Vierzehn - Keldan

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Lass mich deine Freundin sein.

Noch während sie diese Worte gesprochen hatte, tat sich vor seinen Augen das Universum auf.

Was stimmte nur nicht mit ihm?

Sie war eine ganz normale Sterbliche, nichts weiter und dennoch überkam ihn immer wieder das Gefühl da wäre mehr.

Wieso er ihr Angebot nicht annehmen wollte wusste er selber nicht genau. Er genoss ihre Gesellschaft, er mochte es ihren Geschichten zu lauschen, aber sie als Freundin an seiner Seite zu haben erschien ihm zu wenig.

Dabei hatte er selber mehr als nur einmal betont dass er sie nicht als Frau brauchte, doch verlief auch darin die Wette mit seinem Bruder. Sie musste bereit sein für ihn ihr Herz zu geben, nicht anders könnte der Beweis erbracht werden wie sehr sie ihn liebte.

Langsam begann das alles Keldan über den Kopf zu wachsen. Er lauschte in der Hoffnung ein Gespräch zwischen ihr und der Dienerin zu erhaschen. Doch wer dort antwortete war nicht die alte Frau.

Eilig erschien er in seinem Zimmer mit dem Spiegel. Mit einer raschen Bewegung verschwamm die Oberfläche und er sah zwei Frauen. Sollte er dieses Treffen unterbrechen? Oder würde es Talisa gut tun mit einer Frau zu sprechen, die ungefähr im selben Alter war?

Keldan verkrampfte sich noch ehe er zu einer Entscheidung kam.

"Deine Frau und deine Liebhaberin, die miteinander reden? Na ich weiß ja nicht ob es so gut ist." Jerik stand hinter ihm.

"Du hast hier nichts verloren, geh wieder nach Hause."

"Wenn es so weiter geht wird das hier mein Zuhause. Na ja zumindest die Hälfte."

In Keldan sammelte sich aufs Neue der Zorn.

"Ich mein es nicht böse, es würde mich freuen, wenn du endlich jemanden für dich finden könntest, also hör auf meinen Rat, was da gerade vorgeht wird dich nicht weiter bringen."

Ungläubig schnaubte der Ältere.

"Warst nicht du derjenige, der plötzlich vor ihrer Zimmertür stand und plötzlich gibst du mir Ratschläge? Erwartest du ehrlich, dass ich auf dich höre? Was willst du hier wirklich?"

"Du hast mich durchschaut. Unsere Eltern haben von deiner kleinen Braut gehört und fragen sich, wann du denn vorgehbat hättest sie ihnen vorzustellen."

Natürlich, das Letzte was Keldan gebrauchen könnte waren seine Eltern, die auf Talisa einreden würden.

"Du hättest ihnen direkt ausrichten können, dass aus dem Treffen nichts wird. Ich war seit Jahrhunderten nicht mehr bei ihnen."

Ein gefährliches Grinsen stahl sich auf Jeriks Lippen und Keldan verstand. Würde seine Mutter auch nur einen Augenblick alleine mit der Frau haben, würde sie sich von ihm abwenden. Sterblichen gegenüber konnte seine Mutter sehr überzeugend sein.

"Sie denken du hältst sie gegen ihren Willen fest." Warf der Jüngere ein während er sich zum gehen drehte.

Keldan hasste dieses Gefühl in die Ecke getrieben zu sein. Sollte er nicht zu seinen Eltern kommen, so würde seine Mutter höchstwahrscheinlich bei ihm auftauchen, womöglich auch noch zu einem Moment wenn er nicht da wäre.

"Richte ihnen aus, wir bräuchten noch etwas Zeit und ich würde mich melden."

"Das brauche ich gar nicht, in einigen Monden ist Vaters Geburtstag er plant groß zu feiern, ihr seit eingeladen."

In dem Moment explodierte Keldans Wut, ein Blitz schlug ein und sein Bruder war fort. Mit seinem ganzen Zorn entfaltete sich ein Sturm, bis er beim nächsten Blitzschlag einen grellen Schrei hörte.

Talisa.

Sofort stand er im Hof, sie hatte sich auf den Boden gekauert, zitternd und leise wimmernd.

"Was ist passiert?" Hatte sie etwa Angst vor Gewitter?

"Der Blitz hat mich überrascht." Flüsterte sie und zeigte auf eine verbrannte Stelle nicht weit von sich entfernt. Sofort verebbte der Wind, die Wolken verflüchtigten sich und es wurde still um die Beiden.

Der Mann hatte sich zu ihr gekniet, achtsam hob er sie auf die Arme.

"Es ist vorbei." Hauchte er. Noch bevor sie die Augen öffnete standen sie vor ihrem Salon. "Darf ich hinein?"

Überrumpelt sah sie zu ihm, ehe sie sehr schnell wieder ihren Blick senkte, denn er sah sie unvermittelt an. Der Gott bemerkte wie ihre Ohren rot wurden und eine weitere Röte sich auf ihrem Dekolletee ausbreitete. Erst jetzt bemerkte er welcher gefährlichen Sicht er ausgesetzt war.

Er musste etwas gegen ihre Kleider unternehmen.

"Ich kann alleine gehen." Nuschelte sie, er überhörte es und betrat ihren Raum.

Vorsichtig setzte er sie auf eines der Sofa.

Langsam kam sie zu sich, bis sie schließlich vor Schreck hochfahren wollte, während sie ihr Gesicht verbarg. Er hielt sie auf.

"Lass mich bitte. Ich muss fürchterlich aussehen."

Ohne auf die Worte zu achten nahm er ihr Gesicht zwischen seine Hände und zwang sie ihn direkt anzusehen.

"Für einen Freund kann man nicht schlecht aussehen."

Die Worte verließen seine Lippen ehe er über diese nachdenken konnte.

Ihre Augen wurden noch größer. Keldan wusste nicht was ihn in diesem Moment geritten hatte, doch da waren sie und plötzlich füllte ihr Herzschlag den gesamten Raum.

Ein schnelles Schlagen wie ein kleiner Vogel, der wild mit seinen Flügeln schlug.

Unbewusst fuhr er mit dem Daumen über ihre weiche, helle Haut.

"Du hast es dir anders überlegt?"

Sie schien sich der Situation nicht bewusst zu sein und das Strahlen, welches sich in dem Moment in ihre Augen stahl machte es ihm nicht einfacher.

Je länger sie sich ansahen, desto mehr änderte sich der Ausdruck in ihrem Gesicht, die Röte war zurück gekehrt. Ihr Mund öffnete sich, als hätte sie vorgehabt etwas zu sagen, doch es sich dann anders überlegt.

Sein Daumen verharrte an ihren Mundwinkeln, da war es wieder, das Licht, das sich in ihren dunklen Augen verfing, schimmerte wie kleine Sterne in den weiten des nächtlichen Himmels.

Ein Gedanke schoss ihm durch den Kopf, etwas was einfach nicht sein konnte.

Sofort wich er von ihr. Sie sah ihn fragend an, da verschwand er aus ihrem Zimmer. Er tauchte auf einem Berg auf, nicht weit von dem Schloss. Eine lange Treppe führte hinauf zu dem kleinen Podium unter dem Baum, in der Mitte tobte ein Strudel, der hinab ging.

Es war der einzige Durchgang zur Welt der Menschen und wurde als Strafe genutzt, denn jeder der hinab fiel erlitt qualvolle Schmerzen und vergaß alles, was in der Welt der Götter passiert war. Gedankenverloren sah er hinein.

Noch immer nicht sicher über den Gedanken, der ihn bis dorthin getrieben hatte, starrte er vor sich. Dieser Gedanke machte ihn wahnsinnig und er wusste nicht wie es weitergehen sollte.

Er begehrte sie.







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