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Als ich erschrocken zurückwich, verlor ich das Gleichgewicht und geriet ins Straucheln. Meine eigenen unbeholfenen Füße drohten mich zu Fall zu bringen, und ich wäre beinahe kopfüber hingestürzt.

Plötzlich stand ein fremder Mann vor mir, der mindestens einen ganzen Kopf größer war als ich. Er trug einen dunkelblauen Anzug, der trotzdem nicht verbergen konnte, wie außergewöhnlich durchtrainiert sein Körper war.

Seine Haut war ein paar Nuancen dunkler als die meine. Das Gel und Haarspray brachten sein perfekt gestyltes schwarzes Haar zum Glänzen und durchdringend bohrten sich seine Augen, die mich hinter seinen Brillengläsern anstarrten, in die meinen.

Seelenruhig hielt er seine Hände auf seinem Rücken verwoben und als ich sehen konnte, wie ein feines Lächeln über seine schmalen Lippen huschte, ging ich mehrere Schritte rückwärts, ohne ihn auch nur eine Sekunde aus den Augen zu lassen.

"W-wo bin ich hier? Wer sind Sie..?", brachte ich hervor und auf einmal den Klang meiner krächzenden Stimme zu hören, ließ mich einen verdutzten Gesichtsausdruck aufsetzen.

Im nächsten Moment schritt der Fremde zielstrebig auf mich zu. Wie von der Tarantel gestochen hechtete ich in die hinterste Ecke des Raumes und brachte mich durch diese unbedachte Handlung selbst in eine ausweglose Position. Der breite Kerl kesselte mich ein und versuchte meine Schulter zu packen.

Ich wehrte mich. Stieß seine Hand weg und es entstand ein regelrechtes Handgemenge, das ich keuchend verlor. Der Mann hielt mich fest und presste mich mit seinem Unterarm hart gegen die Wand. Dann zog er einen Gegenstand aus seiner Hosentasche und ich sah mein Ende schon nahen.

"Nicht..!", rief ich, kniff meine Augen fest zusammen und wandte meinen Kopf von ihm ab.

"Sieh mich an", hörte ich nun zum ersten Mal seine Stimme. Sie klang hart, mit einem befehlshaberischen Unterton. Und die Gleichgültigkeit und Kälte in ihr, ließen mich augenblicklich schaudern.

Zaghaft öffnete ich meine Augen und blickte in eine kleine Taschenlampe, deren plötzlich aufflammendes Licht mich leicht zusammenzucken ließ. Der Mann überprüfte die Reaktionen meiner Pupillen und während er dies tat, nutzte ich diesen stillen Moment, um ihn weiter zu mustern.

Er hatte ein attraktives, markantes Gesicht. Harte Gesichtszüge, jedoch ausgesprochen interessant, nur seine Augen versprühten keinerlei Wärme. Sie schimmerten in einem Haselnussbraun, waren hier und da dunkelbraun gesprenkelt und sein Aftershave verbreitete eine animalische Note.

Als er diese Musterung meinerseits bemerkte, knipste er die Taschenlampe aus und blickte mir in meine weit geöffneten Augen. Sodann packte er die Lampe weg und ergriff mit beiden Händen mein Gesicht, um meinen Kopf sachte hin und herzudrehen, als wolle er es mir gleich tun, wobei er seiner Begutachtung hiermit noch eine Schüppe drauf legte.

Allmählich fing ich an zu zittern. Allerdings machte mir diese abstruse Situation keine Angst, sondern es wirkte eher leicht verwirrend und befremdlich auf mich.

Dann fuhr der Fremde mit seiner Hand durch mein Haar, bis er in meinem Nacken ankam und prüfend meinen Hals besah. "Kannst du dich an etwas erinnern?", wollte der Mann wissen und es kam mir so vor, als wisse er selbst nicht wirklich warum ich eigentlich hier war.

Ich schüttelte nur zaghaft den Kopf und wartete geduldig darauf, dass seine Inspektion ein Ende finden würde. Vielleicht war ich wirklich in einem Krankenhaus. Hatte ich einen Unfall erlitten? Hatte ich dabei vielleicht sogar mein Gedächtnis verloren?

Nach einigen weiteren überprüfenden Blicken ließ der Mann mich los und ich entspannte mich ein wenig. "Weißt du wie du heißt?", fragte der Mann und ich sah zu ihm auf.

"Jimin..", antwortete ich und der Mann schien zufrieden mit dieser Antwort zu sein, denn er lächelte. Er tätschelte mit einem Mal zufrieden meine Wange und damit hatte ich letztendlich das Gefühl einem komplett Wahnsinnigen gegenüber zu stehen.

"Und geht es dir gut, Jimin?", wollte er dann wissen und vergrub seine Hände in seinen Hosentaschen. Ich blickte ihn ein wenig prüfend an. Fast wäre mein Blick dabei von oben bis unten abschätzend über seinen Körper geglitten, doch ich konnte mich gerade noch von dieser Aktion, die ihn vielleicht wütend gemacht hätte, abhalten.

"Mir ist schwindelig.. mein Kopf.. tut mir weh..", antwortete ich, doch er fiel mir schon nahezu übergangslos ins Wort: "Das geht vorbei, glaub mir."

"Warum.. warum bin ich hier..?", wagte ich es die Frage zu stellen, die mir auf der Zunge brannte, seit ich meine Augen geöffnet hatte.

Der Mann blieb vollkommen regungslos. Er musterte mich eine Zeit lang einfach nur und holte dann tief Luft. Erneut verschränkte er seine Arme hinter seinem Rücken. Nervös fing ich an zu blinzeln und senkte meinen Kopf, als ich seinem durchdringenden Blick nicht mehr standhalten konnte.

"Dir wird nichts geschehen. Ich werde dir nichts Schlimmes tun, falls du das denkst", sagte der Mann mit einem Mal und meine Augen schnappten auf. Fragend und auch misstrauisch sah ich ihn an. Auch wenn seine Worte in mir Erleichterung hervorrufen sollten, schafften sie es nicht wirklich dieses flaue Gefühl in meinem Magen zu verdrängen. 

"Nichts.. Schlimmes..?", hakte ich zögerlich nach und als der Mann sich ruckartig in Bewegung setzte, um sich von mir zu entfernen, zuckte ich vor Schreck zusammen, aus Angst ich hätte nun doch zu viel gesagt und er würde nun wie wild über mich herfallen.

"Du wirst einfach nur das tun, was ich sage", meinte er, während er mir den Rücken zugedreht hatte. Und die Tatsache, dass er mich tatsächlich gegen meinen Willen hierher gebracht hatte und mich wahrscheinlich bewusstlos geschlagen hatte, machte mich so unglaublich wütend und gleichzeitig tat mein Magen seinen Missmut darüber ebenfalls kund, denn ich hatte das Gefühl, als müsse ich mich jeden Moment übergeben.

Dann drehte er sich plötzlich zu mir um und der aufkommende Würgereiz blieb mir im wahrsten Sinne des Wortes im Halse stecken. Ich schluckte hart. "Was haben Sie mit mir vor?", fragte ich ihn und war mir selbst in dem Moment nicht sicher, ob ich wirklich bereit war für seine Antwort.

"Ich brauche dich, um mein Experiment abzuschließen", antwortete er.

"Was ist das für ein Experiment?", hakte ich nach.

"Das musst du nicht wissen. Wichtig ist nur, dass du mitmachst und dich mir nicht widersetzt. Es ist ganz harmlos. Ich stimuliere deine kognitiven Funktionen mit Tests. Die Signale deiner Gedanken werden decodiert und in Algorithmen verwandelt", erklärte er absolut sachlich und ich starrte ihn mit großen Augen an. Momentan verstand ich nur Bahnhof und ich war mir nicht wirklich sicher, ob mir diese Information nun Angst bereiten sollte oder ob es tatsächlich nichts Schlimmes bedeutete.

"Und.. wenn ich dabei nicht mitmache?", brachte ich zaghaft hervor und meine dünne Stimme erweckte nicht gerade den Anschein, dass ich meine Frage in die Realität umsetzen würde. So sah der Mann das womöglich auch, denn ein Lächeln umspielte kurz seine Lippen.

"Dann wird dein Aufenthalt bei mir sehr kurz und gewiss auch sehr unangenehm für dich werden", erwiderte er ruhig, doch mit einem gefährlichen Unterton in seiner Stimme, der mir eine unbehagliche Gänsehaut bereitete.

"Und nun komm", fuhr er etwas freundlicher fort und wandte sich wieder von mir ab , um zur Tür zu laufen. "Ich möchte dir jetzt jemanden vorstellen."

K.I. --- YoonminWo Geschichten leben. Entdecke jetzt