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Das Blut sprudelte aus der Wunde am Hals. Ich musste überhaupt nicht an der Bissstelle saugen, das Blut kam ganz von selbst und ich musste schauen, dass ich hinterher kam mit dem Schlucken. Die warme Flüssigkeit lief prickelnd meinen Hals hinunter und ich genoss jeden der hastigen Schlucke. Der Blutstrom wurde schwächer und ich verzichtete darauf die Wunde zu vertiefen, da der Körper in meinen Armen schon äußerst schwach war. Seufzend ließ ich die junge Frau in ihr Bett zurück fallen und ging zu ihrem Fenster. Ich schaute nach unten, bevor ich mich aus der Öffnung auf den Boden fallen ließ. Mit einem leisen, dumpfen Geräusch landete ich und lief dann die schmale Gasse davon. 

Mein Durst war noch nicht wirklich gestillt, weswegen ich meine Sinne weiterhin in die Häuser schweifen ließ um gutes Blut zu wittern. Ich hatte gerade eine weitere Kammer ausgemacht, darin lagen anscheinend ein junger Mann und ein Baby, als ich schwere Schritte und ein Flüstern wahr nahm. Schnell zog ich mich in einen Hauseingang zurück um mit den Schatten zu verschmelzen. Zwei junge Männer mit schweren Waffen bogen um eine Ecke. "Wir werden die Bestie schon kriegen, es ist schließlich die ganze Garde auf den Beinen. So ein Monster können wir hier nicht gebrauchen." Der andere Mann spuckte auf den Boden. Ich drückte mich noch tiefer in die Dunkelheit, würden die beiden mich sehen, dann blieb mir nur ein Kampf, denn Lügen ging schlecht. Immerhin hatte ich Blutflecken auf meinen Röcken.

Glücklicherweise gingen sie weiter, doch mein Appetit war verdorben. Schon oft war ich in meinem langen Leben gejagt worden und so manches Mal war es deutlich knapper geworden, doch mittlerweile hatte ich aufgehört zu töten und nahm nur noch ein wenig Blut, deswegen hatte ich angenommen, die Menschen würden aufhören mich für ein Monster zu halten. Ich seufzte und setzte meinen Weg durch die dunklen Gassen der Stadt fort. 

Nach einer kurzen Zeit kam ich am geheimen Stadttor an. Geheim war es nicht wirklich, allerdings lag es in einem der schlechtesten Viertel, weswegen es nicht bewacht wurde. Rechtschaffene Leute kamen nicht hier durch, da sie schnell um alle Waren erleichtert wären, schließlich war dieses Viertel ein wahres Räubernest, es gab jedoch einige Schmuggler, die dieses Tor gerne benutzten und die so einen Ruf hatten, dass selbst das übelste Gesindel ihnen aus dem Weg ging. Und dann gab es noch die, die einfach ungesehen aus der Stadt oder in sie hinein wollten, so wie ich. 

Nachdem ich die Stadt und die ärmlichen Hütten vor der Mauer hinter mir gelassen hatte, schlug ich den Weg in Richtung des großen Flusses ein. Der war selbst im Sommer noch so reißend, dass es äußerst schwer war ihn zu überqueren. Den Menschen diente er deswegen als sichere Grenze, uns Vampiren gab er Schutz. Nur wenige hundert Meter hinter dem Fluss öffnete sich der schmale Pfad, der in Richtung unserer Unterkunft, einem alten verlassenen und heruntergekommenen Turm führte. Ich war gerade an der hohen Eiche, die man mit übermenschlichen Kräften gerade so erklimmen konnte um über sie auf die andere Flussseite zu springen, angekommen, als ich plötzlich Stimmen wahrnahm.

"Tiffany, mach schneller. Wenn Fräulein Küfer merkt, dass wir weg sind, dann wird sie uns überall suchen lassen! Wenn es doof gelaufen ist wimmelt es hier bald von Gardisten." Die Stimme gehörte zu einem Jungen, der meinem Gehör nach vielleicht zwölf war. Ich kletterte schnell den Baum hinauf und versteckte mich zwischen den untersten Blättern. Gerade noch rechtzeitig, wie sich herausstellte, denn nur wenige Wimpernschläge später hastete ein Junge mit einem kleinen Mädchen an der Hand auf die kleine Lichtung. "Wo sollen wir den hin?" die Stimme des Mädchens war leiser und man hörte, dass sie weinte. Sie konnte gerade mal 6 Jahre alt sein.

