Kapitel 8

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"Sicher ist es gefährlich. Aber eine ungefährliche Variante gibt es nicht. Und bis auf Amber und Avery kann keiner rein, denn sie kennen uns andere ja alle. Aber Amber weiß mehr und es wirkt glaubwürdiger, wenn sie auf einmal Mitglied ist, als Avery, die mit der ganzen Sache ja eigentlich offiziell nichts zu tun hat.", sagte Charlie. Ich wusste, dass er es nicht böse meinte und dass er sich nicht aus Angst drückte, sondern dass ihm die Mission wichtig war und er James retten wollte. Ich mochte ihn dafür. Er war in der kurzen Zeit, in der ich ihn nun kannte, ein wirklich guter Freund geworden. Leon saß nach wie vor still in dem Sessel. Ich wusste, dass er lieber selbst den Hammer stehlen wollte. Und Elaine wollte James retten und wusste, dass es egal war, wer ihn rettete, solange es einer tat. Der Ansicht war ich zwar auch, trotzdem war es mir lieber, dass ich das einzige potentielle Opfer war.

Die Schulglocke klingelte. Die Besuchszeit lief in fünfzehn Minuten ab. Leon winkte kurz zum Abschied und Elaine begleitete ihn nach unten. Avery zog mit Marc ebenfalls los. Nun war ich allein mit Charlie und Jacob in unserem Zimmer. "Kommst du damit klar?", fragte Charlie. "Womit?" "Na, mit dem Plan...", antwortete er und sah verunsichert zu Boden. "Achso, ja, klar. Der Plan ist gut. Wirklich gut. Wir müssen halt noch einige Sachen besorgen, wie die Codes, den Laser und das ganze Zeugs." Ich stand auf und Charlie sah mir glücklich in die Augen. "Super.", sagte er, umarmte mich kurz zum Abschied und verließ das Zimmer. Jacob saß noch immer auf meinem Bett und starrte ins Nichts. "Jacob?" Keine Reaktion. Ich setzte mich auf die Bettkante. "Erde an Jacob. Bist du da?", sagte ich mit verstellter Stimme. Immer noch nichts. Ich legte meine Hand auf sein Schienbein. Er sah kurz auf meine Hand, dann wanderten seine Augen zu meinem Gesicht. Sein Blick war leer und traurig. "Was ist los?" Er öffnete ein klein wenig den Mund, so als wollte er etwas sagen, schloss ihn dann aber wieder. "Jetzt sag schon." Ich rutschte näher zu ihm hin. Leise liefen ihm Tränen über die Wangen. "Hey, Jacob. Shshsh, ist doch alles gut." Ich nahm ihn vorsichtig an den Schultern und zog ihn zu mir. Sanft wischte ich ihm die Tränen von der Wange. Seine Haare, die nun ganz nah bei mir waren rochen unfassbar gut. Da die Tränen nicht weniger wurden, streichelte ich ihn behutsam am Kopf, wie es eine Mutter immer bei ihrem Kind tut, wenn es hingefallen ist oder einschlafen soll. Dann nahm er meine Hand von seiner Wange und hielt sie fest. Nachdem er sie eine Weile betrachtet hatte, sagte er schließlich: "Am?" "Ja?" "Versprichst du mir was?" "Alles." "Stirb nicht." Dann setzte er sich auf, fuhr mit seiner Hand von meiner Schläfe entlang bis zum Kinn und verschwand. Alles, was von ihm blieb, war eine Prise Sand in der Luft und sein Geruch auf meiner Bettdecke.

"Gott, Am, Jacob ist ja sowas von in dich verknallt." Ave kam freudestrahlend zurück in unser Zimmer. Ich saß nach wie vor völlig perplex auf meinem Bett und starrte die Stelle an, wo vor nicht mal fünf Minuten Jacob gesessen hatte. "Am?" Ich sah sie an. Ihre Wangen glühten. "Was ist los?", fragte sie misstrauisch. "Ähm, nichts, alles gut.", sagte ich, aber eher, um mich selbst zu überzeugen. Ich schüttelte meinen Kopf, um meinen momentanen Geisteszustand zu verbessern. "Aber was ist bei dir passiert?" Ich grinste. "Naja..." Verlegen kratzte Ave sich am Kopf. "Ave?" "Na schön. Marc hat mich für morgen ins Kino eingeladen.", gestand sie und ließ sich auf ihr Bett fallen. Ich sprang auf. "Wirklich? Du willst mich auf den Arm nehmen, oder? Oh mein Gott, oh mein Gott, oh mein Gooooooottttt!" Wie Rumpelstilzchen hüpfte ich in unserem Zimmer auf und ab. Ave hielt sich ein Kissen vor den Kopf. "Sei still! Sonst kriegt es noch die ganze Schule mit!" Ich sah sie ungläubig an. Das meinte sie doch nicht ernst, oder? Aber dann sprang sie auf und hüpfte so wie ich auch auf und ab. "Yeahhhhh! Wuhuuuuuu!" Schlagartig verstummte sie. "Was ist los?" "Was soll ich nur anziehen?" "Boah, ey, Ave!" Ich ging zum Kleiderschrank und öffnete ihn. "Hmmm..." Ich zog ein blaues Jeanskleid raus und zeigte es ihr. "Nee, lieber nicht. Zeig mal her." Ave postierte sich neben mir und begann in einer Schublade zu kramen. Nach ungefähr einer halben Stunde und an die dreißig auf dem Boden verteilten Outfits hatten wir endlich etwas Passendes gefunden. Den übrigen Inhalt des Kleiderschranks stopften wir wieder in diesen zurück.
Zufrieden pflanzten wir uns mit geputzten Zähnen und in unseren Schlafanzügen in unsere Betten, quatschten noch ein bisschen über Marc und Jacob und schliefen dann ein.

Verbotene AugenblickeWo Geschichten leben. Entdecke jetzt