschäftigt. Die Aufgaben, denen die tapferen drei nachgingen, kannte ich nicht genau, aber ich wusste, dass Sif sich damit beschäftigte zu trainieren, mit den Soldaten von Asgard. Und ich? Aufgaben hatte ich hier nicht wirklich. Es war schließlich auch nur ein dummer Zufall, dass ich im Palast gelandet war. Aber ich konnte mir die Zeit schon immer recht gut vertreiben.

Ich stieg auf die Schimmelstute, die in aller Ruhe noch ein wenig Heu fraß. Neben mir saß auch Sif auf, die mir einen kurzen Blick zuwarf. Es war ihr wir-müssen-reden-Blick. Ich mochte diesen Blick nicht, er bedeutete nie etwas Gutes, aber dennoch ließen wir beide uns auf dem Weg ein wenig zurückfallen, sodass die anderen nicht hören konnten, was wir sagten.

„Thor hat uns erzählt, was gestern passiert ist. Willst du darüber reden?", fragte sie. Ich schüttelte den Kopf.

Ich hatte mir schon gedacht, dass wenigstens einer der Brüder es erzählen würde, aber dennoch hatte ich keine Lust darüber zu reden. Einerseits, weil ich einfach nicht bereit dazu war, andererseits, weil es auch niemanden etwas anging. Das war meine Privatsache.

„Du weißt, dass ich da bin, wenn du mich brauchst.", sagte sie aufmunternd.

„Ja ich weiß. Ich muss nur erstmal nachdenken.", gab ich zu. Sie nickte verstehend und wir schlossen wieder zu den anderen auf, die sich gerade über ein Fest im Dorf unterhielten. Neugierig lauschte ich ihren Worten.

Obwohl ich seit meine vierten Lebensjahr im Schloss wohnte, mochte ich das Dorf und die Freiheit, die die Menschen dort hatten um einiges mehr, als das Palastleben. Es gab keine Etikette, es gab niemanden der etwas von mir verlangte. Ich stellte es mir wunderschön und so befreiend vor. So ein Leben hätte ich gern gehabt, aber Odin hatte mir verboten zurück unter die Menschen im Dorf zu gehen, weil ich meine Gabe dort vergeuden würde und ich einmal Macht haben sollte.

Loki Laufeyson - GoddessWo Geschichten leben. Entdecke jetzt