Kapitel 4

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Er lag mit dem Gesicht auf dem Linoleumboden, seine Arme und Beine von sich gestreckt. Schweißperlen rannen ihm am Körper entlang und bildeten kleine Seen überall dort, wo sie sich in Vertiefungen sammelten. Jemand hatte die Hallentür weit aufgerissen, um die muffig verbrauchte Luft durch frische zu ersetzen. Doch anstatt einer kühlen Brise strömte aufgeheizte Sommerluft in den großen Raum. Von außen drang das nervtötend laute Zirpen von Zikaden herein und einige Insekten hatten sich in das Innere verirrt. „Oi, Shittykawa, aufstehen." Unsanft landete eine Fußspitze in seiner Seite. Als Antwort gab er nur ein gequältes Stöhnen von sich, bevor er sich mit letzter Kraft auf den Rücken drehte. Der Übeltäter hatte sich sein Shirt ausgezogen und ein Handtuch um die Schultern gelegt, womit er gerade seine nasse Stirn abwischte. Der Plan war aufgegangen. Nakamura hatte kein Erbarmen gezeigt und ihn immer und immer wieder in die Luft springen lassen. Am Ende hatten seine Beine aufgegeben. Gerade fühlte es sich so an, als ob alles unterhalb seiner Hüfte aus Pudding bestehen würde. Dafür schien ihm der Anblick des halbnackten Adonis Körpers, auf dessen gesamter Haut kleine Wasserperlen in der hereinscheinenden untergehenden Sonne glitzerten und somit ein beinahe unwirkliches Bild schaffte, rein gar nichts auszumachen. Er lachte erleichtert, aber zutiefst erschöpft auf. „Iwa-Chan", seine Stimme war mehr ein Krächzen, „ich glaube, jetzt kann ich die Massage tatsächlich gebrauchen." Der Angesprochene schnaubte. „Du musst es ja auch immer gleich übertreiben. Aber bitte, du hast es nicht anders gewollt." Erneut traf den Zuspieler ein Tritt in die Seite. „Aber erst müssen wir dich irgendwie nach Hause bekommen. Ich war gerade duschen, du machst das jetzt besser auch, so lasse ich dich nicht ins Haus." Der Braunhaarige jammerte herzzerreißend. „Ich kaaaaann nicht mehr, Iwaaaaa. Hab Erbarmen mit mir." Der Dunkelhaarige drehte sich um und lief zielstrebig auf den Hallenausgang zu. „Vergiss es. Reiß dich zusammen und mach hin." Unzufrieden blies Oikawa seine Wangen auf. So hatte er sich das Ganze nicht vorgestellt. Erschöpft sein schön und gut, aber sich vollkommen zerstören hatte er eigentlich nicht vorgehabt. Unter Stöhnen und Ächzen rappelte er sich auf und schleppte sich unter die Dusche. Das kühle Nass wusch zwar den klebrigen Schweiß des Trainings von seiner Haut, doch nachdem er sich abgetrocknet und frische Kleidung angezogen hatte war sein Körper durch die sommerliche Hitze erneut mit einem dünnen Schweißfilm überzogen. Lustlos schlurfte er zu seinem wartenden Freund. Dieser hatte sich vor die Halle gehockt, den Rücken gegen die Wand gelehnt und nuckelte an seiner Trinkflasche. „Ich dachte schon du wärst unter der Dusche eingepennt und wir finden morgen eine Wasserleiche", brummte er. „Dann hättest du ja mal nachschauen kommen können." Der Braunhaarige setzte dazu an seine Arme empört vor der Brust zu kreuzen, ließ sie jedoch unmittelbar wieder sinken. Gerade sein rechter Arm, mit dem er zu schlug, fühlte sich tonnenschwer an. Zu seiner Verwunderung erwiderte der Dunkelhaarige nichts auf seinen Vorwurf. Er lief etwa einen Meter vor ihm, sodass er seine Gesichtszüge nur teilweise erkennen konnte. Durch die schwüle Hitze wurde es mit jedem Schritt schwieriger einen klaren Gedanken zu fassen und nach einiger Zeit übergab sich der Größere dem einlullenden Gefühl. Seinen Blick hatte er starr auf die Schuhsohlen seines Freundes geheftet, um sich von diesen den Weg leiten zu lassen. Als sie bei der gemeinsamen Wohnung ankamen, hätte Oikawa nicht mehr sagen können, wie sie hier hingelangt waren. Seine Lider waren schwer und drohten jeden Augenblick zuzufallen. Mit letzter Kraft schleppte er sich die Treppe hinauf, streifte sich die Schuhe im Flur von den Füßen und steuerte zielsicher auf sein Bett zu, in welches er sich unmittelbar fallen ließ. Mit dem Gesicht in der Matratze vergraben lauschte er auf die Umgebungsgeräusche. Von draußen ertönte entfernt das Rauschen der Hauptstraße und in einem der Nachbargärten schienen ein paar Kinder zu spielen. Ihr freudiges Kreischen vermischte sich mit dem Zirpen der geflügelten Insekten. Aus dem Inneren