Nichts

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"Geschwister sind nie alleine. Sie tragen einander immer im Herzen" - Unbekannt


Abneigung. Ablehnung. Unmut. Feindschaft. Ärger. Abscheu. Groll. Feindseligkeit. Bitterkeit. Widerwille. Missgunst. Apathie. Streit. Spannung. Fehde. Zerwürfnis.

Das alles sind Wörter, die nur eines umschreiben: Hass.

Ein starkes Wort. Ein starkes Gefühl.

Aber, ich frage mich,

was ist Hass?

Ist er das Gefühl, dass ich habe, wenn ich sehe, wie Polizisten unschuldige Menschen erschießen?

Ist er das Gefühl, dass ich habe, wenn andere Menschen ihre Macht ausnutzen?

Ist er das Gefühl, dass ich habe, wenn ich an mich selbst denke?

Hass.

Ist er das Gefühl, dass ich habe, wenn ich an mein Leben denke? Wenn ich an meine Mutter denke? Wenn ich an meinem Vater denke?

Ist er das Gefühl, dass ich habe, während ich das schreibe, während ich das sage?

So sollte es doch nicht sein.

Das ist nicht richtig.

Das

ist

nicht

richtig!

Dieses Gefühl sollte ich nicht haben, wenn ich an meine eigenen Eltern denke.

Aber es ist da.

Lange, wirklich lange, habe ich euch verteidigt.

Lange, wirklich lange, habe ich behauptet, es geht mir gut.

Lange, wirklich lange, viel zu lang, habe ich so getan, als wäre es normal.

Als wäre es normal, nächtelang mit seinem kleinen Bruder alleine zu sein.

Als wäre es normal, nicht schlafen zu können, weil ihr nicht da wart.

Als wäre es normal, Angst vor der nächsten Eskalation zu haben.

Als wäre es normal, die Schuld bei sich selbst zu suchen.

Ich habe das viel zu lange geglaubt.

Ich wollte es so sehr glauben.

Doch, wenn mir eines jetzt klar ist, dann ist es das: Es ist nicht normal.

Das ist es nicht

und das war es nie.

Ich wünsche mir nur so sehr, dass es normal gewesen wäre, dass wir normal gewesen wären.

Denn dann, wäre ich auch normal.

Denn dann, wäre ich nicht so verdammt kaputt und zerbrochen.

Wegen euch, bin ich nicht in der Lage, andere Menschen in mein Leben zu lassen.

Wegen euch, bin ich nicht in der Lage, anderen Menschen zu vertrauen.

Wegen euch, bin ich nicht in der Lage, Liebe zu empfinden.

Wegen euch, wegen euch, wegen euch.

Ich wünschte, ich könnte sagen, es wäre wegen euch,

doch ich suche die Schuld immer noch bei mir.

Ich versuche immer noch herauszufinden, was ich hätte anders machen können.

Ich versuche immer noch herauszufinden, wie ich alles hätte verhindern können.

Doch, so sehr ich euch zu hassen versuche, umso schwerer fällt es mir.

Ich habe die Momente vor Augen, in den wir gelacht haben, in denen wir unbeschwert waren, in denen wir sorglos waren, in denen wir voller Liebe waren.

Doch sie werden überschattet von den Momenten, in denen wir Angst hatten, in denen wir allein waren, in denen wir verloren waren, in denen wir voller Enttäuschung waren.

Zuneigung. Vertrauen. Liebe.

Ich habe nie erfahren, wie es sich anfühlt, jemanden anderem Vertrauen zu schenken. Wie es sich anfühlt, wenn dieses nicht missbraucht wird.

Ich habe nie erfahren, wie es sich anfühlt, geliebt zu werden. Bedingungslos und unendlich.

Ich habe nie erfahren, wie es hätte sein können.

Ich werde es auch nie erfahren.

Ihr habt mir all dies genommen.

Ihr seid immer noch dabei.

Stattdessen weiß ich nur zu gut, wie es ist, nichts zu fühlen.

Nichts.

Doch eines Tages werde ich all diese Dinge erfahren, spüren, fühlen.

Und ihr werdet mir das nicht nehmen können.

Mir nicht und auch nicht meinem kleinen Bruder.

Keinem von uns.

Eines Tages werden wir geliebt werden, Vertrauen haben können und ihr werdet uns nichts mehr anhaben können.

Nichts. 

Das Gesagte im UngesagtenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt