Nichts zu verlieren

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„Zelle schließen!" ruft Bellick und tritt einen Schritt ans Gitter heran. „Also Merk dir meine Worte... wenn du hier drin schreist, wird dir niemand zu Hilfe kommen hast du das verstanden? Es war deine Entscheidung" sagt er und tritt von der Zelle weg. Noch bevor ich etwas sagen kann verschwindet er auch schon. „Lass den Fettsack reden, Seine Meinung interessiert eh keinen" brummt T-Bag, welcher schon oben auf dem Bett hockt, sein rechtes Bein runterhängen lässt und in eine Zeitschrift blickt. Ich drehe mich zu ihm und lehne mich gegen das Gitter. „ist er immer so drauf?"
T-Bag blickt von seiner Zeitschrift auf und bekommt ein leichtes Grinsen auf den Lippen. „Der Typ wohnt noch bei seiner Mutter... was erwartest du?!" Ich lache leicht und schüttle mit dem Kopf.
Als sich T-Bag wieder seiner Zeitschrift zuwendet, schreite ich zu dem unteren Bett und lasse mich nieder. Ich verschränke die Arme hinter meinem Kopf und starre an die Unterseite von T-Bag's Matratze.
Egal wie sehr ich es versuchte... ich bekam meine Schwester nicht aus dem Kopf. Es war eine Sache, dass ich sie nicht mehr sehen darf bevor sie stirbt... jedoch auch eine andere, was mein letztes Gespräch mit ihr war... wenn man das überhaupt als Gespräch deuten kann.
Kurz bevor ich festgenommen wurde, hatte wir beide einen ziemlich derben Streit. Meine Schwester ist eine Person, die einen auf jede Kleinigkeit aufmerksam macht. Alles wird schlecht geredet oder gar nicht erst beachtet. Nach der Zeit kam ich mit ihren negativen Kommentaren klar, doch vor knapp einer Woche stieg mir alles zu Kopf und ich fing an mich darüber auszulassen. Ich diskutierte mit ihr und aus einer Diskussion wurde ein Streit. Denn wir stritten nicht nur über diese Kleinigkeiten ihrerseits... auch sie warf mir Dinge an den Kopf, die sie bei mir nicht ausstehen konnte. Wir fanden immer mehr Gründe um uns gegenseitig fertig zu machen, bis es mir irgendwann zu viel wurde und ich ihre Wohnung verließ. Ich kann mich nichtmal mehr daran erinnern, was ich zu ihr schrie, während ich aus der Tür stürmte. Ich fuhr völlig geladen zurück in meine Wohnung und knallte die Tür hinter mir. Kurz nachdem ich mich beruhig hatte und auf dem Weg zur Tür war, um zurück zu meiner Schwester zu fahren, stürmte die Polizei in meine Wohnung und nahm mich fest. Ich weiß überhaupt nicht wie sie darauf reagiert hat, dass ich auf einmal festgenommen wurde. Ich hatte sie seitdem nicht mehr gesehen... genauso wenig wie meine Eltern. Keiner von meiner Familie hat mich bis jetzt hier besucht und genau das bringt mich immer wieder aufs Neue ins Grübeln. Höchstwahrscheinlich gehöre ich nicht mehr der Familie an, seitdem sie denken ich hätte jemanden umgebracht. Oder sie haben Angst mich zu besuchen, weil sie denken ich könnte ihnen das gleiche Leid zufügen. Das ist doch alles Schwachsinn... wieso sollten sie?
Es macht mich fertig, mir die Reaktion meiner Familie auszumalen aber ich kann an nichts anderes denken.
„worüber denkst du nach?" fragt T-Bag und beugt sich zu mir runter. „Huh?" verwirrt schüttle ich mich und blicke ihn mit großen Augen an. Er grinst leicht und legt seinen Kopf schief. „was geht in deinem hübschen kleinen Köpfchen vor?" „ ich habe nur an meine Schwester gedacht... Nichts besonderes" misstrauisch blickt er zu mir und hinterfragt meine Antwort. „scheint wohl doch was besonderes zu sein, wenn du so in deinen Gedanken vertieft bist." Ich seufze leise und blicke auf den Boden. „Was wollte Pope von dir?" fragt T-Bag, springt von dem Bett herunter und setzt sich neben mich. Ich blicke ihm in die Augen und erzähle ihm alles... von Anfang bis Ende. Ich lasse kein einziges Detail aus und erzähle ihm fast meine ganze Lebensgeschichte. So fühlt es sich zumindest an.

"Naja und jetzt bin ich hier... und werde sie nie wieder sehen" sage ich und blicke mit Tränen gefüllten Augen zu ihm auf. „und wenn es eine Chance gäbe, sie ein letztes Mal zu sehen?" fragt er und zieht dabei seine Augenbrauen hoch. „Pope meinte schon, dass ich nicht zu ihr darf" flüstere ich mit gebrochener Stimme und blicke auf den Boden. Direkt spüre ich, wie T-Bag seine Hand immer näher in Richtung meines Gesichts kommt und mein Kinn anhebt. Er schüttelt mit dem Kopf und kommt immer näher. „Was hältst du davon hier auszubrechen?" flüstert er und fängt an zu grinsen. „Mit Michael? Er würde dich niemals mitnehmen" „solange ich über Michael's Ausbruch Bescheid weiß, steht er auf Messers Schneide. Ich könnte jeden Augenblick zu einem Werter gehen und zwitschern wie ein Vogel. Und genau das werde ich gegen ihn verwenden." „Du willst ihn bestechen?" T-Bag fängt immer mehr an zu grinsen. „So läuft das in Fox River meine Hübsche. Ich habe hier drin gelernt, dass Gott nur denen hilft, die sich selbst helfen... auch wenn du dich dabei unbeliebt machst."
Ohne irgendwas was sagen drehe ich mich geradeaus und fange an nachzudenken, während ich an die wand starre.
"Du hast doch nichts mehr zu verlieren..." sagte T-Bag und stand von meinem Bett auf. „... und ich werde auf jedenfall hier ausbrechen, ob du mitkommst oder nicht. Und sobald wir ausgebrochen sind hast du weder mich, noch einen scofield oder Sucre, die Dich hier beschützen können"
T-Bag hatte mit allem Recht, was er gerade zu mir sagte... also warum habe ich überhaupt Zweifel? Ich habe überhaupt nichts zu verlieren... ich befinde mich lebenslänglich in einem Männergefängnis, schlimmer könnte es eh nicht werden.
„Ich bin dabei" gebe ich von mir und blicke zu T-Bag auf, welche sofort sein dreckiges Grinsen auflegt. „Na dann sind wir uns ja schonmal einig... Abruzzi muss dich nur irgendwie in die PI reinkriegen" „Abruzzi??? Der Typ, vor dem du mich vor ein paar Tagen weggeholt hast?" „der leitet die PI... und ist im ganzen Plan mit drin. Ohne den läuft leider gar nichts... aber solange ich hier bin, wird er dir nichts tun." „und was ist mit Scofield? Der Typ ist doch keine Wohlfahrt... der nimmt nicht jeden mit, der auf einmal in seinen Plan einsteigen möchte" T-Bag fängt an zu grinsen und legt seinen Kopf schräg. „Scofield ist viel zu gutmütig... denkst du allen erstens er würde dich hier zurücklassen? Als einzigste Frau, zumal du auch noch unschuldig bist... denke ich zumindest" sagt er und zieht eine Augenbraue hoch. „ich glaube wenn ich schuldig wäre, dann würde dich das wahrscheinlich noch mehr anmachen oder?" T-Bag zuckt mit den Schultern und verschwindet währenddessen oben auf seinem Bett. „Madame sollte glaube etwas zurücktreten, was die Sticheleien gegenüber mir betrifft... denn meine andere Seite willst du bestimmt nicht kennenlernen". Das klang gerade fast schon wie eine Drohung, würde da nicht diese leicht sarkastische Betonung Hinter seinen Worten stecken. Natürlich weiß ich, dass T-Bag ein Häftling ist, der definitiv nicht unschuldig hinter Gittern sitzt und natürlich auch schreckliche Dinge getan hat, über die man nicht hinwegsehen kann. Doch mir gegenüber verhält er sich anders. Vielleicht ist es auch nur eine Masche, ich weiß es nicht... doch solange es so weitergeht, würde ich mich vielleicht irgendwann auch mit Fox River abgefunden haben.

I walk, you walk with meWo Geschichten leben. Entdecke jetzt