der Wohnung vernahm er Schritte, welche abgelöst wurden durch ein Rascheln und Rumpeln. Nach kurzer Zeit setzte erneut das Stapfen von Sohlen ein, welches auf sein Zimmer zuzuhalten schien. Seine Zimmertür wurde knarzend geöffnet und etwas Weiches landete auf seinem Hinterkopf. Schwerfällig hob er sein Kinn und erkannte ein großes grün weiß gestreiftes Handtuch. „Leg dich da drauf", kam es von dem Eindringling. Zu erschöpft, um einen dummen Spruch von sich zu geben rappelte der Angesprochene sich auf, breitete das Frottee auf seinem Bett aus und ließ sich bäuchlings wieder darauf fallen. Er hörte das Geräusch eines Schraubverschlusses, ein leises Gluckern und kurz darauf spürte er raue Hände, die seine rechte Wade mit einer schmierigen Flüssigkeit einrieben. Nachdem der gesamte Unterschenkel mit dem Öl benetzt war verstärkte sich der Druck der Hände. Daumen fuhren fest die beanspruchte Muskulatur entlang. Ein unzufriedenes Brummen kam von dem Zuspieler. „Beschwer dich nicht, du gewöhnst dich gleich dran." Iwaizumi hatte leise gesprochen, fast beruhigend. Müde und nicht mehr zu einem klaren Gedanken fähig übergab sich der Braunhaarige den Händen seines Freundes. Dessen Finger glitten immer wieder über die Wadenmuskulatur auf und ab. Manchmal stoppten sie und bearbeiteten eine Stelle fester oder kneteten sie. Mit der Zeit gewöhnte er sich tatsächlich an die Behandlung und fing an es zu genießen. Der Medizinstudent unterstützte seine Handbewegungen mit seinem gesamten Oberkörper und rief bei jeder Bewegung ein leises Rascheln des Bettlakens hervor. Erneut umhüllte Oikawa die abendliche Hitze und eingelullt durch die monotone Geräuschkulisse driftete er in eine Art Halbschlaf. Dass sein Freund auf die linke Seite wechselte bekam er schon fast gar nicht mehr mit. Als er merkte, dass die Prozedur ihr Ende gefunden zu haben schien wollte er gerade dankende Worte in die Matratze nuscheln, als eine Berührung ihn erschrocken zusammenzucken ließ. Iwaizumi hatte sich erneut Öl auf die Hand gegeben und diese auf den rechten Oberschenkel des Zuspielers gelegt. Rückartig stemmte dieser seinen Oberkörper in die Luft und drehte ihn halb zu ihm. „Hey! Da bin ich aber nicht verspannt!" „Red keinen Quatsch. Zum Springen brauchst du ja wohl deine Oberschenkelmuskulatur." „Die tut aber gar nicht weh", versuchte er sich aus der misslichen Lage zu retten. Als Erwiderung drückte der Außenangreifer seinen Zeigefinger ohne viel Kraftaufwand in die verhärteten Muskeln des Beines. Der Braunhaarige stöhnte auf und sackte auf das Bett zurück. „Tut gar nicht weh, hm?" „Vielleicht ein bisschen", gab er nuschelnd zu. „Aha, dreh dich auf den Rücken und winkel das Bein etwas an." Er schluckte. Nicht genug, dass Iwa jetzt auch noch in Richtung seiner Körpermitte massieren wollte, er konnte auf dem Rücken liegend auch nichts gegen verräterische Reaktionen dieser unternehmen. Schwerfällig drehte er sich um und hoffte inständig, dass er für so etwas zu erschöpft war. Er winkelte sein rechtes Bein an und legte die Unterarme über sein Gesicht, vorsichtshalber. Sein Freund begann erneut mit der Behandlung. Beide Hände lagen fest auf dem trainierten Oberschenkel. Das gleichmäßige Auf- und Abstreichen begann erneut. Zunächst strichen die rauen Daumen vom Knieansatz bis zur Hälfte des Schenkels, doch nach kurzer Zeit fuhren sie immer weiter nach oben. Der Braunhaarige kniff die Augen fest zusammen und presste die Lippen aufeinander. „Tut es weh?" Wenn es doch nur schmerzen würde ... dann wäre er zumindest abgelenkt von der Berührung. „Ein bisschen, sei mal etwas sanfter mit mir." Ein missmutiges Brummen. Der Druck wurde nicht weniger, jedoch glitten die Hände jetzt an der Seite des Beines entlang und bearbeiteten die Rückseite. Das war etwas besser, dachte sich der Zuspieler im ersten Augenblick. Doch schon im nächsten erkannte er seinen Denkfehler. Die rauen Fingerspitzen wanderten gefährlich nahe in Richtung seines Gesäßes. Kurz bevor er dachte, er könne ein Aufstöhnen nicht mehr verhindern glitten sie erneut Richtung Kniekehle. Er atmete erleichtert auf. Das war keine angenehme Massage, das war die reinste Folter für sein armes schwaches Herz.

Can I stay with you? (IwaOi)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt