Zwanzig - Keldan

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Sie wollte ihn heiraten!

Wutentbrannt kehrte er in sein Reich zurück. Er musste sich beruhigen.

Wie konnte sie überhaupt mit dem Gedanken spielen diesen einfältigen Idioten zu heiraten!

Der Gott befahl seinen Wachen jedem, wirklich jedem den Zutritt in seine Gemächer zu verwehren. Er wollte alleine sein.

Er war dankbar, für Lawans erscheinen, sonst hätte sich Keldan vor ihren Augen in einen Gott verwandelt und sie sicherlich so verschreckt, dass sie ihm nie wieder trauen würde.

Nun stand er vor seinem Spiegel und belauschte das Gespräch zwischen den Beiden.

Er hatte sich nicht getraut in seiner Gestalt vor sie zu treten, lieber hatte er sich als ein Vogel getarnt. Worauf genau er gehofft hatte wusste er nicht, doch als sie ihn direkt ansah kam es ihm einen Moment so vor, als würde sie ihn erkennen.

"Freut mich sehr, mein Name ist Talisa. Seid Ihr zu besuch hier?" Erklang es von ihr.

"So in der Art, nur leider ist die Person, die ich gerne sehen würde nicht wirklich anwesend."

Geschickt umspielte Lawan das Thema.

"Ihr wolltet nicht zum Herren dieses Hauses?"

Mit einer gewissen Genugtuung hörte Keldan zu wie sie nicht wirklich den Namen dieses Mannes aussprach.

"Nicht direkt er ist mein Ziel, doch es freut mich eine so schöne Gesellschaft stattdessen zu haben, hättet Ihr was dagegen mich ein Stück zu begleiten?"

Sie schien zu zögern, willigte dann jedoch ein.

"Kennt Ihr den Herren gut?" Hakte Lawan nach, Keldan hielt unbewusst die Luft an.

"Ich bin mir nicht sicher, momentan ist alles um mich herum so fremd und ich weiß nicht wohin mit mir oder wem ich vertrauen kann."

Nun wurde der Gott noch wütender auf den Mann, dieser nutzte die Gelegenheit ihrer Unwissenheit und drängte sie.

Keldan nahm einen großen Schluck von dem Wein aus seinem Becher. Wie hatte alles so aus der Kontrolle geraten können? Nachdenklich sah er den Beiden im Spiegel weiter zu, während er ihren schmalen Ring zwischen seinen Fingern rieb.

"Er hat mir angeboten ihn zu heiraten, dabei bin ich es schon längst." Erzählte sie leise weiter.

"Und wo ist er?"

Der zuschauende Gott wurde wütend. Wieso stachelte Lawan so herum? Er hätte die Frage sicher anders stellen können, nachfragen ob sie sich an ihren Ehemann erinnern würde oder irgendwas in ihren Erinnerungen doch noch erhalten geblieben war.

Du verdienst sie nicht.

Hatte sein Bruder es ernst gemeint? Wann hatte Keldan die Zeichen angefangen nicht zu sehen?

Talisa verfiel in Schweigen.

"Wieso hilft er Euch nicht Euren Ehemann zu finden, statt Euch einen Antrag zu machen?" Lawan versuchte es anders um das Gespräch wieder an zu kurbeln.

"Wieso sucht mich mein Ehemann nicht?" Erwiderte sie. 

"Vielleicht tut er es? Vielleicht hat er zu viel Angst Euch unter die Augen zutreten? Ihr wisst schließlich nicht was passiert ist, womöglich hat er Euch enttäuscht."

Wut kribbelte in Keldans Fingern.

"Aber wäre ich ihm wichtig würde er hier sein, was es auch war, müsste er sich dann nicht wenigstens entschuldigen, als sich vor mir fernzuhalten?"

Keldan hatte einen Entschluss gefasst. 

Lawan verabschiedete sich kurz darauf von ihr und als die Sonne unterging, lag Talisa in ihrem Bett, da machte er sich auf den Weg.

Ein weiteres mal betrachtete er das schlafende Gesicht seiner Ehefrau. Sie träumte unruhig, ihre Stirn lag in falten und sie schien irgendetwas zu murmeln.

Er setzte sich an den Bettrand nur um ihr wie selbstverständlich eine Strähne aus dem Gesicht zu streichen. Ihr Atem wurde ruhiger.

"Ich werde es nur einmal sagen, es tut mir leid. Ich hatte mein Versprechen gebrochen und du hast jedes Recht mich zu verlassen. Wenn es dein Wunsch ist, dann lasse ich dich gehen. Wahrscheinlich wirst du mit jemand anderem glücklicher, jemand der dir zuhört und seine Versprechen hält."

Ein letztes mal sah er zu ihr, ehe er aufstand.

"-an."

Abrupt blieb er stehen. Da war es. Die Weite. 

"Ke-."

Der Gott drehte sich um. Das Universum schien das Zimmer zu verschlingen.

"Keldan."

Endlich hatte ihre Stimme genug Kraft und er verstand was sie die gesamte Zeit murmelte.

Unaufhörlich wiederholte sie seinen Namen, mal ganz deutlich, mal abgehackt.

Ihr Traum schien wieder unruhig zu werden. 

Er nahm ihre Hand und ihr Atem wurde mit einem mal rhythmischer. Es war als würde die Weite des Universum in ihn über gehen.

Was war es nur? Was hatte sie, was machte sie nur anders?

In seinem langen Leben hatte er unzählige Frauen an seiner Seite gehabt, doch keine war so dickköpfig und sturr, wie sie.

Keiner war es je wichtig gewesen mit ihm über belangloses zu sprechen.

Eine neue Frage schoß durch seinen Kopf.

Wollte er diese Frau frei geben? Es ging ihm nicht ums Besitzen. Nicht mehr. Wollte er wieder in der morgendlichen Stille aufwachen?

Nein.

Halte es durch seinen Kopf.

Doch wie sollte er es schaffen sie wieder in sein Leben zu bekommen? Waren die Erinnerungen einmal fort kamen sie auch nicht mehr wieder. Sollte er ganz von vorn anfangen?

Ihre schmalen Finger umschlangen seine Hand, so dass er sich wieder zu ihr setzte.

Trotz allem schien sie zumindest Unbewusst und wenn es nur im Traum war, seinen Namen noch zu wissen.

Ob sie auch ein Gesicht zu dem Namen sah?

Lange saß er in der Stille und lauschte ihrem Atem. Die roten Locken wallten um ihren Kopf.

Zum einen entspannte es ihn neben ihr zu sein, zum anderen brummte ihm der Schädel. Nicht, dass er schon genug zu tun hatte mit dem Dämon, der sich in seinem Reich mehr erlaubte als es ihm Zustand.

Nicht, dass die Feier seines Vaters bevorstand und erwartet wurde, dass Keldan nun endlich seine Ehefrau vor führte.

Nein, er hatte auch noch diese dumme Wetter mit seinem Bruder, um einen Teil seines Reiches.

Sein Problem war, er konnte Talisa nicht mit Gewalt zurück holen. Er musste ihr Einverständnis haben damit sie die Welten durch queren konnte.

Sie musste sich freiwillig dafür entscheiden mit ihm zu gehen.

Nur wie?

Er holte ihren Ring hervor. Das einzige Zeichen, daran was sie zu ihm verband. Kurz zögerte er. Was würde er tun, wenn dieser doch nicht über ihren Finger glitt?

Dann war alles zu spät.

Er atmete ein und führte den Ring zu ihrer Hand.





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