23. Darcy

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pov: Harry

Die Fahrt nach London vergeht schneller als erwartet. Ich hatte damit gerechnet die meiste Zeit aus dem Fenster zu schauen und meinen verwirrten Gedanken nachzuhängen, aber Niall hat mich die gesamte Strecke lang beschäftigt. Wir haben Zaubererschach gespielt, Kürbiskuchen gegessen und ich konnte tatsächlich ein wenig abschalten.

Ich versuche gerade meinen übergroßen Koffer aus dem Zug zu ziehen, als ich meine Mom auf dem Bahnsteig entdecke. Ich zeihe ein letztes Mal fest an meinem Gepäck und der Koffer landet krachend auf dem Boden. Schnell raffe ich alles beisammen und laufe auf meine Mutter zu. Es kommt mir vor wie eine Ewigkeit, dass wir uns das letzte Mal gesehen haben. Und erleichtert falle ich ihr in die Arme und sie drückt mich fest an sich.

„Harry mein Schatz, ich habe dich vermisst", flüstert sie in mein Ohr und ich umarme sie noch einen Tick fester. Auch Niall, der nach mir aus dem Zug gestiegen ist, wird von meiner Mutter in den Arm genommen. Seine Eltern sind nicht am Gleis, um ihn abzuholen. Er reist von der Winkelgasse aus mit Flohpulver weiter nach Irland zu seinen Eltern. „Ich muss dann auch Harry! Schick mir mal eine Eule über die Feiertage", sagt er zum Abschied. Er klopft mir auf die Schulter und sieht mich aufmunternd an, bevor er sich auf den Weg macht.

Meine Mom nimmt mich bei der Hand und sagt mir ich solle meinen Koffer gut festhalten. Ich umschließe den Griff fester und drücke ihre Finger als Zeichen, dass ich soweit bin. Ein kribbeliges Gefühl durchströmt meinen Körper und ich merke, wie es mich von den Füßen reißt. Keine Minute später stehen wir in unserem Wohnzimmer zu Hause.

Gemma springt vom Sofa auf, als sie uns sieht und kommt direkt auf mich zugelaufen. „Harry!", sie nimmt mich fest in den Arm und wuschelt mir durch die Locken. „Hallo Gemma", grinse ich in ihre Haare. "Ich hab dich vermisst kleiner Bruder!" „Ich hab dich auch vermisst Gem. Wo ist Robin?", frage ich danach und schaue mich suchend nach meinem Vater um. „Er ist noch bei der Arbeit, aber er sollte demnächst nach Hause kommen", erklärt mir meine Mutter.

Robin arbeitet im Zaubereiministerium in der Abteilung für magisches Transportwesen. Dort werden alle Arten der magischen Fortbewegung überwacht, kontrolliert und gegebenenfalls unterbunden. Ich finde seine Arbeit klingt ziemlich langweilig, aber ihm macht sie Spaß und ohne seine Stelle hätte er meine Mutter nie kennengelernt. Die beiden haben sich vor ein paar Jahren bei einem Unfall mit einem Portschlüssel getroffen und sie erzählen die Geschichte an jedem ihrer Jahrestage und auch sonst, wenn man ihnen die Chance gibt.

Nach dem Nachmittagstee gehe ich auf mein Zimmer. „Hallo Darcy", begrüße ich meine kleine Zwergohreule, die aufgeregt auf ihrer Stange auf und ab hüpft. Ich habe Darcy vor zwei Jahren zu meinem Geburtstag bekommen, aber sie hat sich nicht mit den anderen Eulen in Hogwarts verstanden, also haben wir uns dazu entschieden, dass sie bei meiner Mutter und Robin bleibt und immer wieder zurück zu ihnen fliegt, wenn sie mir in Hogwarts eine Nachricht gebracht hat. Kurz spiele ich mit dem Gedanken Niall direkt einen Brief zu schicken, aber dann entscheide ich mich doch dagegen. Ich kraule Darcy am Kopf und lasse mich auf mein Bett fallen. Den Koffer lasse ich, so wie er ist, einfach auf dem Boden stehen.

Eine Weile starre ich die Decke an. Nachdem wir außerhalb von Hogwarts nicht zaubern dürfen weiß ich nicht was ich machen soll, um mich von meinen Gedanken abzulenken. Und meine Gedanken sind schon wieder bei Louis. Louis, der sich für mich prügelt, aber nicht mit mir befreundet sein soll. Und Max, der glaubt ich wäre schwul. Nicht, dass er so falsch mit der Annahme läge, aber außer Niall habe ich niemandem erzählt, dass ich mich nicht nur für Hexen interessiere. Gemerkt habe ich das, nachdem ich mich im zweiten Schuljahr in unseren unglaublich jungen und lustigen Lehrer für Verteidigung gegen die dunklen Künste verliebt habe. 

Zumindest dachte ich damals ich wäre verliebt. Ich dachte so würde sich Liebe anfühlen. Nach ein paar Monaten war das Gefühl aber zum Glück wieder weg. Aber bin ich auch in Louis verliebt? Darcy krächzt auf und hüpft wieder auf ihrer Stange auf und ab. „Du hast ja recht. Eigentlich habe ich mir das schon vor Wochen eingestanden..."

Ich stehe auf und öffne meinen Koffer. Nach und nach räume ich die Kleidung und die Bücher aus, bevor ich finde wonach ich gesucht habe. Mein Notizbuch. Mit dem Buch in der Hand setzte ich mich zurück auf mein Bett und schlage eine Seite auf, von der ich weiß, dass sie noch leer ist. Ich hole eine Feder und Tinte aus meinem Nachttisch und starre auf das weiße Papier. Ich muss meine Gedanken ordnen. Seit ich das letzte mal etwas aufgeschrieben habe ist schon wieder viel passiert.

„Ich will nicht mit dir befreundet sein." Das war das letzte, was er zu mir gesagt hat, bevor er gegangen ist. Ich will nicht mit dir befreundet sein. Und wenn ich ehrlich bin, will ich auch nicht mit ihm befreundet sein. Zumindest nicht nur. Aber ich glaube kaum, dass das selbe auch für ihn gilt.

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Okay, bevor morgen wieder "der Ernst des Lebens" für mich beginnt kommt hier ein weiteres Update. Es ist eher ein Übergangskapitel geworden, aber auch das muss manchmal sein. Ich hoffe ihr habt einen schönen Abend (oder Tag - wann immer ihr das hier lest).

Was denkt ihr wie die Geschichte zwischen Louis und Harry weiter geht? Was passiert in den Ferien und wer wir in diesem Schuljahr den Quidditchpokal gewinnen?

xx cu.

Im Bann der Schlange [l.s.]Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt