Acht - Keldan

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In der Dunkelheit seines Traumes drang plötzlich eine Melodie, viel zu leicht, viel zu glücklich um ein Teil seines Wesens zu sein.

Langsam schlug er die Augen auf.

Der Gott lag ausgestreckt auf seinem riesigen Bett, ganz allein. Es war ihm mal wieder nicht nach einer Gefährtin gewesen, sein Schlaf war jedoch von kurzer Dauer. Wie immer. Er wusste nicht wann er zu letzt jemals richtig geschlafen hatte.

Die Melodie verschwand nicht.

Noch immer hallte der sanfte ausgelassene Klang durch sein ganzes Schloss, er spürte die Diener in den Fluren und ihre Fragen drangen bis zu ihm. Nun wollte auch er wissen, wer für eine solche Musik sorgte.

Ohne es zu realisieren war er schon vor ihrer Tür. Nun erinnerte er sich, er hatte gestern noch mit Lawan geredet ehe sein Bruder wieder gegangen war. Die junge Frau war so früh eingeschlafen, dass sie sicher nicht bemerkte, wie er ihren Salon verändert hatte.

Erst hatte er viel Zeit damit verbracht durch den Spiegel in ihr Zimmer zu blicken um Hinweise auf Bücher oder anderes zu finden, dass einzige was er wahrnahm waren unzählig Pflanzen und Stickereien. Doch wenn er schon dabei war nutzte er die Zeit ihr ganzes ehemaliges Zuhause abzusuchen und landete am Ende in einer Bibliothek in der in der Mitte ein Flügel stand und um ihn herum Regale mit Büchern bis zur Decke ragten.

Bei den Büchern hatte er sich an die Titel gehalten und gleich einen Diener organisiert der sich um noch mehr solcher Bücher kümmern sollte. Jedoch hatte er das Instrument verändert, welches sie früher gespielt hatte war alt und schien nicht gut gepflegt worden zu sein. Er wollte ihr jedoch ein glänzendes schenken, mit dem saubersten Klang, den es nur geben konnte.

Nun sah er zu ihr, sie hatte nicht gehört als er die Tür öffnete, sie saß fast ganz mit dem Rücken zu ihm und sie war viel zu sehr in ihr Geschenk vertieft.

Die Melodie schwebte in ihrem Raum noch viel stärker, wie machte sie es nur? Sie war ein einfacher Mensch, aber der Klang vermachte es, dass Ruhe in ihn kehrte, während er ihr dabei zu sah. Dieses breite Lächeln, wie sie zwischen all den Pflanzen saß, in ihrem Nachthemd welches ihr mal wieder so unverschämt über die Schulter rutschte, die Haare, die im Klang mitzuschwingen schienen.

Er hätte ewig so weiter stehen bleiben können. Wenn er ehrlich war wusste er nicht mal wie lange er so da stand und nur diese Frau beobachtete, die Melodie wechselte, verlor aber nichts an ihrer Harmonie.

Als die Dienerin seiner Frau neben ihm stand mit dem Frühstück in den Händen, realisierte er, dass er noch immer an der Türschwelle verharrte. Hastig deutete er der Frau zu schweigen, denn er hatte die Abmachung mit Talisa nach einem Tag gebrochen.

Zuerst zu klopfen ehe er ihren Raum betrat, er hatte diesen zwar nicht betreten, doch sie würde sicher nicht auf dieses Detail achten, schließlich hatte er die Tür ohne Ankündigung geöffnet.

Eilig machte er kehrt, er wollte sich für einen Dank nicht aufdrängen, viel eher wollte er warten bis sie ihn zu sich rief um ihm für seine Geschenke zu danken.

Genau dies war sein Plan, früher oder später würde sie sich für diese Geschenke bedanken müssen. Bis dahin war er gewillt zu warten.

Das Wetter wurde mit jeder Stunde schlechter. Seine Ungeduld wuchs mit der Dichte der dunklen Wolken.

Wieso kam sie nicht? Wieso rief sie ihn nicht? Wie lange wollte sie ihn noch warten lassen?

Er konnte nicht mehr warten stattdessen belauschte er das Gespräch zwischen ihr und der Dienerin.

"Ihr solltet dem Herrn danken." Hörte er die Alte.

"Wozu? Dafür, dass er durch seinen Bruder gemerkt hatte was ich gerne habe? An erster Stelle gilt mein Dank Lawan."

"Doch habt Ihr Herrn Lawan nichts über die Pflanzen und die Stickerei erzählt, und habt Ihr nicht selbst gesagt, dass von den Büchern die nun hier sind fast alle den gleichen, die Ihr auch bei euren Eltern hattet? Auch dies konnte der junge Herr nicht wissen, also hat sich unser Herr selbst damit beschäftigt."

Stolz erfüllte ihn, als Stille folgte, sie schien nichts dagegen erwidern zu können.

"Hast du mal aus dem Fenster gesehen? Denkst du ehrlich jemand der so für schlechtes Wetter sorgt könnte mir plötzlich über Nacht ein so tolles Geschenk machen?"

"Der Herr scheint Zornig zu sein."

"Wann ist er es bitte nicht? Echt, hat er nichts besseres zu tun als immer nur für diese Wolken zu sorgen? Was tut er schon den ganzen Tag?"

Ihm gefiel nicht in welche Richtung das Gespräch ging und hörte nicht mehr hin. Wieso konnte sie ihm nicht einfach danken? Jede andere Frau wäre freudig über diese Aufmerksamkeit in seine Arme gesprungen.

Aber sie hatte zum Teil Recht, er hatte wenige Aufgaben, in erster Linie war eine Aufgabe sich von den anderen Göttern fernzuhalten. Er nahm an weniger Treffen teil als er eigentlich müsste. Dafür hat man ihm schließlich dieses Reich gegeben.

Ein großes Gefängnis welches natürlich nicht wie eines aussah.

Machte sich daran die Bewohner zu empfangen, regelmäßig verließ er das Schloss und sah sich auf den einzelnen Ebenen seines Reiches um, dabei hörte er sich auch die Wünsche und Sorgen der Bewohner an.

Sein Ruf von seiner Grausamkeit eilte ihm zwar voraus, doch war er nicht ansatzweise so grausam. Für die Bewohner war er immer da, er sorgte für Gerechtigkeit.

Gedankenverloren schritt er über den Markt, welcher immer und zu jeder Zeit gut besucht war.

Hier waren alle immer sehr ausgelassen, wer auf Tanz und Heiterkeit stand kam hier ebenfalls auf seine Kosten. Kurz kam ihm der Gedanke, dass es Talisa hier sehr gefallen könnte, doch würde ihr hier auch Gefahr drohen.

Schnell verbannte er die Gedanken an sie wieder.

"Herr, welche Ehre. Sucht Ihr heute etwas Bestimmtes?" Wurde er von einem Händler angesprochen, der wunderschöne Stoffe vor sich hatte.

"Nehmt lieber diese Blumen für die Herrin. Sie wird sich freuen." Erklang es von einer Frau zu seiner anderen Seite.

"Was redest du denn, deine Blumen vergehen so schnell, dass man sich gar nicht an ihnen erfreuen kann, aber ein schönes Kleid bleibt auf ewig." Es drohte ein Streit.

"Nicht doch, ihr beide habt wundervolle Waren, ich könnte mich bei dieser Auswahl gar nicht entscheiden." Unterbrach er die gröber werden Worte der beiden.

"Dann bringt die Herrin das nächste mal mit, soll sie entscheiden was ihr gefällt." Sprach die Frau mit einem breiten Lächeln.

Keldan wusste weshalb sie dies Anbot, sie alle waren so neugierig das Gesicht ihrer Herrin zu sehen, niemand von ihnen hätte je gedacht, dass ihr Herr jemals eine Gemahlin wählen würde.

Gerade wollte er dieses Angebot verschieben, da merkte er es.

Sein Bruder war hier und er war nicht willkommen.







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