Verräterisches Haar

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Kommissar Milton war bereits früh aufgebrochen und zusammen mit Kommissar Smith, zwei weiteren Polizisten und zwei Hunden zum Fundort der vergrabenen Kleider der Mädchen unterwegs.

Er ärgerte sich, dass Polizeipräsident Just nach dem Fund nichts Besseres zu tun gehabt hatte, als sofort die gesamten Angehörigen dorthin zu beordern. Er hatte versucht, es ihm auszureden, doch Just bestand nachdrücklich darauf. Dadurch waren mit Sicherheit wichtige Spuren zerstört worden. Sein Instinkt sagte ihm, dass noch irgendetwas fehlte, wenngleich er keine Ahnung hatte, wonach er suchen sollte. Er war sich nicht einmal sicher, ob die Hunde noch etwas finden würden. Denn mittlerweile war schon eine geraume Zeit seit dem Verschwinden der Mädchen vergangen und das Wetter war obendrein sehr problematisch gewesen. Aber die Hunde waren seine letzte Hoffnung. Neben seinem eigenen, untrüglichen Instinkt.

Ärgerlich schaute er auf die zertrampelte Fläche. Dieser Just war ein aufgeblasener Narr, sonst nichts! Er hätte schon längst etwas gegen ihn unternommen, wenn nicht die nächstliegende Person für das Amt des Polizeipräsidenten er selbst gewesen wäre. Und daran fehlte ihm jegliches Interesse. Er war mit Leib und Seele Kommissar, ein Mann der Tat, der sich der Ermittlung vor Ort und dem Lösen von Fällen verschrieben hatte. Das ganze Repräsentieren und politische Geschwafel, was mit diesem Posten zusammenhing, lag ihm nicht. Meistens ließ Just ihn gewähren und behinderte ihn nicht übermäßig in seiner Arbeit. Doch mitunter war er wirklich lästig. Allerdings ärgerte sich Milton auch über sich selbst, denn er hätte Just gegenüber härter durchgreifen sollen. In der Regel folgte der Polizeipräsident seinen Ratschlägen, solange er ihm die Lorbeeren zubilligte. Die konnte er gern haben, denn für ihn, Milton, war es das Wichtigste, die jeweiligen Fälle aufzuklären. Alles andere interessierte ihn nicht.

Zunächst untersuchten er und Kommissar Smith das fragliche Gebiet auf verbliebene Spuren, mussten jedoch bald aufgeben. Milton überließ den Hundeführern die Arbeit und beobachtete die Hunde aufmerksam.

Die Tiere liefen kreuz und quer über das Gelände, ohne irgendwelche besonderen Reaktionen zu zeigen.

Einmal meinte Milton, einen Hund kurz zögern und die Nackenhaare aufstellen zu sehen, allerdings ohne dass der Hund innehielt. Auch der dazugehörige Hundeführer reagierte nicht. Unangenehme Windböen erschwerten das Warten.

Nach zwei ergebnislosen Stunden musste Milton einsehen, dass vermutlich alle Spuren unwiederbringlich zerstört waren.

Er wollte schon den Befehl zum Abbruch erteilen, als plötzlich einer der Hunde ein kaum hörbares Knurren ausstieß. Er wandte sich seinem Herrchen kurz zu und ging dabei ein Stück zur Seite. In dem Moment, als der Hund die Spur wieder aufnehmen wollte, verhinderte eine unangenehm starke Windböe, dass er die Witterung wiederfand. Der Hund lief in eine andere Richtung und der Hundeführer brav hinterher.

Aber Milton war schon im Sturmschritt zu der Stelle unterwegs, an der der Hund reagiert hatte. Nach kurzer Zeit förderte er zwei kleine Handschaufeln zutage. Gut, da die Mädchen ihre Kleider vergraben hatten, war das noch einmal die Bestätigung seiner Theorie. Aber das brachte ihn nicht weiter. Milton setzte die Suche fort, konnte aber nichts mehr finden.

„Glauben Sie, dass diese Objekte überhaupt von den Mädchen sind?", fragte Kommissar Smith.

Milton betrachtete seinen Fund eingehend. Es waren zwei identische, eindeutig neue Schaufeln. Allerdings war es schlecht möglich, dass der Hund eine Schaufel erschnüffelt hatte. Die Geruchsspuren, die die Hände der Mädchen hinterlassen hatten, mussten nach dieser Zeit und Witterung völlig verschwunden sein. Es sei denn, dass da noch etwas Stärkeres war. Vorsichtig befreite er eine Schaufel von allen Erdrückständen. Sie wies nicht die kleinste Spur auf. Dann verfuhr er mit der anderen genauso. Zunächst konnte er nichts erkennen. Er legte die beiden Geräte nebeneinander und hielt überrascht inne. Er betrachtete sie nochmals eingehend aus verschiedenen Blickwinkeln, dann winkte er Smith heran.

Die Reise des Karneolvogels - Der WanderzirkusWo Geschichten leben. Entdecke jetzt