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Da war sie, das Mädchen, dass mir schon seit drei Jahren den Kopf verdrehte. Pia, die vom Äußeren her das komplette Gegenteil zu mir war. Sie hatte flammend rote Haare, ich schwarze. Sie trug jeden Tag ausgefallene bunte Klamotten, ich kam mit schwarzen Jeans und dunklen Hoodies in die Schule. Sie sah immer aus, als komme sie aus einer Werbung für glückliche Kinder oder so, ich sah mehr, wie aus einem Vampirfilm geklaut aus. 

Ihr Äußeres lenkte aber davon ab, wie sie wirklich war, sie schrieb nicht, wie man es erwartet hätte nur Einser und Zweier, sie schrieb irgendwas zwischen vier und fünf. Das lag aber nicht daran, dass sie nicht schlau war, sondern daran, dass sie schlicht nicht aufpasste. Nach der Schule verschwand sie mit ihrem besten (oder auch festen, da war ich mir nicht ganz sicher) Freund und ging in Richtung der Industrieruinen, die man unter keinen Umständen betreten durfte. 

Und genau das würde ich jetzt machen, besser gesagt, genau das würde ich jetzt, wie jeden Tag, machen. Denn die beiden waren nicht die einzigen, die dort gerne hingingen. Ich achtete aber, anders als die beiden darauf, dass man mich nicht bemerkte. In den Ruinen machte ich mich auf zu der Lagerhalle, in denen ich meine Sachen lagerte. Die Spraydosen, die Klamotten zum rüberziehen und die Handschuhe, damit meine Hände nicht bunt wurden. 

Ich schnappte mir die Tasche mit den Utensilien, die ich heute brauchen würde, zog mir die Sachen drüber und bedeckte meinen Mund und die Nase mit einem Tuch. Dann zog ich los um mir eine geeignete Wand für mein neustes Projekt zu suchen. Es sollte einen Engel darstellen, der allerdings gerade dabei war vom Himmel zu stürzen und dabei die Flügel seiner Federn zu verlieren. Ich hatte das Bild schon genau geplant und mir zuhause diverse Skizzen angefertigt um mir sicher zu sein, dass ich meine Farbe nicht sinnlos vergeudete. 

Nach kurzem Suchen fand ich eine perfekte Wand. Sie war hell und nicht sehr dreckig, es gab eine große Fläche, die ich sehr gut erreichen konnte und alles weitere würde die ausklappbare Leiter regeln, die schwer in meiner Tasche lag. Ich war gerade mit den Grundstrukturen fertig, als ich von weitem ein Klappern und Lachen hörte. Verdammt, ich wollte hier nicht gesehen werden. Wenn das die falschen Leute waren, dann wäre ich nicht nur mein Zeug los, sie würden mich vermutlich auch bei der Schule verpetzen, einfach weil sie es konnten. Dann würde die Schule meine Eltern anrufen und ich müsste mir eine weitere "warum machst du so was, Lizzy hat uns nie so viel Kummer bereitet, warum kannst du nicht so sein wie deine ältere Schwester?" Rede von meinen Eltern anhören und darauf hatte ich überhaupt keine Lust. 

Ich packte also meine Sachen zusammen und verschwand in der nächsten Halle. Ich wollte wenigstens wissen, wer das war. Einige Augenblicke später traten zwei Gestalten in mein Blickfeld, die eine war etwas kleiner und hatte die roten Haare zu einem Zopf gebunden, die andere war größer mit verwuschelten braunen Locken. "Hey, das sieht aber gut aus!" Die beiden blieben vor meinem Entwurf stehen. Der Junge nickte anerkennend und das Mädchen begutachtete meine Linien und Kreise genau. "Das war ein Profi, die sind überall gleichmäßig und nirgends verschmiert." Gab der Junge ein Urteil ab, was mich wirklich sehr freute. Noch mehr freute mich allerdings das: "Das kannst du laut sagen. Ich wünschte, ich könnte so perfekte Wolken sprayen." von seiner Begleiterin, dem Mädchen, dass in meinen Träumen längst zusammen mit MIR und nicht mit IHM sprayte. 

Nachdem sich die beiden wieder entfernt hatten begann ich damit das Bild zu vollenden. Eigentlich hatte ich vorgehabt dem Engel schwarze Haare zu machen, da das einen guten Kontrast zu den hellen Wolken im Hintergrund geben würde, doch jetzt entschied ich mich ihm flammend rote zu geben, die sich mit Feuer mischten. Irgendwie fand ich das passender. 

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