Teil 2

224 9 0
                                    

Schon von weitem siehst du die Stadt Imladris. Doch auch dir ist nicht entgangen, dass sich in den letzten Jahren ein dunkler Schleier über sie gebreitet hatte. Und deswegen bist du auch hier. Die Elben werden sich aus Mittelerde zurückziehen, da es ihnen als den ersten Wesen von Mittelerde gestattet ist, in den Westen zu den Valar zu segeln.

Dein Onkel hatte dich gebeten am Ringrat teilzunehmen, denn er hatte immer viel auf deine Meinung gegeben. Vor zwei Wochen hatte er dich eingeladen, da du aber deinem Vater noch helfen musstest in dem Dorf nicht weit von dir am neuen Dorfgemeinschaftshaus mitzubauen konntest du nicht früher losgehen. Selbstverständlich hatte er dir auch mitgeteilt, dass Aragorn da sein würde.

Den steilen Bergpfad hinunter steigst du von deinem Pferd Tuilindo ab und führst ihn sicher hinab. Unten angekommen staunst du wieder über die Schönheit und den Zauber, der über diesem heimischen Haus liegt. Lindir tritt dir entgegen und begrüßt dich freundlich: „Annan le ú-gennin. Glassen achened le, Luthien.“ (Ich habe dich seit langer Zeit nicht gesehen. Es ist mir eine Freude, dich wiederzusehen Luthien) „Mae govannen, Lindir“, antwortest du. (Sei gegrüßt, Lindir) In einer langen Umarmung endet eure Begrüßung und Lindir ruft einen Stallburschen herbei, dem er aufträgt, sich um dein Pferd zu kümmern. Es kommt ein schwarzhaariger Elb angelaufen und nimmt dir Tuilindos Zügel aus der Hand und führt ihn in den Stall.
„Und ich führe dich zu Elrond“ meint Lindir. „Gerne“ entgegnest du mit einem Lächeln.

Ihr geht eine große Treppe nach oben und dann durch die weiten Gänge von Elronds Palast. Am Ende eines Flures siehst du ihn stehen und als Elrond sich umdreht und dich bemerkt geht er dir entgegen. Auch ihr begrüßt euch freundlich, da euer letztes Treffen schon über ein Jahr zurückliegt.
Nach eurer Begrüßung teilt er dir mit, dass du noch drei Tage bis zum Ringrat Zeit hast und Bruchtal genießen kannst. Er fragt nach deinem Vater und deinen Tätigkeiten in der letzten Zeit und du erklärst ihm deine Beschäftigung am Dorfgemeinschaftshaus. Deinerseits fragst du noch nach Arwen um mit ihr über ihre Zukunft zu sprechen, denn du weißt, dass Elrond sie gerne in den Westen segeln sehen würde. Sie ist deine Cousine und du kennst sie seit deiner Geburt, da du ein paar Jahre älter bist, als sie es ist. Er sagt dir, dass sie vor einer halben Stunde in den Garten gehen wollte und du kannst dir nun denken, wo sie ist.

In Elronds wundervoll angelegten Gärten hatte Arwen nämlich einen Lieblingsort gefunden. Es war am Rand des Tales, direkt neben einer senkrechten Felswand noch oben. Aus der Wand entsprang ein kleiner Wasserfall, der in kleinen Kaskaden sich ein Flussbett gegraben hatte. Aber Fluss konnte man das nicht nennen. Es war eher ein Bach, etwa zwei Meter breit. Über diesen Bach zogen sich in unregelmäßigen Abständen kleine, reich verzierte Brücken und daneben waren oftmals Bänke aufgestellt. Auf einer dieser Bänke siehst du nun Arwen sitzen, doch sie ist nicht allein. Ein Lächeln huscht dir übers Gesicht, als zu erkennest, wer neben ihr sitzt. Es ist Aragorn. Doch als du in Arwens Gesicht blickst erstarren deine Gesichtszüge, sie weint.
Vermutlich hat sie Aragorn vom Wunsch ihres Vaters erzählt. Dieser liebt sie zwar, doch hatte er immer wieder gesagt, sie solle mit ihrem Volk in den Westen ziehen. Es wäre das Beste für sie beide.
Auch Aragorn sah nicht glücklich aus, doch wusste er, dass diese Liebe auf Dauer keinen Bestand haben könnte. Arwen ist unsterblich, er zwar ein Dunedain aber immer noch nur ein Mensch. Seine Zeit wird vergehen, aber Elrond würde es nicht ertragen seine Tochter zu verlieren. Er würde seine Familie in den unsterblichen Landen gerne wieder vereint sehen.

Du wendest dich von ihnen ab, da du sie in diesem Moment nicht stören möchtest und beschließt die beiden noch einmal anzusprechen. Also gehst du in den Stall und siehst nach Tuilindo. Der Stallbursche hatte ihn gut versorgt, aber etwas anderes hattest du dir auch nicht vorstellen können. Du streichelst ihn zum Abschied ein wenig und machst dich auf in die Bibliothek. Bei deinem letzten Besuch hattest du eine sehr alte Schrift in der Sprache der Valar gefunden, aber da nur noch sehr wenige, heute in Mittelerde lebende Wesen dieser mächtig sind, beschlossest du, sie für Elrond und die kommenden Generationen zu über setzen.
Den ganzen Tag sitzt du über die alten Schriftrollen gebreitet und lässt dich durch nichts stören. Doch plötzlich lassen dich die Zeilen aufhorchen. Sonst ähnelt der Text eher dem von Geschichtsschreibern aber es folgt so etwas wie ein Gedicht. Ungewöhnlich. Du übersetzt die Verse ins Elbische und in die Sprache der Menschen und sie erinnern dich ein wenig an dein Leben. Darin heißt es, dass sich gute und böse Mächte gegenüberstehen und kämpfen. Die Welt wird während dieses ewigen Kampfes nicht in Frieden leben können. Nur die Liebe, die von den Valar kam, wird den Guten zum Sieg verhelfen. So können unsere Nachkommen in einer besseren Welt leben.
Die übersetzten Worte bewegen dich, hast du weder Liebe, noch Frieden tief in deinem Herzen. Du hoffst, dass du beides irgendwann finden wirst, aber diese Hoffnung ist in letzter Zeit, da sich das Dunkle in Mittelerde ausgebreitet hatte immer weiter in die versunken. Du musst an Falean denken und wirst wieder traurig. Aragorn hat dir in solchen Phasen immer geholfen aber da du erst jetzt bemerkst, dass die Sonne schon lange untergegangen ist, beschließt du, ihn morgen zu suchen. Du gehst in das Zimmer, das dir immer bei deinen Aufenthalten in Bruchtal zur Verfügung gestellt wird und legst dich schlafen.

Aragorn in Bruchtal / Seine "Schwester" und die große LiebeWo Geschichten leben. Entdecke jetzt