3 Kapitel

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Ich schluckte und ballte meine Hände zu Fäusten, sodass meine Fingernägel in meine Haut schnitten.
Im düsteren Licht, die einzige Beleuchtung kam von draußen vom Haus, schimmerte Zorro in einem seltsamen weißen Licht. Nicht nur um seine Haare, sondern auch um seinen Körper herum begann sich ein weißes Licht auszubreiten, das leicht glühte. Es war gerade mal so hell, dass man es leicht als Einbildung abtun konnte.
Aada stand auf der anderen Seite, unbewegt, das Gesicht verzerrt und den Mund zu einem Knurren verzogen. Sie hielt die Hände vor ihrem Oberkörper und ich konnte die Venen erkennen, die sich von der Haut abhoben.
Ich hatte keine Ahnung, was in den Gedanken von Zorro und Aada vorging.
Doch eines bekam ich mit: es würde Blut fließen.

Ich wollte nicht, dass Aada verletzt wurde.
Doch genauso wenig wollte ich, dass sie Zorro weh tat.
Also rannte ich los und stellte mich zwischen die Beiden. Jeweils einem hatte ich die Hand hingestreckt, mit der Handfläche zu ihnen.
Adrenalin rauschte durch meinen Körper, durch meine Ohren und ich war schwer außer Atem, obwohl ich kaum gerannt war.
"Bitte verletzt euch nicht", bettelte ich.
Zorros Hand legte sich um mein Handgelenkt und eine Gänsehaut lief über meinen Körper.
War seine Haut schon immer so kalt gewesen?
Ich blickte ihm ins Gesicht und zuckte innerlich zurück.
Nicht nur die Luft um seinen Körper schien zu schimmern, sondern auch sein Körper. Seine goldenen Augen waren heller als sonst und die Farbe erinnerte mich an brennendes Gold. Auch seine Haut war nicht in ihrer üblichen Farbe. Sie war bleicher denn je, sodass sie mich an im Mondlicht schimmernden Schnee erinnerte.
Im nächsten Augenblick schepperte es und erst im nächsten Moment realisierte ich, dass ich gegen die Wand gerissen und zwischen gepolsterten Plastikstühlen gelandet war.
Dann wurde mir die Luft aus den Lungen gerissen. Mein Sichtfeld begann vor meinen Augen zu verschwimmen und als ich mich mit der Hand auf dem eisigen Boden abstützte, knickte mein Arm ein.
Was war gerade passiert?
Mir schwirrte der Kopf und mein ganzer Körper begann zu schmerzen.
Was das Zorro gewesen? Aber er hatte doch gar nichts getan, hatte sich nicht gerührt! Das einzige, an was ich mich erinnerte, war, wie er mein Handgelenk umfasst hatte. Im nächsten Moment befand ich mich schon nicht mehr an derselben Stelle wie davor.
Für ein paar Sekunden klärte sich mein Sichtfeld und ich sah, wie Zorro auf Aada zuschritt. Ich unternahm einen letzten Versuch und drückte mich voran, doch ich fühlte mich wie Pudding.
Schwärze breitete sich am Rande meines Blickfeldes aus, wurde breiter und breiter bis ich das Bewusstsein verlor.


