Krümelmonster und kleine Ausreißer
Januar 2013
Irgendwo im Taunus, Deutschland.
LUCHY.
Warm empfing mich der Duft von Pferden und frischem Heu. Außerhalb des Stalls war es noch klirrend kalt, sodass jedes Lebewesen liebend gerne in die Wärme flüchtete. Ein paar Pferde wieherten mir schon unruhig zu, als ich die Tür zur Futterkammer öffnete. Die Paint Horse Stute Lovley sah bereits neugierig aus ihrem Fenster und machte einen langen Hals, um an den Eimer zu kommen. Ich füllte ihren Trog mit Futter und die Scheckenstute stürzte sich gierig darauf. Während die Braunschecke bereits fraß, fütterte ich Fariyah Amazir. Die Rappstute mit dem leuchtend blauen Auge, war um einiges geduldiger als ihre Boxennachbarin. So warte sie höflich, bis ich die Box wieder verlassen hatte, bevor sie die Schnauze in den Hafer senkte. So fuhr ich fort mit meiner Arbeit, bis alle Pferde in diesem Stalltrakt ihr Futter hatten.
Im Anschluss sperrte ich den Hof so weit ab, dass ich die Tiere auf die Koppel lassen konnte. Die beschlagenen Hufe klapperten metallisch, als ich die Stuten allmählich auf die Stallgasse hinaus ließ, wo sie warten mussten, bis ich das große Tor öffnete. Die Vierbeiner freuten sich trotz der niedrigen Temperaturen auf ihren Auslauf und die frische Luft. Allen vorweg liefen Scalina und Floke. Die beiden Ponystuten waren ein Herz und eine Seele und standen aufgrund Scalis deutlicher Art an der Spitze der Herde. Das Schlusslicht hingen, bildete das größte Pferd in meinem Bestand, Uschi. Die Kaltblutstute trotte in einem gemütlichen Schritt hinter den anderen Stuten hinterher und erkundete noch neugierig die Büsche abseits des Zaunes. Nachdem auch das letzte Pferd der Herde die Wiese erreicht hatte, schloss ich das Tor hinter ihnen und überließ sie ihrem Drang nach Bewegung. Danach ließ ich noch die Hengste und Wallache auf dieselbe Weiße auf ihre Koppel.
In Stall hatte ich nur eine Stute zurückgelassen. Liliada führte ich aus der Box und band sie auf der Stallgassen an. Die Vollblutstute schien die Massage zu genießen und döste ein wenig vor sich hin. Am Ende hatte das kurze, dunkle Haar einen seidigen Glanz, der wunderschön ihren trainierten Körper betonte. Unter den brauen Sattel der Stute entschied ich die neue fliederfarbene Schabracke zu legen. Die helle Schabracke bildete auf dem Pferd einen wunderschönen Kontrast und fügte sich wunderbar in das Gesamtbild ein.
Mit Lila ritt ich durch das Kiefernwäldchen, welches sich links des Hofes erstrecke. Der gewählte Weg führte erst ein wenig den Hügel hinauf, bis sich an seiner Kuppe die Bäume lichteten und in derzeit kahle Felder überging. Ein leichter Frost, der noch auf allem lag, ließ die Umgebung verwunschen glitzern, zeugte aber dennoch davon, dass der Winter allmählich ein Ende nahm. Wir kehrten nach einer knappen Stunde zu dem Hof zurück, der allmählich von der seichten Wintersonne aufgewärmt wird. Lila wieherte seicht, wobei helle Wölkchen ihres Atems in die klare Luft emporstiegen. Von dem Koppel ertönte sogleich eine mehrstimmige Antwort. Ich liebte es, wie sehr sich die bunt zusammengewürfelte Herde verstand.
Infolgedessen, dass ich die dunkelbraune Stute abgesattelt und auf die Weide gebracht hatte, begann ich die Hinterlassenschaften und nassen Strohstellen aus den Boxen zu sammeln, um diese im Anschluss neu einzustreuen. Bevor ich die Stallgasse von den Spuren meiner Arbeit befreite, verteilte ich das Futter für heute Abend in den Boxen.
An der Koppel beobachte ich, wie die beiden Schimmelponys, Floke und Scotty, ausgelassen über die Wiese tobten, bevor ich Amazir holte. Die ungarische Stute konnte schnell geputzt werden, da sie eine Decke trug. Motiviert schritt die Dunkle voran, aufmerksam und stark am Sprung, sodass eine kurze Trainingseinheit ausreichte, um die Grundlagen zu festigen.
Nachdem ich sie wieder zu den anderen auf die Weide gebracht hatte, lief ich auf die andere Seite des Hofes, wo die Hengste ihre Wiese hatten. Ich pfiff kurz und schon kamen zwei, der drei Pferde an getrottet. Der jüngste unter ihnen war abgelenkt von einer gefrorenen Pfütze und bekam nicht mit, was geschah. So holte ich den kleinen Isländermix an dieser ab, bevor er noch mit der Zunge dort festfrieren würde. Ich streichelte den Kleinen kurz über das flauschige Fohlenfell, bevor ich ihn halfterte. Mit dem jüngsten im Schlepptau holte ich dann auch noch mein Reitpferd Fight to your Right. Ich band die beiden auf der Stallgasse an und begann, den großen Warmblüter zu putzen. Es dauerte länger als sonst, da ich den kleinen Ponymix immer wieder davon abhalten musste etwas anzufressen.
Mit Sinorabis als Handpferd ritt ich Fight to your Right schließlich vom Hof. Fighter war heute ein wenig spritzig, weshalb ich mich für die Strecke entschied, wo wir viel traben konnten. Der weiche Boden federte angenehm unter den Hufen des Hengstes und das Tempo schien ihm keinerlei Schwierigkeiten zu bereiten. Noch hielt das Fohlen gut mit und ich war zuversichtlich, dass er auch einen Galopp mithalten würde. Ich gab dem Warmblut die Galopphilfen und noch bevor Fighter im Galopp war, preschte Rabi an ihm vorbei und riss mir dabei den Strick aus der Hand. Erfreut über die neu gewonnene Freiheit tollte der Kleine ausgelassen auf der Wiese herum, als sei es die gewohnte Koppel. Sofort parierte ich Fighter wieder durch, doch das Fohlen dachte nicht einmal daran, langsamer zu werden, schlug sogar noch einen Haken, um in großen Bogen an und vorbeizuflitzen. Also ließ ich den Braunen wieder angaloppieren. Der Hengst holte immer weiter auf und als wir auf gleicher Höhe mit dem Ausreißer waren, beugte ich mich wagemutig zur Seite und bekam den Strick des Fohlens zu fassen. Mit Sinorabis zurück in meiner Kontrolle parierte ich Fighter wieder durch und lobte ihn ausgiebig, dann trabte ich mit den zweien ohne weitere Zwischenfälle zum Hof zurück. Direkt an der Koppel sattelte ich Fighter ab und entließ beide Pferde wieder auf ihre Koppel.
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Canadian Diary - Band 1
Short StoryKurzgeschichten aus dem Leben der Bewohner vom Whithorse Creek Stud.