Kapitel 10

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Seit dem Artikel sind einige Wochen vergangen. Sebastians Management hielt es für angemessener uns als langjährige Freunde zu betiteln, was sie auch mit einem öffentlichen Statement so unterstrichen. Das bedeutete zwar, dass wir uns regelmäßig sehen können, aber leider auch, dass wir immer einen gewissen Abstand zueinander halten müssen. Für Sebastian scheint das einfach zu sein, ich meine, es ist sein Beruf in verschiedene Rollen zu schlüpfen. Aber wie sollte ich glaubhaft vorgeben jemand zu sein der ich nicht bin. Während die Öffentlichkeit glauben soll wir wären nur Freunde, werden meine Gefühle die ich für ihn habe mit jedem Tag mehr.

Es ist wirklich schwer, diese Fassade aufrecht zu erhalten. Zu unseren Dates fahre ich meistens selbst, damit es nicht aussieht wie ein Date. Wenn wir in der Öffentlichkeit sind, müssen wir immer aufpassen, dass wir uns nicht zu intensiv ansehen, uns unangemessen anlächeln oder nicht zufällig ein Körperkontakt entsteht, der falsch verstanden werden könnte. Seit guten zwei Monaten treffen wir uns bereits und haben uns noch nicht mal geküsst. So langsam glaube ich, dass sich aus unserem anfänglichen Interesse aneinander, tatsächlich eine Freundschaft entwickelt. Was toll ist...aber eben nicht dass was mein Herz eigentlich möchte.

Mein Handy klingelt. "Ja?" gehe ich abwesend ran. "Oh schlechte Laune?" Sebastians Stimme klingt wie immer gut gelaunt. "Nein überhaupt nicht. Ich war nur in Gedanken" erwidere ich. "Das ist gut. Ich hab nämlich großartige Neuigkeiten" sprudelt es aus ihm heraus. Schlagartig verbessert sich meine Laune, die wie ich leider zugeben muss, tatsächlich nicht so gut ist heute. Die aufkeimende Hoffnung in mir wird mit seinem nächsten Satz aber sofort wieder zerschlagen. "Ich habe gerade einen Anruf von Marvel bekommen. Ich soll morgen für weitere Gespräche nach L.A. fliegen. Allerdings sehen wir uns dann zwei Wochen nicht." er klingt so begeistert. "Wow. das ist toll. Ich freu mich für dich." ich versuche das was ich sage auch tatsächlich so zu meinen, es fällt mir allerdings schwer meine Enttäuschung geheim zu halten. "Du klingst nicht so als würdest du dich freuen. Ich weiß, ist eine blöde Zeit und ich würde die auch lieber mit dir verbringen. Aber die Chance kann ich mir nicht entgehen lassen. Außerdem sind es ja nur zwei Wochen." er versucht mich aufzumuntern. Doch zwei Wochen sind leider zu lang. Die letzten Wochen waren so aufregend und obwohl ich mit Sebastian über alles gesprochen habe und er mich wahrscheinlich fast genau so gut kennt wie Laura es tut hab ich ihm eine Sache verschwiegen. "Doch natürlich freue ich mich für dich, das weißt du auch. Es macht mich nur traurig. Weil...weißt du...Man ich weiß nicht wie ich es sagen soll." Tränen schießen mir in die Augen. "Was ist denn los?" seine Stimme klingt plötzlich besorgt.

Ich hole tief Luft und schließe die Augen um mich auf das bevorstehende vorzubereiten. "Sebastian...Ich...Naja...In zehn Tagen geht mein Flieger zurück nach Deutschland." sobald ich es ausgesprochen habe laufen mir die Tränen warm über meine Wangen. "Was?" seine gute Laune scheint schlagartig verschwunden zu sein. "Wie du fliegst zurück. Ich dachte du bleibst erstmal in New York. Wieso erzählst du mir erst jetzt davon?" er klingt geschockt und auch ein bisschen sauer. "Sebastian..." ich bekomme kaum einen Ton raus. "Nein nicht Sebastian...Sag es mir bitte. Wieso hast du mir nie was davon erzählt. Ich versuche seit Wochen alles in meiner Macht stehende zu tun, damit wir uns kennenlernen können und du kannst mir nicht mal sagen, dass du trotz allem wieder zurück möchtest?" er klingt fordernd und soweit ich das beurteilen kann auch enttäuscht. Enttäuscht von mir.

Ich weiß nicht wieso ich es nie angesprochen habe. Zum einen wahrscheinlich, weil ich dachte, ich würde früher oder später aufwachen und feststellen, dass dies alles nur ein Traum war. Und zum anderen hatte ich vielleicht gehofft, es würde anders zwischen uns laufen. Es hätte mehr zwischen uns sein können als es jetzt ist. Aber was genau hatte ich erwartet?

"Es ist ja nicht so, als würde ich von hier fliehen. Aber sag mir doch bitte was das zwischen uns ist? Wir treffen uns zwar seit Wochen und reden über alles aber was genau ist das mit uns Sebastian? In welche Richtung geht das mit uns?" ich beginne immer mehr zu weinen. Es fühlt sich an wie ein Abschied und das war genau das was ich nicht wollte. Vielleicht habe ich auch deshalb nie was gesagt, weil ich mich nicht vom ihm verabschieden wollte. "Ich weiß nicht wohin das führt, Leonie. Ich dachte wir verstehen uns gut." mehr hat er dazu nicht zu sagen? "Weißt du was ich denke, Sebastian? Ich denke, dass wir beide unterschiedliche Auffassungen davon haben, was da zwischen uns ist." Wut steigt in mir auf, Wut auf mich selbst. Wieso kann ich nicht einfach den Mund halten. Ich mache das gerade alles viel schlimmer. "Wenn du das so siehst." wie konnte dieses Telefonat nur solch eine Richtung einschlagen. "Es tut mir Leid" sagt er noch eher er auflegt. Einfach so. Ich sinke auf die Knie und lasse mein Gesicht in meine Hände fallen. Mein Handy fällt dabei neben mir auf den Boden. Ich weine bitterlich und es schmerzt. Mein ganzer Körper schmerzt. Als würde ich unendliche Qualen erleben. Mir ist schlecht und ein Gefühl der Dunkelheit macht sich in meinem Körper breit.

Ich höre, wie die Tür geöffnet wird. "Ach scheiße...Was ist den los?" Laura kniet plötzlich vor mir, es fühlt sich allerdings an, als wäre sie Meilenweit entfernt. "Es ist vorbei" sage ich noch, ehe mich die Dunkelheit übermannt und mich in die Tiefe reißt.

Sin with SebastianWo Geschichten leben. Entdecke jetzt