Kapitel 12

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Eine Woche später:

Mein erster Urlaub mit meiner Familie. Zusätzlich noch der erste Urlaub in meinem gesamten Leben. Wir sind heute Nacht in Finnland angekommen und es war im Vergleich zu Österreich eine ziemlich kalte Nacht. Wir brauchten zum Glück nicht lange, bis wir bei dem Hotel  ankamen. Meine Eltern hatten ein Zimmer und Adam und ich hatten eines. Es störte weder ihn noch mich, ein Zimmer miteinander zu teilen, nachdem wir sowieso sehr viel Zeit miteinander verbringen. Als wir uns in unsere Zimmer verzogen hatten hing Adam eigentlich nur am Handy. Das war in der letzten Zeit häufig so. Es war teilweise so, dass er mir nicht einmal mehr zugehört hatte. "Adam?" Er reagierte nicht. Ich ging zu seinem Bett und nahm ihm sein Handy ab. Aus Respekt ihm gegenüber (und nachdem ich es im Heim so gelernt hatte) schaltete ich es ab und steckte es in meine hintere Hosentasche. "Katharina gib mir mein Handy!" "Warum? Du hingst sowieso die letzten Tage dauerhaft daran. Genieß es doch, dass wir nicht zu Hause sind, sondern dort, wo du hin wolltest." "Und?" "Ich würde einfach gerne wissen woran das liegt, dass dir dein Handy plötzlich so wichtig geworden ist. So kenne ich dich gar nicht." Er seufzte leicht und sah mich an. "Ich kann es dir nicht sagen. Noch nicht." "Und wieso nicht?" "Weil es eine private Sache ist." "Also stehst du auf jemanden?" "Was? Woher...?" "Woher ich das weiß?" Er nickte etwas verlegen. "Ich weiß es nicht, aber du hast meinen Gedanken mit dieser Reaktion mehr als bestätigt." Er wurde leicht rot und sah auf den Boden. "Wer ist es?" "Muss das jetzt echt sein?" "Auf jeden Fall." "Du kennst ihn nicht." "Ihn?" Wieder nickte er nur. "Ich wusste nicht, dass du..." "Dass ich schwul bin? Ich weiß. Ich vertraue das nur sehr wenigen Leuten an." "Wissen Aaron und Caleb davon?" "Ja. Seit etwa 2 Jahren." "Und wer ist diese Person, mit der du zurzeit so viel schreibst?" "Wie gesagt, du kennst ihn nicht." "Das kann sich ja ändern. Du kannst mir ja etwas über ihn erzählen." "Es gibt nicht viel über ihn zu sagen. Er wohnt hier in Finnland und..." "Deswegen wolltest du her, oder nicht?" Er nickte leicht. "Und aus welchem Grund?" "Er möchte mich treffen und ich ihn. Das darfst du Papa und Dad aber auf keinen Fall erzählen. Die bringen mich um." Ein leichtes Lächeln bildete sich auf meinen Lippen. "Warum denkst du das?" "Sie halten nicht besonders viel von Freundschaften oder Beziehungen, die online ihren Start gefunden haben. Sie denken, dass jeder, der sich im Internet mit jemandem anfreunden möchte, ein perverser alter Sack ist." "Warum denken sie überhaupt so?" "Ich weiß es nicht, aber deshalb ist es umso wichtiger, dass du mich nicht verrätst, okay?" "Ich verrate dich schon nicht, keine Sorge." "Und bekomme ich jetzt mein Handy zurück?" Ich nahm es aus meiner Hosentasche und hielt es ihm hin. "Aber nur, weil mir die dauerhaften Benachrichtigungen ziemlich auf die Nerven gehen."
Die Nacht verlief ziemlich ruhig, außer dass Adam viel am Handy war. Das störte mich grundsätzlich nicht, da ich es von Nadine damals gewohnt war. Apropos Nadine, ich frage mich manchmal schon wie es ihr momentan so geht. Ich frage mich, ob sie mich noch immer so abstoßend findet. Ich frage mich, ob mit ihrer Familie alles so geklappt hat, wie sie es immer wollte. Und ja ich frage mich, ob sie in einer Beziehung ist. Ich bin mittlerweile über sie hinweg. Ich hatte eigentlich ziemlich schnell mit ihr abgeschlossen, weil ich sowieso wusste, dass es weder mir noch sonst irgendwem etwas bringt. Victoria hat mir da auch ziemlich geholfen und mir gezeigt, dass Nadine eigentlich nur ein kleiner Crush gewesen ist und definitiv keine Liebe. Sie meinte, Liebe fühlt sich anders an. Liebe lässt einen Dinge tun und auch sagen, die man sonst niemals tun würde. Liebe ist die Bedürfnisse eines anderen über seine eigenen zu stellen. Und damit hatte sie einfach recht.
Ich hatte absolut keine Ahnung, was wir heute machen werden, allerdings weiß ich, dass Adam sich mit diesem finnischen Jungen treffen wird. Ich meine eigentlich könnten Aaron und Caleb nichts dagegen sagen, dass er ihn trifft, weil Adam ist bereits über 18. Aaron und Caleb meinten, sie wollen sich die Stadt ansehen, allerdings interessieren mich persönlich eher die Berge und der kleine Wald, den man von unserem Zimmerfenster aus sehen konnte. Ich mochte die Natur. Ich hätte mich Ewigkeiten in der Natur aufhalten können. Im Heim sind wir jedes Wochenende einen Tag lang wandern gegangen und das war immer unglaublich. Ich war eine der einzigen, die sich jedes Mal darauf gefreut hatte. Irgendwann, als ich etwa 12 war, wurde das abgeschafft, weil immer wieder der Kinder Freude daran hatten. Jedenfalls gingen Aaron, Caleb und ich zuerst ein wenig durch die Stadt und dann durch den kleinen Wald. Es war relativ kalt, aber dennoch wunderschön. Adam meinte, er wollte einfach im Hotel bleiben und den Tag in Ruhe genießen. Ja er hatte seine Väter angelogen mit seinem Tagesplan, aber nur, weil er Angst vor ihrer Reaktion hatte. Nachdem Adam immerhin erzählt hatte, dass sie nicht begeistert wären hielt ich mich ebenfalls zurück. Außerdem wäre es unglaublich respektlos Adam gegenüber.