Das erste, das ich wahrnahm, war mein dröhnender Kopf und das Schmerzen in meinem Torso.
Dann kroch mir der Geruch von Kaffe in die Nase und mir wurde übel. Im selben Augenblick nahm ich mein Umfeld wahr.
Ich befand mich in einer hellen Wohnung, die nur spärlich eingerichtet war. Licht fiel durch das große Fenster über meinem Bett und vor mir stand eine Pflanze mit großen Blättern, die am Rande braun verfärbt war. Unwillkürlich wollte ich aufstehen, um zu überprüfen, ob die Pflanze Wasser benötigte, doch kaum richtete ich mich auf, erfasste mich Schwindel. Reflexartig griff ich nach etwas und das folgende Klirren von Glas tat mir in den Ohren weh.
Gerade als ich mich wieder gefasst hatte, stürmte jemand ins Zimmer und brachte einen Rausch neuer Luft hinein. Zorro fasste mich am Arm, um mich zu stützen, doch ich schlug seine Hand beiseite.
"Was soll das?", fragte ich. Meine Stimme klang unsicher und verletzt und so fühlte ich mich auch. Doch ich hatte nicht gewollt, sie so klingen und Zorro es wissen zu lassen. "Was ist da passiert?"
Zorro schwieg. Er wusste genau, wovon ich redete.
Ich konnte nicht verhindern, dass mir Tränen hoch kamen. Schon wieder. Hastig wischte ich mir mit dem Arm über die Augen.
"Was..." Ich wollte fragen, was mit Aada passiert war. Doch Angst schürte mir die Worte ab. 
Ich wollte wissen, was geschehen war, nachdem ich Ohnmächtig geworden war, doch gleichzeit auch nicht. Was wenn... Zorro sie umgebracht hatte?
Mir wurde kalt.
So, wie er im Schuppen ausgesehen hatte, hatte ich ihn noch nie gesehen. Was war das gewesen? Hatte er mir die ganze Zeit über etwas verheimlicht?
"Aada ist in Ordnung."
Ich hob den Kopf, schaute Zorro das erste Mal, nachdem ich erwacht war, ins Gesicht.
Sein typisches Grinsen, das ich schon so viele Male an ihm gesehen hatte, hatte sich auf seinem Gesicht breit gemacht.
Zorro bückte sich und hob die Scherben eines Glases auf, das ich anscheinend gerade bei meinem Schwindelanfall umgeschmissen hatte.
"Du dachtest, ich würde sie umbringen?", sprach er meine Gedanken aus. Dann lachte er leise. "Unsere Freundschaft ist mir wichtiger als ein Mord."
Er erhob sich, ging ans andere Ende des Raumes und warf die Scherben in einen Mülleimer hinein. Dann ging er aus der Tür und kam ein paar Sekunden später mit einem Kerwisch zurück. Sorgsam kehrte er die verblieben Splitter ein und schüttete auch die in den Mülleimer.
"Was war das überhaupt?" Ich schluckte, als ich an die Szenen im Häuschen dachte. "Warum war Aada so... anders?"
War es etwas natürliches gewesen? Drogen? Doch das sprach ich nicht aus. Zorro konnte es sowieso in meinem Gesicht ablesen.
"Lass uns erstmal was essen", sagte er. "Dann kann ich dir alles erklären."
Er stütze mich, als wir durch die fremde Wohnung liefen. Meine Beine schienen noch immer ziemlich schwach zu sein und hatten Schwierigkeiten, mich zu tragen. Hoffentlich blieb es nicht so.
Ich fragte mich, ob es Zorros Zuhause war. Mir fiel auf, dass ich noch nie bei ihm war, hatte nicht mal die genaue Straße genannt oder wie seine Wohnung überhaupt aussah.
Er schob mir einen Stuhl zurück und ich setzte mich, dann holte er Eier, Speck und Bohnen aus dem Kühlschrank und begann zu kochen.
Niemand redete ein Wort, während er Essen machte und ich schaute mich unwohl um.
Das Esszimmer war verbunden mit einer Küche und einem Wohnzimmer. Ich saß der Küche zugerichtet, die groß und offen und weiß war. Sie sah neu aus, ungenutzt.
In meinem Rücken war das Wohnzimmer. Auch das war groß und weiß, ein großer Fernseher war in die Wand eingelassen und ein breites Sofa mit kuscheligen Kissen darauf stand davor, zwischen mir und dem Fernseher.
Als ich aus den hohen Fenstern schaute, die vom Boden bis zur Decke reichten, fiel mir fast die Kinnlade runter. Ein See glitzerte nur fünfzig Meter von der Veranda entfernt, umgeben von hohen Tannen und Laubbäumen.
Wo war ich hier und wie reich war Zorros Familie?
Auch von ihr hatte ich noch nie etwas gehört oder gesehen. Mir war es früher schon aufgefallen, dass ich eigentlich ziemlich wenig über die Privaten Dinge meines besten Freundes wusste. Doch ich wollte nicht nachbohren, ich vertraute darauf, dass er es mir sagen würde, wenn er wollte. Ich fühlte, dass er aus einem guten Grund die Dinge verschwieg und damit hatte ich kein Problem gehabt. Bis jetzt.
Ich bemerkte einen Kalender, der neben der Küchentheke hing. Es war erst ein Tag vergangen, seit der Party.
Zorro stellte einen Teller mit Rührsei, gebratenem Speck und dampfenden Bohnen auf den Tisch vor mir hin, zusammen mit Messer und Gabel. Dann ging er um den Tisch herum und setzte sich vor mich und einen Platz weiter links hin. Vor ihm stand eine Tasse mit einer braunen Flüssigkeit darin, die stark nach Kaffee roch.
Als mir der Geruch des Essens vor mir in die Nase stieg, begann mein Magen zu knurren. Zögerlich schob ich mir einen Streifen Speck in den Mund und gleich noch eine Gabel Bohnen hinterher.
Ich wartete, bis ich mit Essen fertig war, bevor ich anfing, meinem Freund Fragen zu stellen. Etwas sagte mir, dass mir der Appetit vergehen würde, wenn er antwortete und ich so erfuhr, was das alles auf sich hatte.
"Also... was genau ist da passiert?"
Zorro starrte für ein paar Sekunden in seine Tasse und ich sah ihm an, dass er am liebsten einfach nur verschwinden wollte. Dann hob er den Blick und sah mir direkt in die Augen, ernst und auch ein bisschen schmerzhaft.
Ich merkte, dass ich Angst vor dem bekam, was ich gleich erfahren würde, deshalb stellte ich ihm schnell noch eine andere Frage.
"Aber sag mir vorher erst, wo Aada ist."
Zorro erhob sich. "Folge mir."
Ich stand auf und folgte ihm durchs Wohnzimmer am Sofa vorbei. Jetzt nach dem Essen fühlten sich meine Beine fast wieder wie immer an und nicht mehr so schwach. Dort befand sich eine Tür, die geschlossen war. Sie sah nicht anders aus, als die anderen im Haus. Sie war aus einem hellen, freundlichen Holz.
Zorro öffnete die Tür und wir traten hinein.
Ich sah Aada auf den ersten Blick.
Sie lag friedlich da, die Augen geschlossen. Ihr Gesicht war entspannt, ein völliger Gegensatz zu gestern.
Ich trat an ihr Bett und strich ihr eine Strähne aus der Stirn. Licht fiel durch einen Spalt im Vorhang auf ihr Bett und man konnte den Staub sehen, der darin munter herum flog.
"Sie ist ein Engel", flüsterte Zorro in den Raum.
Ich hob erstaunt den Kopf. Ich hätte niemals gedacht, dass er sie so bezeichnen würde. Sicher, sie sah wie einer aus, sie hatte sogar das typische blonde Haar, doch gestern hatte sie sich eher wie ein Dämon verhalten. Erlaubte er sich einen Spaß?
Er begegnete meinem Blick, hielt ihn fest, ohne locker zu lassen. Und da bemerkte ich, dass er es vollkommen ernst meinte.

Angels SinWo Geschichten leben. Entdecke jetzt