Keinen Zentimeter(Clueso)

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„Ich hätte gerne den Liebesbecher", sagst du zu der Bedienung, welche nur irritiert zwischen uns beiden hin und her schaut, doch wagt sie nichts dazu zu sagen. Es ist schon sonderbar, dass es immer noch nicht gern gesehen wurde, wenn Männer miteinander ausgingen. Mittlerweile gab es doch so viele Schwule, wieso sah man uns dann immer noch so an, als wären wir etwas Abnormales?

„Und dann nehme ich noch eine Flasche Prosecco und zwei Gläser, nicht wahr Eita?"

„Meinetwegen" grummele ich und befürchte schon das der kleine Idiot mich noch mein letztes Hemd kosten würde „du bist unmöglich. Immer musst du so übertreiben, Shirabu", sage ich und schaue der Frau hinterher, welche mit ihrer Kollegin tuschelte.

„Du hast mich eingeladen und ich habe gesagt, dass ich es mir gutgehen lassen werde, denn immerhin bist du sonst nicht so spendabel."

„Hö? Woher willst du das denn wissen?", meine ich dann und schaue ihn an, wobei mir auffällt das er leicht rot geworden ist.

Ich will keinen Zentimeter mehr zwischen uns. Ein Fleck ohne Kontur. Ich will einen Anfang mit mehr Tiefe, mit mehr Hintergrund. Ein Ende ohne Zensur.

Nach einer Weile des Schweigens kommt die Bedienung wieder zurück zu unserem Tisch und stellt einen übertrieben großen Eisbecher auf den Tisch, dazu eine Flasche Prosecco und zwei Gläser. Der Tisch wirkt auf einmal noch kleiner als dieser eh schon war.

„Ich denke zwei Löffel waren richtig, oder?", meint sie dann und schaut zu mir rüber. Ihre Augen mustern mich und ich sehe ihre kleinen grauen Gehirnzellen rattern, sicherlich fragt sie sich, wieso ich schwul bin, oder ob sie das nur falsch verstanden hat.

Und wir liegen, nicht weit von unserem Leben. Ich kann in deinen Augen lesen. Frei und noch entspannt. So frei und noch entspannt.

„Ja, zwei Löffel waren richtig. Ich danke Ihnen", höre ich dann dich sagen und das nächste was du sagst, lässt mir augenblicklich die Röte ins Gesicht schießen „Lass und essen. Soll ich dein Glas auch voll machen, mein Schatz?"

Dann nimmt sie ihren Blick von mir, dreht sich um und geht. Verdammt, Shirabu wieso sagst du sowas? Hat der Kerl etwa keinerleiTaktgefühl, noch weniger als ich, oder was? Warum hat er das denn nur gesagt?

„Was soll das?", frage ich, doch bedanke ich mich für das Glas, welches du mir reichst. Deine Augen haben einen merkwürdigen dunklen Ton angenommen, du wirkst sauer, habe ich dich etwa verärgert? Gott, ich verstehe die Gefühle von anderen einfach nicht, ich werde nicht daraus schlau.

Ich würd'gern mit dir mehr, viel mehr, mit dir mehr unternehmen.

„Sie hat dich an geflirtet", stellst du klar und schiebst dir einen Löffel Eis in den Mund, wobei du danach deine Backen beleidigt aufbläst. War er etwa...

„Du bist eifersüchtig?"

„Bin ich gar nicht", dabei leerst du dein Glas in einem Zug und schaust peinlich berührt in den Eisbecher.

„Bist du wohl", fange ich an zu lachen und mustere dich amüsiert „wie süß!"

„Gar nicht", schnaubst du „ich bin nicht eifersüchtig", murmelst du, in deinen nicht vorhandenen Bart.

„Und wie du das warst. Aber wenn du es ja nicht bist, dann kann ich sie ja nach der Telefonnummer fragen."

„Fick dich, Semi. Ohne scheiß fick dich einfach!"

„Ich mich? Vielleicht sollte ich eher dich ficken, hm?"

Ich will keinen Zentimeter mehr zwischen uns. Ein Fleck ohne Kontur. Ich will einen Anfang mit mehr Tiefe, mit mehr Hintergrund. Ein Ende ohne Zensur. 


Die Melodie meines Lebens - SemiShiraWo Geschichten leben. Entdecke jetzt