15. Die Turmspitze

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pov: Harry

Die Wendeltreppe führt immer höher und höher. Die Wände sind mit dem selben dunkelblauen Stoff bezogen wie der Ravenclaw Gemeinschaftsraum, nur die funkelnden Sterne fehlen. Ich habe das Gefühl die Treppe nimmt kein Ende. Oder will mich die Treppe glauben lassen sie wäre unendlich und eigentlich bewege ich mich kaum vom Fleck? Doch da erscheint eine Holztür vor mir. Ich bin mir sicher, dass ich an der Turmspitze angekommen bin. Etwas außer Atem drücke ich die Tür auf und betrete den Raum. Er ist ähnlich geschnitten wie der Eulenturm. Die Decke ist hoch und läuft oben spitz zu. Durch die Fenster im Dach kann ich den Himmel erkennen. Es ist dunkel, aber die Nacht ist recht klar und ich sehe nur ein paar Wolkenfetzen, sonst funkeln die Sterne. Ich hole tief Luft. Irgendetwas an diesem Raum zieht mich in den Bann, aber ich kann nicht genau sagen was es ist. Ob es an der kühlen Luft liegt die mir um die Nase weht oder an der offenen Decke, die nur von ein paar Stützbalken durchzogen ist? Ich drehe mich um meine eigene Achse um mich besser umschauen zu können. 

Beinah hätte ich vergessen, dass ich hier hochgekommen bin in der Hoffnung Niall zu finden und ihm zum Aufbruch zu bewegen, als ich eine Bewegung unter dem Dach wahrnehme. Ich erkenne die Umrisse eines kleinen Tieres, dass geschmeidig über ein paar Balken turnt. Es ist ein Kater, sein Fell schimmert in der Dunkelheit und seine Augen reflektieren das Licht der Sterne über unseren Köpfen. Ich verfolge das Tier mit meinem Blick und zucke plötzlich zusammen. Dort oben sitzt jemand. Dieser Jemand sitzt ganz still dar und bewegt sich nicht. Wäre der Kater nicht genau in seine Richtung gelaufen hätte ich ihn vermutlich nie entdeckt. „Niall?", frage ich zögerlich, obwohl mir klar ist, dass Niall bei einer Party wohl kaum in den Dachbalken des Ravenclaw Turmes sitzen würde, um einen Kater zu streicheln. Die Person antwortet nicht. Nochmal frage ich vorsichtig: „Hallo? Wer ist denn da?" Die Gestalt bewegt sich. „Komm hoch", höre ich dann eine bekannte Stimme, „Aber pass auf, an manche Balken stehen spitze Holzspäne ab" Ich zögere. Im Dunklen auf kantigen Balken in die Spitze eines Turmes zu klettern klingt nach keiner Aktivität, für die ich geschaffen bin. Trotzdem reiße ich mich schließlich zusammen, richte mich auf und versuche so entspannt wie möglich auszusehen, als ich auf ein paar Tische steige, die in der Ecke stehen, um an den untersten Balken zu gelangen. Mühsam ziehe ich mich hoch. Sofort fährt mir ein stechender Schmerz durch die Hand. „Aua", rufe ich erschrocken. „Ich habe doch gesagt, dass du vorsichtig sein musst Curly", höre ich die helle Stimme. Es klingt als würde er schmunzeln. „Ich bin halt kein Hobbyklettere", erwidere ich so leise, dass er mich vermutlich nicht hören kann, und beiße die Zähne zusammen. Der Splitter bohrt sich tiefer in meine Handfläche als ich den nächsten Balken greife. Ein paar Augenblicke später bin ich nur noch einen Balken von dem Jungen entfernt, der entspannt an einem Querbalken lehnt, den Kater auf dem Schoß und das Tier zwischen den Ohren krault. Ich greife nach dem Holz, das sich rau unter meinen Fingern anfühlt und ziehe mich nach oben. Eine Hand greift nach mir und hält mich fest, als ich die Beine nachziehe. Schließlich hocke ich rittlings auf dem Balken und schnaufe vor mich hin. Als ich einatme rieche ich eine Mischung aus Holz, kühler Nachtluft und etwas anderes, etwas sanftes, was ich nicht genau einordnen kann. Nochmal hole ich tief Luft. Erst die unendliche Wendeltreppe und jetzt auch noch eine Kletterpartie im Halbdunkeln. Ich wundere mich über mich selber, dass ich es ohne größere Unfälle hinaufgeschafft habe. Erleichtert schaue ich den Jungen mit den blauen Augen an, der mit jetzt genau gegenüber sitzt. „Hi", keuche ich außer Atem. „Hi", erwidert er.

Einen Moment lang sitzen wir einfach nur da. Louis streichelt weiter das Tier hinter den Ohren. Ich beobachte ihn. Er scheint nicht das Bedürfnis zu haben eine Konversation zu beginnen. Ich kann seinen Gesichtsausdruck nicht wirklich einordnen. Ist er müde? Ist er genervt, weil ich ihn störe? Aber dann hätte er mir nicht gesagt, dass ich hochklettern solle. Schließlich frage ich zögernd: „Was machst du hier oben?" Er hebt den Kopf, aber seine Augen finden nicht wie gewohnt meine, sondern sein Blick bleibt auf Höhe meiner Brust hängen. „Und du?" Ich schüttle den Kopf. „Ich habe zuerst gefragt." Aber ich bekomme trotzdem keine Antwort auf meine Frage.

Schließlich schluckt er trocken und öffnet den Mund. Ich kann meinen Blick nicht von seinen Lippen abwenden. Er leckt über seine Unterlippe, die in dem schwachen Licht glänzt. „Kennst du das Gefühl, wenn jeder etwas von dir erwartet? Jeder denkt dich zu kennen. Jeder denkt zu wissen war du bist, was du gut kannst, was du gerne magst. Aber eigentlich weißt du das alles selbst nicht? Jeder hat Antworten und Ratschläge für dich, aber du weißt nicht mal was die Fragen sind?", er schließt den Mund, nachdem all diese Worte aus ihm hervorgesprudelt sind. Jetzt hebt er den Kopf weiter und ich sehe einen verzweifelten Ausdruck in seinen Augen. „Wieso scheinen alle zu wissen wer ich bin, außer mir selber?", fragt er nochmal. Dann schüttelt er den Kopf und wendet seinen Blick wieder ab. Gedankenverloren krault er weiter den Kater, aber seine Haltung ist angespannt.

Ich sitze einfach nur da und weiß nicht was ich ihm darauf antworten soll. Am liebsten würde ich sagen: „Ich weiß nicht wer du bist, bitte erzähl mir mehr von dir. Lass uns gemeinsam die passenden Fragen finden, lass uns all die Antworten der anderen ignorieren und unsere eigene Geschichte schreiben." Aber ich sage nichts davon. Ich sitze einfach nur da, die Gedanken kreisen in meinem Kopf und ich spüre den Schmerz aus meiner Hand durch meinen Arm pochen. 

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Das wichtigste zuerst: Habt ihr die Grammy Verleihung geschaut? Ich habe die Hauptshow tatsächlich von 01-04:45 Uhr komplett gesehen und wie schön sah Taylor  Swift bitte aus?!?!!

Hallo zurück. Um meinem Statistik Programm zu entfliehen habe ich für euch ein kleines neues Kapitel geschrieben. Ich hoffe es gefällt euch und ich bin gespannt welchen Weg wir gemeinsam mit dieser Geschichte noch gehen werden.

Schreibt gerne Kommentare, ich liebe Livereaktionen, teilt die Geschichte gerne mit anderen 1D/Larry/Hogwarts Fans und lasst mich wissen was ihr gerne für einen Verlauf der Handlung hättet. 

(Zur Einordnung - oben auf dem Bild seht ihr den Astronomieturm, nicht den Eulenturm, der im Text vorkommt.)

xx cu.

Im Bann der Schlange [l.s.]Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt