9 | die Komplikationen

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„Ich wollte mich wegen gestern entschuldigen.", sprach ich die Situation von gestern an und blickte starr in sein Gesicht. Ja, der namenlose war gut im Bett, deshalb wollte ich nichts riskieren.

„Wofür?", er lehnte sich vor und tat so, als wäre nichts passiert. Tat er das extra oder meinte er das ernst?

„Ich hätte dich nicht küssen sollen, tut mir leid.", brachte ich zwischen den vielen Schlücken Kaffee heraus und versuchte mir ein Gähnen zu verdrücken. Ich wollte seriös wirken und ein Gähnen würde das Gegenteil bezwecken.

„Das erste mal, dass sich eine Frau dafür entschuldigt, mich geküsst zu haben.", entgegnete er, als wäre er sprachlos und schüttelte enttäuscht den Kopf. Seine Lippen zierte ein Grinsen, weshalb ich wusste, dass er nur Spaß machte, doch für mich war es keinesfalls Spaß.

Ich hatte Gründe für diese Regeln. Gründe, die mich davon abhalten sollten, soetwas Dummes zu tun.

„Ich muss zur Arbeit.", presste ich heraus, während die Stille zwischen uns gar stickig wurde. Ich stand auf, nahm meine Tasche, glitt in meine Schule und ging einfach aus meiner Wohnung heraus, ohne ihn einen letzten Blick zu würdigen.

Unten in meiner Tiefgarage angekommen, entschied ich mich, heute mit meinem schwarzen Mercedes zu fahren, weshalb ich einstieg und meine Tasche auf dem Beifahrersitz ablegte. Mit gekonnten Handgriffen verließ ich die Tiefgarage und ordnete mich in den Morgenverkehr ein.

Mit lauterer Musik bretterte ich die Straßen entlang und versuchte für ein paar Minuten, die Gedanken aus meinem Kopf zu vergessen. Bevor ich weiter zur Firma fuhr, hielt ich an einem Café, denn ohne mehr Koffein würde ich diesen Tag nicht ertragen.

Mit festem Blick auf mein Handy nahm ich mein Kaffeebecher und wollte aus dem Laden raus, doch genau vor mir fiel ein Teenager auf den Boden. Sein offener Kaffeebecher schleuderte durch die Luft, genau auf mich zu, aber in der letzten Sekunde konnte ich noch ausweichen und machte einen Satz zur Seite. Zufrieden strich ich über mein Kostüm und merkte keinen einzigen Fleck auf ihr. Genervt blickte ich den Teenie vor mir an und merkte, dass er geschockt an mir vorbei starrte.

Ich verfolgte seinen Blick und sah einen alten Mann mit Krückstock, der von Kopf bis Fuß mit der ekelhaft klebrigen Mischung übersäht war. Schockiert blickte er an sich herab, während ich grinste. Zum Glück war ich ausgewichen.

„Fräulein, wollen sie mir denn gar nicht helfen?", erzürnt und mit einer genervten Mimik starrte er mich an. Der Griff um mein Becher verstärkte sich und meine Mundwinkel sanken herab.

„Oh ja klar.", ironisch suchte ich mit meinen Augen im Raum nach Servietten und fand sie letztendlich, „Da sind Taschentücher. Viel Spaß euch."

Ein letztes falsches Lächeln legte sich auf meine Lippen, bevor ich den Laden verließ und einen schreienden alten Mann zurück ließ. Heilige Scheiße, wer verdammt nochmal hatte ihm erlaubt, so mit mir zu reden?

Geschmeidig glitt ich in meinen Sitz, fuhr zu meiner Arbeit und lief mit säuerlichen Blick durch die Flure. Jeder ging mir aus dem Weg, keiner wünschte mir guten Morgen und ich war glücklich darüber. Ich wollte wirklich nicht als Chefin "unnötig" vor allen ausrasten. Die Aufmerksamkeit der anderen war das letzte, was ich wollte.

Gerade wollte ich entspannt ausatmen, als ich merkte, dass ich alleine im Aufzug war, doch genau dann quetschte sich eine Hand zwischen die Aufzugtüren. Ich zerdrückte meine Finger, während ich sie in einer Faust hielt. War das wirklich ernst gemeint ?!

„Danke fürs Warten.", murmelte Silas und trat in den Aufzug ein. Ohne sein Blick ein einziges Mal zu heben, stellte er sich neben mich und wollte mir gerade ein entschuldigendes Lächeln schenken. Silas' Lippen formten sich zu einer Linie und er drehte seinen Kopf wieder nach vorne.

„Ich erwarte eine Entschuldigung.", sagte ich verbissen, drehte mich mit meinem Körper zu ihm und verschränkte meine Arme vor der Brust. Ich spürte, dass mein Blick vor Kälte strotzte und liebte es.

„Wie bitte?", presste er erschrocken heraus und schüttelte empört seinen Kopf, als hätte er mich nicht klar und deutlich gehört. Er stellte sich genauso wie ich, mir gegenüber und starrte mir mit eisernem Blick entgegen. Erst jetzt bemerkte ich, wie nah wir uns standen und kurz schweifte mein Fokus auf seine Lippen, doch ich fing mich schnell.

„Du hast mich gehört.", ein provokantes Grinsen legte sich auf meine Lippen und ich lehnte mich zu ihm vor, „Du willst doch nicht an deinem zweiten Arbeitstag deine Chefin verärgern, oder Silas?"

Meine Worte trafen ihn und er schien zu überlegen, was er jetzt sagen sollte. Er biss sich auf die Lippen und spannte seine Schultern an. Manchmal war es praktisch seinen Status, seinen Ruhm und das ganze Geld für etwas wirklich sinnvolles einzusetzen. Ja, das hier gerade -diese Unterhaltung- war in meinen Augen sinnvoll.

Bevor er etwas erwidern konnte, blieb der Aufzug stehen und wir blickten beide zur Tür. Verwirrt blickte David zwischen Silas und mir hinter mir. Da ich mich noch zu Silas gebeugt hatte, sah dieser etwas ertappt aus und ich lachte leise über seine Reaktion. Er sah so aus, als hätte uns David bei sonst was erwischt!

„Verführst du jetzt schon deine Angestellten, Alyssa?", meinte er, während er in den Aufzug stieg und sich rechts neben dich stellte, sodass ich wortwörtlich zwischen zwei Mauern eingeklemmt war. Beide waren wirklich muskulös und ließen mir nicht viel Freiraum.

„Ein bisschen Spaß kann doch nicht schaden.", neckend blickte ich zu dem geschockten Silas und zwinkerte ihm zu. Herrlich. Irgendwie fand ich diese Schüchternheit bei ihm echt anziehend und heiß, aber das würde ich ihm niemals sagen.

„Sag Bescheid, wenn ich dich retten soll.", sagte David zu Silas und lachte, bis ich ihm einen scharfen Blick zu warf.

„Er braucht keine Rettung.", murrte ich und schubste David leicht weg, da er sich vorbeugte zu Silas.

„Vielleicht brauch ich die doch.", murmelte Silas vor sich hin, weshalb unsere beiden Gesichter zu Silas schnellten. Dieser blickte ertappt drein und erwiderte das Grinsen von David. Mein Blick fokussierten seine strahlend weißen geraden Zähne und ich verliebte mich direkt in sein Lächeln. Es war wirklich schön.

„Pass lieber auf, Colgate Werbung auf zwei Beinen.", ich schmollte leicht und drehte mich wieder zu der Aufzugtür. Die zwei waren wirklich keine gute Kombi.

Colgate Werbung? Meinst du die Zahnpaste Werbung?", erschrocken blickte mich Silas an und in der nächsten Sekunde ertönte sein lautes schönes Lachen, weshalb ich meine Augen verdrehte, aber mein Grinsen nicht verdrücken konnte. Beim Lachen berührte sein Arm aus Versehen meines und ich zuckte zusammen, weil das so unerwartet war.

„Genug gelacht?", fuhr ich ihn an und fragte mich innerlich, wann er endlich aussteigen musste. Als hätte jemand meine Gebete erhört, blieb der Aufzug stehen und er verabschiedete sich von David, der immer noch nah neben mir stand.

„Auf Wiedersehen.", Silas widmete sich mir und lächelte wieder, als würde er die Situation von gerade eben wieder vor seinen Augen sehen. Oh man, er würde mich wegen dem Spitznamen bis zu meinem Lebensende aufziehen.

„Magst du ihn?", Davids Frage ließ mich aufschauen und ich sah ihn verwundert an. Er kannte mich seit Jahren und sollte eigentlich wissen, dass ich für niemanden Gefühle habe oder ihnen meine Emotionen je mitteilen würde.

„Er arbeitet hier. Du kennst meine Regeln, David.", kläffte ich mit einem wohl zu harschen Ton, denn er zog seine Augenbrauen skeptisch zusammen. Ich mochte David, aber konnte neugierige Menschen, die ihre Nase in alles reinsteckten, nicht leiden.

„Wieso hast du dann so verblödet gegrinst, als er gegangen ist und dich davor so angeschaut hat? Wieso standest du ihm näher als anderen Menschen? Wieso schaust du ihn so intensiv an?", listete er mir die "Gründe" auf, die wohl beweisten, dass ich "Gefühle" für Silas hatte. Dabei hatte das David nichts zu interessieren.

„Mach dich nicht lächerlich.", brummte ich genervt und war echt dankbar, da er das Thema endlich abschloss. Der Aufzug hielt an und wir liefen zusammen in mein Büro.

Auf in ein unangenehmes Gespräch mit David, welches alles andere als geplant verlief!

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