Kapitel 11

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Wieder zurück in meinen normalen Klamotten liege ich in Damians Hängematte und schaukle leicht hin und her. Allison und Mira haben es sich auf dem Bett bequem gemacht und tuscheln angeregt (ihre Blicke, die sie mir ab und an zuwerfen, bedeuten nichts gutes) (ich hoffe nur, dass sie nicht nochmal mit so einer Idee wie gerade eben ankommen). Damian hat Henry hinter das Sofa verfrachtet und redet dort leise auf ihn ein (und auch er schaut ein paar Mal zu mir herüber, aber ich vertraue ihm gerade mehr, dass er nicht mit einer total bescheuerten Idee daherkommt).

(Aber dann erinnere ich mich wieder an seinen sogenannten 'Masterplan', den er entwickelt hat als wir 13 waren, um ein Mädchen zu beeindrucken, welcher schlussendlich dafür gesorgt hat, dass wir Hausverbot in einem Restaurant bekommen haben und mein Vertrauen in Damian sinkt wieder.)

Natasha hat sich einen Sessel neben meine Hängematte gezogen und schickt mir kichernd memes, obwohl sie literally einen halben Meter von mir entfernt ist und sie sie mir auch einfach zeigen könnte (und obwohl sie eigentlich ein Werk von Shakespeare weiterlesen müsste, da sie es bis zu ihrer nächsten Englischstunde fertig haben sollte).

Ich schalte schließlich mein Handy einfach auf stumm, schließe die Augen und atme tief und entspannt durch, da meldet sich mein WPA wieder. Ich seufze tief und als mir Natasha einen fragenden Blick zuwirft, sage ich erklärend: "Ich mutiere wieder zum bad boy." Und genau das mache ich dann auch, springe auf die Beine und werfe mich in eine heldenhafte Pose. "Amelia braucht mich, das spüre ich! Halte durch, baby!", rufe ich laut und sprinte dann ohne Verabschiedung zur Tür hinaus.

Ich renne die überaus lange Allee von Damians Haus hinunter und bin dann abwechslungsweise mal froh darüber, dass sich mein WPA dazu entscheidet, mich doch zu dem Ort hinzuteleportieren, an dem er mich haben will. Dieser Ort erweist sich als ein etwas abgelegene Stück des Stadtparkes - wenigstens einmal befinden wir uns nicht mitten in diesem Wald.

Kaum dass Amelia in mein Blickfeld tritt, wende ich mich mit einer dramatischen Geste von ihr ab. "Amelia", seufze ich. "Wie konntest du mir sowas jemals verheimlichen?" "Justin", Amelia streckt eine Hand nach mir aus, "ich wollte doch nur unsere innige Verbindung und Beziehung nicht aufs Spiel setzen!"

Anscheinend hat nicht nur Natasha, sondern auch mein WPA paar von Shakespeares Werken gelesen. So wie wir uns gerade ausdrücken würde ich mich nicht wundern, wenn mein nächster Satz 'Nun denn, holdes Fräulein, ich muss weiter gen Westen ziehen' lauten und ich dann auf einem Pferd davongaloppieren würde.

Doch bevor es dazu kommen kann, scheint sich unser WPA daran zu erinnern, was Amelia und meine eigentlichen Charaktereigenschaften sind und Amelia fängt an zu weinen.

"Diese Beziehung ist das einzig Wichtige bisher in meinem Leben, da mich nie jemand geliebt hat! Ich wollte das nicht kaputt machen aber anscheinend verdiene ich keine Freude im Leben." Na das klingt doch jetzt wieder mehr nach meinem WPA und weniger nach Shakespeare.

Ich drehe mich wieder in an Amelias Richtung, sodass ich ihr nicht mehr halb den Rücken zudrehe. "Du hättest es mir trotzdem sagen müssen", beschwere ich mich, Amelia nickt niedergeschlagen (zu ihren Füßen hat sich inzwischen eine richtige kleine Pfütze von Tränen gebildet - wenn unser WPA mit dem so weitermacht kann sie gleich als Salzwasserquelle umfunktioniert werden).

"Aber ich verzeihe dir trotzdem", fahre ich großmütig fort. Amelia wirft sich daraufhin erleichtert aufschluchzend in meine Arme. Wir beginnen aggressiv herumzumachen (an der Stelle bin ich froh, dass wir uns an einer Stelle im Park befinden, wo keine Leute sind, ich würde ungern ein Kleinkind traumatisieren) und als wir uns wieder lösen, bleibt an ihr fröhlicher Gesichtsausdruck für ungefähr drei Sekunden bestehen, danach fängt sie wieder fast an zu weinen.

bad•boyWo Geschichten leben. Entdecke jetzt