"Ich weiß es doch auch nicht. Sicher wären wir nur auf der anderen Seite, aber da kommen wir niemals hinüber." Das Mädchen schluchzte "Ich will nicht zurück zu Fräulein Küfer Hector. Sie wird das sicher unseren Eltern sagen und dann bekommen wir ganz viel Ärger." Der Junge schnaubte, während er sich umschaute. "Tiffany, wie oft noch, das sind nicht unsere Eltern, das ist unser Stiefvater und seine neue Frau." Das Mädchen antwortete nicht, und klammerte sich noch stärker an ihren Bruder. Ich würde ihnen sehr gerne helfen, aber wie? Kinder in einen Turm voller Vampire zu bringen klang nicht sehr klug. Ich könnte sie in einem der Bauerndörfer einige Meilen südlich unterbringen. Auch dort lebten einige Vampire allerdings friedlich mit den Dorfbewohnern zusammen. 

Meine Grübeleien wurden durch einen lauten Ruf unterbrochen. "Hector! Theophania! Wo seid ihr?" Der Junge zuckte stark zusammen und das Mädchen fing sogar noch stärker an zu heulen, was ihr von ihrem Bruder ein gezischtes "Still!" einbrachte. Er wirkte allerdings genau so verängstigt, vor allem weil aus der anderen Richtung nun der gleiche Ruf erscholl. Sie saßen in der Falle. Ich dachte nicht mehr lange nach, irgendwo würde ich die beiden schon unterbringen können. Beide stießen einen erschreckten Laut aus, als ich mich hinter ihnen aus dem Baum fallen ließ. Das könnte entweder daran liegen, dass ich gerade aus einem Baum gefallen war oder daran, dass meine Kleidung Blutverschmiert war. Vermutlich lag es an beidem. 

"Psst seit leise. Ich kann euch auf die andere Seite bringen. In Sicherheit." Fügte ich schnell hinzu, da mich der Junge sehr skeptisch anschaute. "Du bist ein Vampir." stellte das kleine Mädchen fest. Ich nickte, dann hockte ich mich auf den Boden. "Habt keine Angst ich tue euch nichts. Ich bring euch da rüber, ihr müsst euch nur auf meinen Rücken setzen. Leider kann ich nicht beide gleichzeitig nehmen, soll ich die als erstes mitnehmen?" Fragte ich das kleine Mädchen und bevor ihr Bruder, Hector, etwas dagegen sagen konnte saß sie auf meinem Rücken. "Ich bin gleich wieder da." Versprach ich Hector und kletterte dann den Baum hinauf und balancierte über die Äste des Baumes bis ich an der Stelle ankam, an der ich springen musste um in den Ästen des Baumes auf der anderen Seite zu gelangen. 

Ich landete sicher und setzte Tiffany auf der anderen Seite ab. "Ich muss ganz schnell noch deinen Bruder holen, dann können wir weiter, okay?" Sie nickte und ich kletterte schon wieder zurück. Kaum war ich auf der anderen Seite am Boden gelandet kletterte Hector auf meinen Rücken. "Mach schnell, sie sind schon ganz nah." Das witterte ich auch und so kletterte ich in Windeseile wieder auf den Baum und auf die andere Seite. Dort angekommen umarmte Hector seine Schwester und nahm sie wieder an die Hand. "Wohin jetzt?" er schaute mich fragend an. "Wir gehen runter in den Süden, da kann ich euch gut unterbringen." 

Auf der anderen Seite des Flusses preschten in dem Moment einige Reiter über die Lichtung und mussten enttäuscht feststellen, dass die Kinder auch hier nicht waren.

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⏰ Letzte Aktualisierung: Jul 29, 2021 ⏰

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