8. Chaos im Kopf

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„Die Party am Wochenende war wirklich absolut", sagte Kim leise und machte eine ausschweifende Handbewegung, „legendär!"

Ich verdrehte gespielt genervt die Augen. Wir saßen gerade im Englischunterricht bei dem alten Lehrer, der immer sehr gerne Monologe hielt, genau wie heute. Er starrte auf einen unbestimmten Punkt an der hinteren Wand und schien gar nicht wahrzunehmen, dass nur die Hälfte der Schüler ihm Aufmerksamkeit schenkte, was ein riesiger Vorteil für uns war.

So konnten wir uns leise über die Geschehnisse der Party austauschen.

„Sie war ganz okay", antwortete ich wage und stützte meine Ellbogen auf dem Tisch ab, welcher vor Kim und mir stand.

„Aha", Kim grinste mich vieldeutig an und ich hatte eine böse Vorahnung, auf was sie hinauswollte.

„Also...", begann sie langsam und wandte sich mir zu, wobei sie sich augenscheinlich ein Grinsen verkneifen musste, „Was läuft da zwischen dir und Lukas?"

Ich lachte leise auf. Was lief zwischen mir und Lukas?

Nichts. Absolut gar nichts.

Und selbst wenn sich zwischen uns etwas anbahnen sollte, dürfte dies niemals ans Licht kommen. Bei uns in der Villa waren schon Liebesbeziehungen zwischen Bediensteten verboten, aber Beziehungen zwischen Bediensteten und Familienmitgliedern waren am Schlimmsten. Hierbei besaßen die Familienmitglieder eine gewisse Immunität, ganz im Gegensatz zu den Bediensteten. Was mit den Bediensteten geschah, wollte ich mir lieber nicht ausmalen.

„Nichts", antwortete ich ehrlich und ignorierte die Dinge, die nach der Party passiert waren. Ich ignorierte die Geschehnisse der Nacht, das Training und meinen Sturz am Bürgersteig. Alle diese Handlungen hatten rein gar nichts zu bedeuten.

Als ich mich daran erinnerte, wie Lukas mir die Haare aus dem Gesicht gestrichen hatte, schauderte ich.

Nein, das alles hat nichts zu bedeuten, dachte ich und drängte all die Geschehnisse mit aller Macht in eine Schublade in meinem Kopf und knallte diese mit voller Wucht zu.

„Nichts, na klar", Kim zog die Augenbraue hoch und lehnte sich ein Stück nach vorne, wobei ihr ihre schwarzen Haare ins Gesicht fielen, „Lukas hat den Zwillingen erzählt, dass ihr seit dem Kindergarten beste Freunde seit. Wieso weiß ich da nichts von?"

Weil ich das bis heute morgen selber nicht wusste, erwiderte ich innerlich.

„Weil ich dachte, das wäre unwichtig", antwortete ich stattdessen und zuckte gespielt unschuldig mit den Achseln.

„Das wäre unwichtig?", Kim steht vor gespieltem Entsetzen der Mund auf, „Das ist absolut wichtig!"

„Wieso, was ändert das denn?", fragte ich und lachte leise auf.

Kim war wirklich eins der coolsten Mädchen, die ich je getroffen hatte. Sie war so viel echter und so viel vielseitiger als die Mädchen aus unserer Privatschule. Ich würde sogar fast sagen, dass ich sie nun zu meinen Freunden zählen konnte.

„Alles, Fiona!", mit bedeutungsschwerem Blick sah Kim mir tief in die Augen, „Absolut alles."

Ich lachte. Kim war wirklich dramatisch, so viel stand fest.

„Zwischen uns ist nichts", erklärte ich und zuckte mit den Schultern.

Jetzt war Kim es, die die Augen verdrehte.

„Als du ohnmächtig in den Pool gefallen bist, ist er so schnell hinter dir her gesprungen, dass kein anderer reagieren konnte. Und er war dabei angezogen. Den Moment, als er schwer atmend wieder aufgetaucht ist, werde ich nicht vergessen", der Ton in Kims Stimme ging ins Schwärmerische über und sie bekam einen verträumten Ausdruck in den Augen, „Die Szene war wirklich filmreif. Durch sein T-Shirt hat man seine Muskeln gesehen und wie er dich angeguckt hat, als du in seinen Armen lagst... Absolut krass"

Black RoseWo Geschichten leben. Entdecke jetzt