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Niall war nicht dazu bereit gewesen das Kleid aufzugeben, als er es in seinem Kleiderschrank wieder gefunden hatte. Doch er war sich bis zu diesem Moment nicht sicher, ob er es je aufgegeben hätte, wenn er es nicht in Thereses Anwesenheit gefunden hätte.
Dabei war es nur eine Frage der Zeit gewesen. Spätestens wenn er den Rest seiner Klamotten heraus geräumt hätte für den Umzug, hätte er es wieder gefunden. Doch wären dann auch seine Gefühle so hochgekommen?

In Nialls Kopf gab es dieses Paralleluniversum, in dem er das Kleid sah und nur für die Zeit, die er brauchte, um all seine anderen Sachen einzupacken darüber nachdachte, was er damit tun würde. Er ließ es dort hängen in diesem Paralleluniversum, damit sich der Nachmieter darum kümmern musste. Oder Louis, der es dann wortlos in den Altkleidersack packte und mit dem Rest von seinen aussortierten Sachen weggebrachte. Ohne dass Niall sich jemals wieder Gedanken darüber machen musste. 

Aber er weiß nicht einmal, ob ihm dieses Szenario lieber gewesen wäre. Weniger schmerzhaft. Weniger anstrengend. Ja. 

Doch es hätte ja dann immer diese Möglichkeit in seinem Kopf gegeben, in der er Addy wiedersah und alles stehen und liegen ließ, um sie glücklich zu machen. So wie er es schon tausend Mal vorher gemacht hatte. 

Und auch wenn er das "Was wäre wenn" nie komplett aus seinem Kopf bekommen würde: Das, in dem hypothetischer Niall und hypothetische Addy beide single waren, sich wiedersahen und einfach glücklich waren, dass sie aufeinander gewartet hatten. Das, in dem ein Jahr voll Elend für ein Leben voller Addy vollkommen wert war.
Aber Niall war sich sicher, dass er die Realität bevorzugte. 

Ein Teil von ihm würde Addy vermutlich immer lieben und allein die Tatsache, dass er es immer noch nicht schaffte, sie als seine Exfreundin vorzustellen, sondern einfach das übernahm, was sie selbst etabliert hatte. "Das ist meine Addy", sagte er jedes Mal, wenn jemand fragte und sie lächelten sich danach für ein, zwei Sekunden an wie Kinder, die ein Geheimnis vor Erwachsenen hatten. 

Und er liebte es jedes Mal. 

Therese verstand es und lachte, wenn sie den verwirrten Blick des Gegenübers sah. Dass sie es verstand, war es, was sie so verdammt richtig für Niall machte. 

Sie hinterfragte diese verdammt großartige Liebe, die solange zwischen Addy und Niall gestanden hatte und wusste, dass ein kleiner Teil von Niall sich immer um Addy sorgen würde. Weil es bei ihr nicht anders war. Nur noch tausend Mal schwieriger. Doch sie verstand auch, dass Addy für Niall wie ein Wirbelsturm gewesen war und ihn willenlos gemacht hatte, obwohl er dafür nichts konnte und sie deshalb so falsch für ihn war.
Sie verstand immer alles, so lange Niall aufrecht und ehrlich zu ihr war und selbst wenn sie es nicht verstand, machte sie sich die Mühe es zu versuchen. 

Und Niall war so glücklich, sie an diesem betrunkenen Abend gefunden zu haben und dann nie mehr gehen gelassen zu haben. 

Er wusste nicht, wann es passiert war. Aber irgendwann hatte er angefangen, wann immer er eine andere Frau sah, zu denken: Sie ist nun Mal nicht Theres. Genauso wie er, als er Therese getroffen hatte, gedacht hatte 'Sie ist nun Mal nicht Addy'.  Während er das das erste Mal bemerkt hatte, wusste er, er würde ihr einen Ring an den Finger stecken und nicht mehr loslassen. 

Liam sagte ihm, dass er sie zu sehr auf ein Podest stellte, als er ihm davon erzählte. Aber Harry schüttelte den Kopf, nickte und hielt Liam den Mittelfinger hin. "Du glaubst einfach nicht an wahre Liebe, Payno." 

"Uhh Nialler, dich hats ja richtig hart erwischt", Niall wusste nicht mal mehr von wo Louis aufgetaucht war, doch er hatte ihm durch die Haare gewuschelt und Niall hatte nur die Augen verdreht. Immerhin waren sie da schon zwei Jahre zusammen.

"Dude, solange du glücklich bist", Zayn hatte nicht einmal vom Fernseher aufgesehen und Liam hatte gestöhnt und war sich ein Bier holen gegangen. 

Niall war glücklich in diesem Moment. 

Und während er sich das oft gedacht hatte in den letzten Jahren, hatte er das Gefühl, dass er es das erste Mal bedingungslos sagen konnte. 

Es hatte sich immer ein bisschen wie Schicksal angefühlt, als sich ihre Freundesgruppe gebildet hatte. 

Harry, der Niall in der Grundschule mit einem Ball abgeworfen hatte und das als Freundschaftsanfrage angesehen hatte, und sich seitdem an ihm festgekrallt hatte wie ein Faultier. 

Liam, den Niall in der Oberstufe eingesammelt hatte, weil sie beide in einem Englischkurs waren und beide keine Ahnung von englischer Literatur hatten. Er hatte so unbeholfen da gesessen, dass Niall nicht anders gekonnt hatte, als sich neben ihn zu setzen und in den folgenden Jahren zu genießen wie Liam immer weiter auftaute. 

Doch er hätte es nie vollständig geschafft, wenn der aufgedrehte Louis ihn nicht in der Uni korrumpiert hatte. Louis, der Niall öfter den Arsch gerettet hatte, als dieser je wissen würde und ihn mindestens doppelt so oft in die Scheiße geritten hatte. 

Dann war da noch Zayn, der so ruhig und anders war, als der Rest von ihnen, dass keiner verstand, warum Zayn mit ihnen befreundet war. Manchmal nicht mal Niall. Doch dann erinnerte er sich an die Nächte, wenn Zayn Niall anrief, weil sie nicht mehr zusammenwohnten und nur mal hören wollte wie es ihm so ging und Niall dabei zuhörte, wie er belangenlose Dinge erzählte und wusste wieder warum. 

Und wenn Niall an seine Freunde dachte und an Therese und sein Leben wie es in diesem Moment war, dann lachte er und jeder Gedanke an mögliche Paralleluniversen war wie weggewischt. Denn was konnte er sich denn mehr wünschen, als all das, was er hatte. 

Vielleicht wäre sie immer sein Notausgang gewesen. Sein Fluchtauto. Sein Fuß in der Tür.
Niall war sich nicht sicher, ob er das Kleid je aufgegeben hätte, wenn er es nicht in dem Moment, in dem er es getan hatte, gemacht hatte. Aber er war verdammt froh, es gemacht zu haben. Denn es gab kein Paralleluniversum, dass er lieber haben wollte, als seine Realität, als die Realität mit ihm und Therese für immer. 

Sie machte ihn glücklich. 

Er war wirklich glücklich.

it's time to put your dress away

Ein Kleid aus Gänseblümchen // n. h.Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt