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Ich blickte verwundert zu Gonca. Wie konnte sie so etwas sagen?
„Ich liebe Hazar!", rief ich. Ich merkte wie die Wut mich überkam. Meine Cousine blickte mir vielwissend in die Augen. Sie nickte und widmete sich ihrem Kaffee.
„Wieso sagst du so etwas?" Ich war eine sehr nachtragende Person und überdachte alles, oftmals auch wieso etwas eine Person sagte, ob es stimmte oder nicht.
„Du wendest dich deiner Familie ab. Du hast Hazar. Ihr habt dieselben Probleme, aber ihr seid so unterschiedlich. Du bist reich und er-„ ich unterbrach ihr Wort. „Gonca, wie kannst du so etwas sagen? Spielt das eine Rolle? Nur weil meine Eltern reich sind? Na und?! Du willst Lehrerin werden, da kannst du schlecht deine Mitschüler nach ihrem Vermögen und Geld bewerten!" Ich wurde lauter und merkte, wie die Personen zu mir sahen.
Ich blickte Gonca noch mal kurz in die Augen und stand auf.
Sie rief mir hinter her, doch ich lief weiter. Es nervte mich. So sehr.
Ich lief zur Bibliothek und las mein Buch „Das Café am Rande der Welt", weiter und versuchte von der Realität abzutauchen.
Eine Stunde verging und ich hatte das Buch durch... Lächelnd las ich meine Lieblings  Zeilen..

"Um ganz wir selbst zu sein, müssen wir unser wahres Selbst zulassen. So einfach ist das. Es liegt nur an uns, wenn es schwer erscheint."
Danach schloss ich das Buch und stand auf. Meine Mutter hatte ich mich versucht zu erreichen.
„Anne?", ging ich ran. „Hilalim. Wo bist du?", fragte sie und ich hörte ihre sanfte Stimme. „Ich bin gerade aus der Bibliothek raus, komme nach Hause", sagte ich und sah zur Straße und guckte ob ein Auto kam.
„Okay, wir können zusammen was kochen. Ich bin auch früher aus der Arbeit.", sagte sie liebevoll.
Das machte sie immer, wenn sie merkte, dass ich mich von allem distanzierte.
Nach ungefähr fünf Minuten kam ich Zuhause an. Ich hörte schon wie meine Mama nach mir rief.
„Hi Anne", sagte ich und beobachtete, wie sie hin und her tanzte während sie ein Lied sang.
Als sie mich sah lief sie auf mich zu und umarmte mich.
„Alles gut?" Sie sah mich überprüfend an. Ich nickte. „Hilal, ich sehe es dir doch an. Was ist los?", ich seufzte. „Gonca hat dich angerufen oder?", fragte ich. Sie schaute weg. Meine Mutter konnte nie lügen. Weswegen sie es nicht mal probierte.
Ich kannte sie zu gut. „Sie hat sich Sorgen gemacht, als du weggegangen bist. Im Nachhinein hat es ihr auch leid getan. Du kennst doch Gonca.", lächelte sie.
„Erzähl mir mal was passiert ist",

„Sie hat die Liebe die ich gegenüber Hazar empfinde hinterfragt und darauf gedeutet, dass ich doch reich bin und er arm, sie hat darauf hingedeutet, dass ich zu toll bin für ihn", ich schüttelte verachtend meinen Kopf.
„Hilal, ich habe dich so erzogen, du weißt, dass es keine Rolle spielt, wie viel Geld ein Mensch hat. Du nimmst nichts von dem Geld mit, wenn wir eines Tages unter der Erde liegen. Deine Taten, deine Menschlichkeit, dass spielt eine wichtigere Rolle. Gonca ist nicht meine Tochter, ich kann ihr das nicht genau so gut reden, wie bei dir. Gonca hat es bestimmt nicht so gemeint.", sie sah mich an. „Aber weißt du? Ich liebe deinen Sturkopf, wenn dir etwas nicht passt, wie Wien Freiheitskämpferin.", sie küsste mich auf meinem Haaransatz und ich lächelte.
Meine Mutter widmete sich dem Essen zu. Gemeinsam bereiteten wir das Essen zu. Es gab Ofengemüse mit Hühnerbrust. Ich schnitt das Salat und bereitete das Dressing vor.
„Anne..", fing ich an. „Ja?", fragte ich. „Bist du auch so gegen Hazar? Findest du-" Sie ließ mich nicht ausreden. „Hilal, mein Schatz. Wenn du ihn wirklich lieben solltest, sollte es dir egal sein, was wer über ihn hält. Aber nur damit ich antworte und dir etwas Klarheit verschaffe, niemand ist wirklich gegen Hazar, nicht mal dein Vater. Du hast die letzten Tage einfach zu oft die Schule hängen lassen, da macht sich dein Vater nur sorgen. Er will nicht, dass du deine Zukunft wegen ihm gefährdest."

„Baba redet immer so als wäre ich nur dazu geboren gut in der Schule zu sein und zu studieren.", sie lächelte, ihr Lächeln war gebrochen. Es brach ihr das Herz, dass ich so von Baba redete.

„Egal was du machst, wir lieben dich Hilal. Für mich bist du meine Tochter, egal welche Note, egal wen du liebst...", sie lächelte. „Ich wünsche dir nur vom Herzen, dass du dich findest und mit dir im klaren bist. Von niemandem emotional abhängig bist. Du solltest dir selber reichen. Nicht mal deine Familie sollte in der Lage sein, dich zu verletzen. Aber bis dahin ist noch viel Zeit und Kraft, Hilalim. Du brauchst noch Zeit", meine Augen füllten sich mit Tränen.
Genau in dem Moment betrat Halil die Küche. „Selam", begrüßte er uns. „Oh, Hilal. Du hast den Weg zur Küche gefunden?", machte er sich lustig.
„Halil und Hilal, bevor ihr hier streitet könnt ihr Hicran abholen gehen aus dem Kindergarten.", sah sie uns warnend an. Seufzend ging ich auf mein Zimmer und schminkte mich nach. „Hilal!", rief Halil. Da er wusste, dass ich mich schminkte. Ungeschminkt fühlte ich mich nicht unbedingt wohl, da ich Rosazea hatte. Meine Wangen waren immer so rot, als hätte ich Sport gemacht.
Obwohl Hazar meine roten Wangen liebte, konnte ich mich mit ihnen nicht anfreunden.
Nach dem ich mit dem Concealer alles verdeckt hatte ging ich runter.
Halil sah in mein Gesicht und seufzte. „Du bist wunderschön, auch ohne dieses ganze", zeigte er auf mein Gesicht. Wir waren schon längst aus dem Haus und liefen die Straße entlang. Die Kita war direkt hier um die Ecke.
„Wann wirst du aufhören von dir wegzulaufen Hilal?", ich seufzte. „Halil..", sagte ich. Er schwieg.
In der Kita angekommen sahen wir Hicran mit ihrer Freundin spielen. Sie hatte sich komplett dreckig gemacht und ihre Haare waren wieder Mal zerstreut. Lächelnd beobachtete ich sie.
Als sie mich sah, lief sie auf mich zu und umarmte mich. „Und hattest du heute sehr viel Spaß?", fragte ich sie lächelnd. Sie nickte. „Sehr viel Spaß hatte ich", sagte sie. „Du Hilal", sprach mich die Erzieherin von Hicran an. Sie war auch meine damalige Erzieherin. „Ja?", ich blickte  zu ihr. „Sie lässt es nicht zu, dass wir ihre Haare binden", lächelte sie. Meine Mutter hatte immer gebeten, dass sie ihre Haare binden, doch mein Engel war sehr stur. Halil lachte nur darauf los. „Alles gut, ist kein Problem.", so verabschiedeten wir uns von der Erzieherin und verließen die Kita. Halil trug sie Hilal, während ich ihre Tasche hielt. Sie wurde wie eine Prinzessin verwöhnt. Lächelnd kamen wir zuhause an. Als meine Mutter Hicran sah, lachte sie darauf los, weswegen Hicran auch anfing zu lachen. „Kizim duscht du sie?", ich nickte. Hicran weigerte sich erstmals, doch ich setzte mich durch.
Ich war gegenüber ihr sehr liebevoll, doch konnte mich sehr gut bei ihr durchsetzen. Halil wiederum konnte ihr keinen Wunsch abschlagen.
So ging ich gemeinsam mit Hicran ins Bad, ich stellte die Heizung an und versuchte sie zu baden.
Irgendwann ließ ihre Geduld nach und sie spielte mit ihrer Ente. Sie war vor kurzem vier Jahre geworden, doch ihr Wortschatz war sehr ausgeprägt. Meine Mutter sprach mit ihr auf Deutsch, während mein Vater nur auf Türkisch mit ihr redete.
Sie konnte beide Sprachen gleich gut verstehen und reden.
Nach dem Baden kämmte ich ihre langen Haaren.
Danach föhnte ich sie.
Nach dem sie fertig angezogen war gingen wir runter. Mein Vater saß schon am Esstisch und redete mit meiner Mutter. „Hallo", grüßte ich ihn. Als ich ihn kurz ansah, sah ich die Reue in ihnen.

HILALWo Geschichten leben. Entdecke jetzt