Kapitel 3

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So sitzen sie beide in diesem Stuhl, gebrochen, sich an das letzte Stückchen Hoffnung klammernd aber vereint.

Sicht Winter Soldier/ Bucky
Die Explosion zog mich von den Füßen, fast schon wie ein Reflex griff ich mit meinem Metallarm nach der Assassinin welche mit mir arbeitete und schlang ihn um ihre Hüfte. Ich wusste nicht warum ich es tat, jedoch hatte ich dieses Gefühl sie zu beschützen und verantwortlich für sie zu sein.
Als wir bei dem Hauptstützpunkt ankamen hatte man sie sofort weggebracht und ich würde in einen der Vorbereitungsräume gebracht.
In meinem Schädel tobte es, es war als würden zwei verschiedene Persönlichkeiten in mir um die Kontrolle kämpfen. Erschöpft und zutiefst verwirrt setzte ich mich auf den Stuhl, die Tortur welche mich wie jedes Mal erwarten würde, abwartend. Vor meinem inneren Auge sah ich Ausschnitte einzelner Momente aufblitzen, sie schienen wie aus einer anderen Zeit, ja fast einer anderen Welt, zu sein. In ihnen sah ich immer eine junge Frau und einen etwas schmächtig aussehenden Mann, sie sprachen mit mir oder wir erlebten etwas gemeinsam. Jedoch wusste ich nicht in welchem Kontext ich zu ihnen Stand. Seufzend raufte ich mir die Haare und fuhr mir fahrig mit den Händen durchs Gesicht. So konnte das nicht weitergehen.
Nach einiger Zeit in der ich mich zurückgelehnt, und über vieles nachgedacht hatte, verschiedene Missionen die ich erledigt, Menschen die durch meine Hände gestorben waren, setzte ich mich ruckartig auf.
Avery, ein einziger Name der reichte um meine Gedanken auf Hochtouren zu bringen. Ich versuchte zu verstehen, zu verknüpfen was ich gedachte zu wissen.
Plötzlich hörte ich ein Geräusch, Schritte die auf mich zukamen. „Barnes...?" Ich sah ihre Hand vor meinem Gesicht schnipsen um meine Aufmerksamkeit zu erlangen. Diese Geste reichte aus. Ich wusste nicht warum ich es tat, es war wie eine Art Programmierung, jedoch packte ich die junge Frau welche vor mir stand blitzschnell mit meiner Metallhand am Hals und drückte zu. „Shit!", sie klang entsetzt, als hätte sie es nicht erwartet. Ein Blick in ihre Augen verriet mir das sie Todesangst hatte und es erfüllte einen Teil von mir mit Freude sie so zu sehen.
Ich sah wie sie unter mir versuchte sich frei zu strampeln, versuchte an Luft zu gelangen. Auf einmal spürte ich eine Berührung an meiner Schulter, so klein und so unscheinbar das es eigentlich irrelevant war, und dennoch. Diese Berührung legte eine Art inneren Schalter um und alles was mir bis jetzt unklar im Bezug auf meine Gedanken erschien wurde klarer. Es war als hätte jemand Licht ins Dunkel gebracht, als hätte sich der Nebel gelichtet und das Puzzle sich zusammengesetzt. Geschockt ließ ich von ihr ab, wie konnte ich nur Avery, meiner Avery etwas antun. „I-Ich bin's...nur ich, es ist niemand sonst hier". Langsam beruhigte ich mich wieder und konnte etwas klarer denken. Was Hydra mir eingeimpft hatte, den Winter Soldier, ich musste es schaffen ihn los zu werden. Meine Gedanken liefen auf Hochtouren und mein Schädel dröhnte.
Angeekelt und geschockt schaue ich auf meinen Metallarm. „Es tut mir leid... ich wollte nicht..." Gegen Ende bricht meine Stimme und ich muss damit kämpfen den Tränen nicht zu erlauben ihren Weg zu gehen. Ich wollte stark sein, stärker als Hydra.
James Buchanan Barnes hätte das nie getan, ich war immer daraus aus, Menschen zu helfen. Ich wollte immer das Gute in der Welt bewahren. Nur am Rand bemerkte ich wie sie sich neben mich setzte, und sich gegen mich lehnte. Kurz hielt ich die Luft an, wie konnte sie nach meiner Aktion noch so mit mir umgehen. Ich verstand sie nicht. „Wir werden nicht für immer ihre Marionetten sein, wir finden einen Ausweg" Dieser Satz ließ mich kurz lächeln, sie hatte schon immer überall Hoffnung gesehen, selbst wenn es eigentlich keine mehr gab.
Ohne groß darüber nachzudenken lege ich einen Arm um sie damit sie nicht vom Stuhl fiel auf dem wir beide mittlerweile saßen. Sie schmiegte sich entspannt an meine Brust und schien vollkommen ohne Sorgen.
Geistesabwesend beobachtete ich sie, ihren zierlichen Körper, ihre rotbraunen Locken und die leicht geschwungenen Lippen. Ihr Brustkorb hob und senkte sich in einem gleichmäßigen, ruhigen Rhythmus, ihre Augenlieder waren geschlossen. Leicht perplex registrierte ich somit das sie eingeschlafen war. In dieser Situation, unter diesen Umständen war sie doch tatsächlich eingeschlafen. Doch auch ich merkte wie mich die Müdigkeit überrollte. Die letzte Mission war nicht lange her, ich bekam generell wenig Schlaf und wenn, dann waren es verwirrende und beängstigende Träume. Mit einem letzten Blick auf Avery welche seelenruhig schlief, schloss ich meine Augen und zum ersten Mal seit einer Ewigkeit konnte ich mich entspannen. So schlief ich endlich ein, ohne von Alpträumen heimgesucht zu werden, zumindest dachte ich das.

Sicht Avery
Ein herzzerreißender Schrei weckte mich auf. Kurz musste ich mich orientieren wo ich, oder besser gesagt wir uns befanden. Scheinbar waren wir wirklich in dem Vorbereitungsstuhl eingeschlafen und uns hatte bisher niemand bemerkt.
Mein Blick fiel auf Bucky, der hektisch atmete und immer wieder irgendwelche Sätze vor sich hinsagte. Vorsichtig griff ich seine Hand und strich mit meinem Daumen kleine Kreise darüber. „Alles gut, Ich bin hier" Seine Atmung beruhigte sich langsam, doch ein Blick in seine Augen verriet mir das rein Garnichts in Ordnung war. Er schwitzte am ganzen Körper, sein Körper bebte und über seine Wangen flossen die Tränen. Es zerriss mich innerlich in so zu sehen und doch weiß ich tief in mir das es mir nicht viel besser ging. Wir waren beide Opfer Hydras und dazu verdammt ihre Befehle auszuführen wie es ihnen Beliebt. Ein Entkommen war während der letzten Jahre immer unmöglich gewesen, da wir immer überwacht wurden. Wenn man uns mal nicht gebraucht hatte oder es nichts zu tun gab, wurden wir einfach eingefroren.
„Barnes, bist du okay?" die Frage war zwar sehr unnötig aber ich musste es von ihm wissen, musste eine Reaktion seinerseits bekommen. Mein Wissen bestätigend schüttelte er, kaum war die Frage ausgesprochen den Kopf und vergrub ihn zwischen seinen Händen. Ich konnte in schluchzen hören und keinen Moment später sah ich, wie er anfing mit seiner menschlichen Hand an dem Übergang zu seinem Metallarm zu kratzen. Er grub verzweifelt seine Fingernägel in die Narbe, schrie jedoch sofort auf vor Schmerz. Die Verzweiflung war ihm ins Gesicht geschrieben als er versuchte sich den Arm vom Körper zu reißen. „Hey! Hey! Hey! lass das...bitte" ich legte vorsichtig eine Hand auf seine und nur langsam hörte er auf wie ein Irrer an der Wunde zu kratzen. Nach einer Weile hob er zitternd seinen Kopf, seine Lippen bebten „W-Warum Avery? ... ich möchte wieder fühlen"
Den Tränen nahe konnte ich nichts weiter tun als ihn in den Arm zu nehmen, seinen Rücken zu streicheln und für ihn da zu sein.
„Als ich von diesem Wagon fiel... ich dachte ich würde sterben. Eigentlich wollte ich nicht mit auf die Mission, ich wollte in Brooklyn bleiben. Steve hatte mich letztendlich doch überzeugt. Wir waren auf einem Eisenbahnwagon oder ähnlichem und eigentlich hatten wir auch alles unter Kontrolle doch dann..."
Er stockte. Bucky hatte mir noch nie von der Mission erzählt, wie auch? Ich hatte ihn davor das letzte Mal gesehen, danach dachte ich er wäre tot und seit Hydra mich auch unter ihrer Kontrolle hatte konnte ich mich selten an Dinge aus meiner Vergangenheit, geschweige denn Personen erinnern. Ich bewunderte Bucky dafür das er mir das erzählte, mir soweit vertraute und dass in dieser Situation.
„Ich sah irgendwann nur noch in Steves angsterfülltes Gesicht, sah wie er mir seine Hand hinhielt. Ich wollte sie ergreifen, mich retten doch da löste sich die Stange an der ich mich festgehalten hatte. Ich fiel. Das letzte an das ich mich erinnerte war Steves Gesicht wie er geschockt auf mich hinabsah.
Als ich wieder zu mir kam waren da überall Leute, fremde Personen. Um mich herum lag überall Schnee und ich konnte meinen linken Arm nicht spüren... Wie sich herausstellte hatte ich ihn mir beim Sturz und dem Versuch meinen Fall abzufangen verloren." Ich sah wie er schluckte und sich sammelte bevor er weitersprach. „Als ich wieder aufwachte... bei Gott ich wäre lieber nicht aufgewacht. Ich hatte solche Schmerzen, als ich es schaffte meine Hände zu heben sah ich rechts, wie normal, meine menschliche Hand. Links jedoch war da eine Matallhand, ein Metallarm, wenn man es genau nahm." Kurz blickte er auf seinen linken Arm uns seufzte.
Ich wusste nicht was die Leute, die wie sich herausstellte zu Hydra gehörten, mit mir gemacht hatten. Ich merkte dennoch das etwas mit mir nicht stimmte. In meinem Kopf herrschte Chaos, ich konnte mich an nichts erinnern, es war als hätte sich eine dichte Nebelschicht über meine Vergangenheit gelegt. Als in mein Blickfeld dann dieser Doktor, Arnim Zola trat, war es endgültig vorbei. Ich handelte aus einem unerklärlichen Reflex, mehr handelte der Arm von selbst hatte ich das Gefühl. Ich sah wie sich die Metallhand um seinen Hals schloss.
Hätte ich dem Drang widerstehen können, hätte ich gewusst wer ich war, ich wäre nie auf die Idee gekommen andere Menschen absichtlich zu verletzen."
Er haderte mit sich, das konnte ich sehen. Ich fragte mich wann er zuletzt gewusst hatte wer er war. Wann er sich an seine Vergangenheit erinnern konnte, wann er sich bewusst was er tat.
Beruhigend, da ich sah wie er wieder versuchte an seinem Arm zu kratzen, legte ich meine Hand auf seine und meinen Kopf auf seine Schulter. Es würde nicht für immer sein, das wusste ich. Doch ich musste versuchen einen Weg zu finden, für uns, für Bucky. Ich fragte mich ob Steve schon versucht hatte uns zu finden. Hydra war sehr gut versteckt und da fast niemand von ihrer Existenz wusste war es nochmal schwieriger. Fragen über Fragen, doch fürs Erste ließ ich meinen Kopf auf seiner Schulter weilen, schloss die Augen und schaffte es mich noch eine Weile zu entspannen. Bucky war anscheinend wieder eingeschlafen, denn seine Atmung war regelmäßig und langsamer geworden, die Augen hatte er auch geschlossen.
Die nächsten Worte sagte ich mehr für mich als für ihn, doch hatte ich das Gefühl er hatte sie wahrgenommen. „Ich werde einen Weg finden, koste es was es wolle. Du bist das Einzige was zählt."

A Story of Summer and Winter - Forgotten MemoriesWo Geschichten leben. Entdecke jetzt