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Am nächsten Tag saß ich erneut am Tisch im Atrium, als hätte ich niemals diesen Platz verlassen. Es wirkte absolut surreal, als wäre ich in einem nicht enden wollenden Albtraum gefangen, der mich immer weiter einen Abgrund hinabführte.

Vor mir lag ein Tablet, mit einer Liste von Aufgaben, das der Doktor mir übergeben hatte bevor er gegangen war. Ich führte meine Finger über den Bildschirm, um die Liste zu inspizieren. Ich sollte Rätsel lösen, logische Muster erkennen und abstrakte Denkaufgaben bewältigen.

Mit einem Seufzen begann ich mit der ersten Aufgabe. Meine Augen folgten den Anweisungen, die sich mir offenbarten, während ich versuchte, die verborgene Logik dahinter zu entwirren, und ein Gefühl der Frustration stieg in mir auf.

Die Atmosphäre war gleichermaßen beruhigend und beklemmend, und ich spürte die Anspannung in der Luft, als ich mich weiter auf meine Rätsel konzentrierte.

Langsam aber beharrlich arbeitete ich mich durch die Liste, wobei sich mein Denken immer mehr auf die abstrakten Muster und Logiken einließ. Ich konnte nicht anders, als mich fragen, ob diese Übungen tatsächlich einen tieferen Zweck erfüllten oder ob sie nur ein Mittel waren, um mich abzulenken oder zu testen.

Je mehr Zeit verstrich, desto mehr wurde mir klar, dass die Fragen mir überraschend leicht von der Hand gingen. Ich hatte erwartet, auf Herausforderungen zu stoßen, die mich ins Schwitzen bringen würden, aber zu meiner eigenen Überraschung schien mein Verstand regelrecht aufzublühen. Die logischen Muster und abstrakten Konzepte fanden beinahe intuitiv ihren Platz in meinem Denken, als hätte ich eine verborgene Begabung für derartige Denkaufgaben.

Ob es daran lag, dass meine Fähigkeiten außergewöhnlich waren oder ob die Aufgaben absichtlich so gestaltet waren, konnte ich nicht mit Sicherheit sagen. Dennoch konnte ich ein Gefühl der Genugtuung nicht leugnen, das sich langsam in mir breitmachte. Die kleinen Siege, die ich in Form von gelösten Rätseln einfuhr, verliehen mir einen Hauch von Stolz, den ich in dieser beunruhigenden Umgebung dringend nöig hatte.

Es war jedoch nicht nur der Triumph über die Aufgaben, der meine Stimmung hob. Ein unterschwelliger Gedanke, den ich versuchte zu unterdrücken, durchzog mich wie ein Schatten. Ich war froh über die vermeintliche Leichtigkeit dieser Aufgaben, nicht nur aus Selbstzufriedenheit, sondern auch aus Angst vor den Konsequenzen, sollte ich versagen.

Die Anwesenheit des Doktors, seine beherrschte Kühle und die unheilvolle Aura, die ihn umgab, hatten einen bleibenden Eindruck auf mich hinterlassen. Die Vorstellung, ihm in irgendeiner Weise zu missfallen oder seine Erwartungen nicht zu erfüllen, löste eine unbestimmte Furcht in mir aus. Es war, als ob ich in einem düsteren Schattenspiel gefangen war, in dem die Bedeutung meiner Handlungen weitreichender sein konnte, als ich es mir vorstellen konnte.

Mittlerweile gelangweilt, starrte ich irgendwann auf den großen Bildschirm, auf dem die wellenförmigen Linien von Yoongis Präsenz flimmerten. Die üblichen sanften Bewegungen schienen heute unruhiger zu sein, als ob irgendetwas auf der anderen Seite des Datenstroms seine Aufmerksamkeit gefangen hielt. Ein vages Gefühl der Neugierde regte sich in mir, doch ich beschloss, dem vorerst keine Beachtung zu schenken.

 "Jimin." Der Klang meines Namens ließ mich aufhorchen.

"Ja?", antwortete ich und richtete meinen Blick schnell auf das Tablet.

Yoongis Linien bewegten sich in einer Art, die fast einem Atemmuster ähnelte, als würde er nach den richtigen Worten suchen. "Du hattest erwähnt, mir von der Welt draußen zu erzählen, wenn ich dem Doktor nichts von unserer Unterhaltung sage. Und das habe ich nicht getan."

Ein selbstzufriedenes Grinsen schlich sich auf mein Gesicht, während ich die Situation erkannte. "Stimmt, das habe ich dir versprochen."

Ich erhob mich langsam, streckte mich und wandte mich dem großen Monitor zu. "Okay, fangen wir erstmal so an."

K.I. --- YoonminWo Geschichten leben. Entdecke jetzt