Kapitel 34: Letzte Warnung

232 27 2
                                    

Halbengel? Das sollte ich sein? Einige Momente lang ließ ich diese Theorie auf mich wirken, ehe ich begann zu lachen. Ja, ich begann zu lachen, und zwar so heftig dass sich Tränen in meinen Augen bildeten. Das war doch lächerlich.

"Ich und ein Engel? Das glaubt ihr ja selbst nicht. Das ist doch völlig absurd."
Die anderen vier sahen mich entgeistert an.

"Katharina. Überlege mal. Das klingt irgendwie... einleuchtend. Vielleicht ist ja auch das der Grund warum diese Hexe dich unbedingt..."

Das Lachen verging mir plötzlich wieder. Wollte Silas sagen dass das der Grund sein könnte warum diese böse Hexe hinter mir her war? Nein, das konnte einfach nicht sein. Ich dachte meine Visionen in der Vergangenheit wären der Grund gewesen warum ich ihr Ziel wurde.

"Marita, darf ich das Buch mal haben?"
Meine Freundin zögerte erst, aber überreichte es mir dann dennoch. Ich las den Abschnitt, den sie eben laut gelesen hatte, noch mal. Jetzt war mir nicht mehr nach lachen zumute. Vor allem aber weil ich weiter las.

Die Legenden erzählen aber auch von dunklen Nephelin. Das sind Mischwesen die halb Engel, halb Dämon sind. Jedoch ist ungewiss wie diese entstehen und auch ihre Fähigkeiten sind ein Rätsel.

Ich fragte mich, ob das wirklich möglich war. Exestierten Engel also tatsächlich? Aber warum sollte das so abwägig sein? Ich saß immerhin in einer Runde von Wesen, die die meisten Menschen nur für Fantasie hielten. Hexen, Vampire und Werwölfe. Ich habe in diesem magischen Wald sogar Zentauren getroffen, mich mit einer Wildkatze angefreundet und selbst die Exestinez von Elfen und Naturgeistern wurde mir offen gelegt. Also warum sollte es dann nicht auch Engel geben?

Marita, Silas, Isabella und Lucius standen plötzlich alle vier gleichzeitig auf und sahen alle in die selbe Richtung in den Wald hinein.

"Wir bekommen Besuch." brummte Silas plötzlich. Auch ich stand nun auf und schaute in die Richtung, in die auch die Anderen blickten, aber konnte zu meinen Bedauern nichts erkennen. Lucius zog mich eng an sich heran und ich merkte wie die Vampire und der Wolf mehr als angespannt wirkten. Und dann sah ich auch warum.

Aus dem Wald kamen vier Wölfe auf uns zu. Sie bewegten sich sehr langsam und ihr Erscheinen wirkte auf mich bedrohlich. Einen der Wölfe erkannte ich auch gleich. Es war der, der mich damals aus den Wald führen sollte. Und ich erkannte einen Mann, der zusammen mit den Werwölfen kam. Er ging etwas hinter ihnen. Doch als die Wölfe einige Meter vor uns stehen blieben, ging er vor und direkt auf uns zu. Durch das Licht des Lagerfeuers konnte ich erkennen dass er dunkle Haut und schwarze Haare hatte. Er trug ebenso wie Silas, nur eine Hose und obenrum war er nackt. Sein Oberkörper war durch und durch trainiert und auf seiner linken Schulter konnte ich erkennen dass er ein Tattoo hatte.

"Das ist der Alpha des Rudels." flüsterte Lucius mir zu. Silas ging einige Schritte auf den Alpha zu und verschränkte seine Arme.

"Wie ich sehe, hast du es dir anders überlegt, kleines Mädchen." sprach er und sah mich dabei streng an. Mein Herz begann etwas schneller zu schlagen, denn ich hatte vor diesem Wesen Angst. Seit unserer ersten Begegnung, seit er Lucius angegriffen hatte. Und er wollte das ich aus dem Wald verschwand. Was würde er nun tun, weil ich doch nicht gegangen war?

"Was willst du?" knurrte mein Bruder und stellte sich so hin, dass der Alpha mich nicht mehr ansehen konnte.

"Ich dachte ich hätte mich deutlich ausgedrückt? Der Wald ist unser Revier. Du hast deswegen hier nichts zu suchen, genau wie sie. Und die Vampire könnt ihr gleich mitnehmen." knurrte er mehr als dass er sprach.

"Du vergisst dabei nur eines, Ceadda. Du befindest Dich auf meinen Grundstück. Mein Boden ist neutral. Hier finden alle Wesen Zuflucht. Und eigentlich sollte es im ganzen Wald so sein." mischte sich Marita ein.

"Das ist wahr, Hexe. Und dies ist auch der Grund warum ich in meiner menschlichen Gestalt zu euch komme. Seht es als friedliche Geste an. Auch wir Wölfe sind um den Frieden bemüht. Aber wenn Kreaturen auftauchen, die diesen gefährden, müssen wir handeln. Die Vampire sind seit jeher eine Bedrohung, denn sie gehören den Dämonen an. Und das Mädchen und der Wolf... Sie bringen Gefahren in den Wald.

Dies ist meine letzte Warnung. Sollte ich noch mal einen von ihnen erwischen, ausserhalb deines Grundstücks, so werden sie keinen weiteren Tag mehr exestieren." Während der Alpha sprach, sah er immernurzu Marita an. Sprach er da etwa gerade eine Morddrohung aus?

"Du wagst es uns zu drohen? Wenn Du einen Kampf willst, dann sollst Du ihn haben." knurrte nun Lucius.

"Wartet... Können wir nicht zu einer friedlichen Einigung kommen? Der Wald ist unser zu Hause. Ebenso ist er für Luana und Silas eine Heimat geworden. Hier sollen die Kreaturen Schutz und Sicherheit finden." warf nun Isabella ein. Der Alpha musterte die Vampirin skeptisch und ging einen Schritt näher auf sie zu, doch erneut stellte sich Silas ihm in den Weg.

"Wir wollen keinen Krieg. Wir wollen einfach nur in Frieden leben. Genau wie ihr. Wir kommen euch nicht in die Quere, und ihr uns nicht. Der Wald ist groß genug."

Dann kam einer der Wölfe auch auf uns zu. Sein Fell war schneeweis und wunderschön. Nur die Pfoten hatten eine etwas dunklere Farbe. Ob sie braun oder schwarz waren, konnte ich nicht richtig erkennen. Der Alpha drehte sich verwirrt zu ihm hin.
"Versuchen wir es. Solange niemand zu Schaden kommt, sind sie keine Bedrohung." hörte ich die weibliche Stimme des Wolfes. Ich wusste nicht ob die anderen sie auch hören konnten.

Dem Aplha schien dies nicht zu gefallen.
"Wenn jemand zu Schaden kommt, könnte es bereits zu spät sein. Und was wenn die bösen Mächte kommen, von denen das Mädchen gesprochen hat?"

"Dann werden die Kreaturen des blauen Waldes zusammen gegen diese Bedrohung vorgehen."

"Nein." brummte Ceadda und wandte sich dann wieder uns zu.
"Denkt an meine Warnung." sagte er noch mal und dann wandte er sich ab und verschwand wieder mit seinen Wölfen.

Als wir wieder unter uns waren, begann ich gedehnt auszuatmen.
"Und was machen wir jetzt?" fragte ich hoffnungslos.

"Nichts. Der Typ will sich nur als Beschützer des Waldes aufspielen. Jedoch stehen sie in der Hierarchie unter den Zentauren. Der kann uns gar nichts." meinte Lucius und ich sah meinen Liebsten skeptisch an.

"Er hat dich aber schon mal angegriffen. Und was wenn er das nächste Mal Silas oder Isabella erwischt?"
Ja ich war besorgt. Durften wir uns nun also nicht mehr all zu weit von der Hütte entfernen? Würde dieser Ceadda seine Warnung wirklich in die Tat umsetzen?

"Sei unbesorgt, Luana. Wir leben schon sehr lange im blauen Wald. Die Wölfe sind keine Bedrohung für uns. So waren sie schon Generationen vor Ceadda, und auch die Zukünftige wird so sein."
Ich nahm Isabellas Worte erstmal so hin. Wenn meine Freunde dieser Meinung waren, dann würde es wohl so sein.

Nun wandte ich mich wieder dem Buch von Marita zu, dass ich die ganze Zeit über fest umklammerte. Ein Buch über Engel.

Luana, Gefangene des ÜbernatürlichenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt