Kapitel 1

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„Rose!",hörte ich meine Mutter von unten rufen. „Ich komme gleich", antwortete ich schnell. Ich stand zum letzten Mal aus meinem Bett,naja zumindest was noch davon übrig war,denn eigentlich lag nur noch eine Matratze da, auf und king zu meinem Koffer, der die letzten Tage als mein provisorischer Kleiderschrank diente. Ich entschied mich für etwas bequemes. Schließlich hatte ich noch eine lange Autofahrt vor mir. Eine schwarze Leggings und ein weißes T-shirt mitzwei roten aufgestickten Rosen schien mir passend. Als ich die Treppehinunterging strömte mir der Geruch von frisch gebackenen Pancakesin die Nase. Als ich kleiner war, hat meine Mutter mir jeden Morgen Pancakes gemacht, ich habe es geliebt und tat es auch immer noch.

Meine Mutter war der wichtigste und auch der einzige Mensch in meinem Leben. Außer ihr hatte ich niemanden mehr. Meine beste Freundin ist vor einem Jahr aus der Stadt gezogen und viele Freunde hatte ich nicht. Ich hatte mich nach dem Tod meines Vaters viel zurückgezogen und mir dadurch viele Freundschaften zerstört oder überhaupt keine neuen schließen können. Ich zog den weißen Stuhl zurück und setzte mich zu meiner Mutter an den Tresen.

„Bist du sehr aufgeregt?", fragte sie mich, als ich mir gerade dieFlasche Ahornsirup nahm und über meine Pancakes fließen ließ.„Schon, ja", mehr brachte ich nicht hervor. Sie griff über den Tisch und legte ihre Hand auf meine und schaute mir mitfühlend in die Augen. „Ich weiß, wie aufgeregt du bist. Aber du schaffst das. Du schaffst alles, wenn du nur fest daran glaubst." Diese Worte aus  ihrem Mund zu hören beruhigte mich und gab mir Mut. Der Gedanke daran, dass dieses gemeinsame Frühstück vorerst das letzte gewesen war, machte mich unheimlich traurig, doch ich hatte zu lange auf diesen Tag gewartet und zu hart dafür gearbeitet, um jetzt alles weg zu werfen.

Nach dem letzten Bissen, nahm ich meinen Teller und stellte ihn die Spüle.„Ich mache mich schon einmal fertig für die Fahrt", sagte ich zu
meiner Mutter. Sie lächelte und nickte mir zu, dann drehte ich mich um und ging die weiße Holztreppe hinauf in das Badezimmer und sprang unter die Dusche. Die Wärme lockert meine Anspannung ein wenig.

Als ich zurück in mein Zimmer ging, schminkte ich mich dezent und föhnte mir meine Haare.

„Rose! Wir müssen los!", sagte meine Mutter nach einiger Zeit und stand in der Tür. Sie nahm meinen Koffer und trug in aus meinem Zimmer. Ich packte noch schnell die letzten Sachen in einen kleinen Karton unter anderem auch ein Foto von mir, meiner Mutter und meinem Vater. Es ist jetzt schon zwei Jahre her, dass mein Vater durch einen schweren Autounfall ums Leben kam. Ein anderes Auto kam auf seine Spur und mein Vater kam von der Straße ab und stürzte einen Hang hinab.Er überschlug sich mehrfach und die Ärzte konnten nichts mehr für ihn tun. Ich habe mir die Schuld dafür gegeben, weil mein Vater derjenige war, der mich Abends von einer Party bei einer Freundin abgeholt hat. Ich habe ihn überredet hingehen zu dürfen und er hatschließlich nachgegeben. Meine Mutter und ich waren am Boden zerstört und wussten nicht, wie wir weiter leben sollten. Katherine,die Freundin meiner Mutter, unterstütze uns, wo sie nur konnte, war für mich da, wenn meine Mutter es gerade nicht konnte. Ich war unter therapeutischen Behandlung. Nach ungefähr anderthalb Jahren kamen wir langsam wieder zurecht und lernten damit zu leben und nach vornezu sehen. Doch das Thema ist immer noch präsent und wirft mich des Öfteren wieder aus der Bahn.

Könnte er doch nur hier sein und mich zusammen mit meiner Mutter bei diesem großen Schritt begleiten. Ich packte das Foto in den Karton und dazu noch ein paar andere Sachen mit hinein. Es hatte ewig gedauert, mir Fotos anzusehen oder über ihn zu reden, ohne das mir
direkt die Tränen liefen. An meiner Zimmertür drehte ich mich noch ein letztes mal um, ließ meinen Blick noch einmal durch mein Zimmerstreifen und schwelgte noch einmal in Erinnerungen an meine Kindheit, bis ich die Tür schließlich hinter mir schloss und nach unten zum Auto ging. Wir packten die letztens Kartons in den Kofferraum meines Autos. Meine Mutter stieg in ihr Auto und fuhr los. Mit einem letztenBlick, auf unser Haus, stieg auch ich in meinen roten Mini und folgte ihr.