Ein paar Stunden später:
Ich ging ein wenig durch die Straßen und Gassen und sah mich um. Es gab nicht wirklich viel interessantes zu sehen, nachdem mich die Gebäude nicht wirklich interessierten und die Leute kein anderes Verhalten hatten. Ich kam langsam aber sicher in der Innenstadt an, welche einige Restaurants und Gastgärten zu bieten hatte. Die Stimmung hier war unglaublich gut. Die Leute waren gut drauf, unterhielten sich und manche von ihnen tranken ein bisschen was. Mein Blick schweifte über die Menge und dann entdeckte ich ihn. Adam. Ihm gegenüber saß ein blonder Junge mit ziemlich blasser Haut. Das was ich von ihm erkennen konnte, sah aber ziemlich gut aus. Also für einen jungen Mann. Ich ging zu ihnen rüber und begrüßte meinen Bruder. Ihm schien das Ganze ziemlich unangenehm zu sein, weshalb er mich am Handgelenk packte und von dem Tisch wegzerrte. "Adam ganz ruhig. Ich mach ja schon nichts." "Was willst du hier?" "Aaron und Caleb wollten noch in der Stadt herumgehen, aber ich wollte nicht. Deshalb bin ich hier und habe dich zufällig gefunden." "Warte... wie die beiden wollen in die Stadt?" "Nicht in die Innenstadt. Diese langweiligen Gebäude an den Grenzübergängen. Also keine Sorge." Er schien ziemlich erleichtert zu sein, was nicht sehr viel Sinn machte, nachdem er diesen Jungen auch einfach hier hätte treffen können.

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