Wir fuhren gute 3 Stunden, bis ich die Stadt erkennen konnte. Die hohen Häuser und der „Space Needle" von Seattle beeindruckten mich noch genauso, wie beim ersten mal. Nach einiger Zeit entdeckte ich die kleine Straße, in der es zu meinem Apartment ging. Diese Stadt war so wunderschön und ich freute mich auf die Zeit die ich hier verbringen konnte. Wir parkten die  Autos auf einem kleinen Parkplatz in unmittelbarer Nähe zu meinem Apartment. Als wir die Kartons ausgeladen hatten. Beschlossen wir, uns in ein kleines Café nicht weit entfernt von meinem Apartment zu setzen, bevor meine Mutter zurück nach Hause fuhr. „Du wirst doch morgen direkt nach deinem ersten Tag anrufen oder?" „Natürlich, Mum, du würdest mir ja gar keine Wahl lassen", sagte ich, lächelte sie an und rührte weiter in meinem Tee herum. „Wohl wahr", lachte sie.

Als ich meine Mutter am Auto verabschiedete, war es um sie geschehen, ich hatte schon den ganzen Tag gemerkt, dass sie ihre Tränen zurück gehalten hatte. „Dein Vater wäre so stolz auf dich, Rose",sagte sie mit Tränen in den Augen. „Mum", flüsterte ich. „Und ich bin genauso stolz auf dich meine liebe Rosalie Charlotta Edison",schluchzte sie. Nicht oft sagte sie meinen kompletten Namen. Ich bevorzugte lieber die kurze Form und stellte mich auch immer nur als Rose vor. „Ich hab dich lieb, Mum", sagte ich mit Tränen in den Augen und schloss sie fest in die Arme. „Ich komme dich sobald wie möglich besuchen" ,flüsterte ich ihr ins Ohr und hoffte, sie damit etwas beruhigen zu können. „Mach's gut mein Schatz",antwortete sie und streichelte lächelnd und mit tränen unterlaufenden Augen über meine Wange. Dann drehte sie sich um und stieg in ihr Auto.

Als sie losfuhr winkte sie mir aus dem Auto zu und dann stand ich alleine vor meinem Apartment. Es war wirklich passiert. Ich lebte in Seattle.In der Stadt meiner Träume. Ich war alleine in einer Großstadt. Mein Leben würde sich um 360 Grad drehen. Mein Leben begann jetzt. Ich brauchte ein paar Minuten um das zu realisieren. Ein paar Leute gingen an mir vorbei und sahen mich mit merkwürdigen Blicken an. Ich stand bestimmt fünf Minuten ohne jede Regung da, bis eine besorgte Frau auf mich zukam und mich fragte, ob alles in Ordnung sei. Als ich nickte lächelte sie und ging mit ihrem kleinen Hund weiter. Ich drehte mich schließlich um und ging in mein Apartment.

Ich öffnete die Tür und ließ den Blick über dieses leere Apartment schweifen.... Alles war still. Die Stille beunruhigte mich und ich schaltete die Musik ein und begann noch weitere Kartons auszuräumen. Während Ellie Goulding zu ihrem Song „Love me like you do" sang. Ich schaffte zwei Kartons, dann setzte ich mich auf mein Bett, schnappte mir meinen Laptop und begann damit, meine Emails zu checken. Eine  war von  Ella.

Ella:Hey Süße,ich hoffe du bist gut in der Stadt deiner Träume angekommen. Sag                                     Bescheid, wenn es irgendetwas gibt, dass ich wissen sollte.

Hab dich lieb.

Sie ist wahrscheinlich die einzige, mit der ich trotz der schwierigen Zeit mit meinem Vater, befreundet geblieben bin. Sie hatte mich einfach nicht gehen lassen und kam immer wieder. Sie hatte so viel Verständnis gezeigt und dafür bin ich ihr noch heute dankbar. Ich schrieb ihr zurück und legte meinen Laptop zur Seite und beschloss, mir etwas zu essen zu suchen. Für heute musste ich mich mit Tiefkühlpizza anfreunden, was ich nicht gerade schlecht fand. Würde meine Mutter es jedoch sehen, würde sie wahrscheinlich wieder zu mir fahren und mir irgendwas kochen und wir währenddessen eine Predigt darüber halten, wie ungesund Tiefkühlpizza dich sei. Doch für diesen Moment war mir das ziemlich egal.
Ich setze mich in mein Bett, welches ich vor einigen Tagen schon mit meiner Mutter aufgebaut hatte und schaute dabei eine Folge „Friends" auf meinem Laptop.

Ein  aufregender Tag ging zu Ende und morgen ist der nächste besondere Tag. Ich habe mich in einer Verlagsbranche hier in Seattle beworben und habe Luftsprünge gemacht als ich eine Bestätigung erhielt. Das war ein weiterer Schritt zu meinen Traum. Nach einiger Zeit, beschloss ich schlafen zugehen. Ich legte den Laptop auf einen Karton, der neben meinem Bett stand, brachte meinen Teller in die Küche und ging zurück in mein Bett. Ich merkte wie erschöpft ich von dem Tag war und schlief direkt ein.

Das Seil aus der DunkelheitWo Geschichten leben. Entdecke jetzt