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Vorsichtig schaue ich zu meiner Mutter rüber. "Natürlich vermisse ich ihn", sie macht eine kleine Pause. "Schliesslich ist er mein Sohn."
Und wieso unternimmst du nicht endlich etwas, dass du ihn sehen kannst oder wenigstens deine Tochter?, hätte ich sie am liebsten angeschrien. Doch als ich ihren niedergeschlagenen Gesichtsausdruck sehe, löst sich meine ganze Wut in Luft auf. Ich weiss genau, dass ich die Stimmung gekillt habe und dass ich das auch nicht so schnell ändern kann.
Ich öffne mein Mund, habe allerdings keine Ahnung, was ich sagen soll. Die Stille erfüllt den ganzen Raum. Unsicher schaue ich zu meiner Mutter rüber, welche nur traurig die Wand anstarrt. Als würde sie dort sehen, was Jack gerade macht.
"Ich geh mal die Küche machen.", mit einem Ruck steht sie auf, schnappt sich die leere Popcornschüssel und verschwindet mit schnellen Schritten in der Küche.
Alleine sitze ich auf der Couch und starre an den selben Punkt, auf den meine Mutter vor einigen Sekunden noch geschaut hat.
Nach einiger Zeit entscheide ich mich, meiner Mutter zu helfen. Als ich die Küche betrete, sehe ich meine Mutter an den Kühlschrank gelehnt, das Gesicht in den Händen vergraben. Dieser Anblick bricht mir das Herz. Ich lasse meine Hand von der Türfalle gleiten und laufe langsam auf sie zu. Ich nehme sie einfach in den Arm. Keine Ahnung wie lange wir so da standen, aber nach einiger Zeit lösten wir uns von einander. Meine Mutter streicht mir einer schwarzen Haarsträhnen aus dem Gesicht. Dabei flüstert sie: "Es tut mir so leid Grace."
"Mum-" fange ich an.
"Nein. Ich bin eine schlechte Mutter. Ich habe-"
"Nein Mum hör auf. Du bist keine schlechte Mutter. Du hast vielleicht nicht alles Richtig gemacht, aber du warst nahe dran. Und schau mich an, ich bin noch ganz.", lächle ich.
"Ja noch ganz und wunderschön."
Als sie das sagt, werde ich schlagartig rot. Ich kann übergaupt nicht mit Komplimenten umgehen. Also wechsle ich schnell das Thema: "Lass uns zusammen etwas zu Abendessen kochen."
"Ich hätte jetzt Lust auf Lasagne."
Ich nicke und zusammen machen wir uns ans Werk.

"Mum, wir haben uns selbst übertroffen.", schmatze ich, als wir beide am Tisch sitzen.
"Mhmm!", meint meine Mutter, während sie eine Gabel voller Lasagne ins Mund schiebt.
"Freust du dich auf Morgen?"
"Jaja.", zucke ich mit den Schultern.
"Magst du Sammy?", fragt sie mit aufgeregter Stimmer und einem breitem Grinsen im Gesicht.
"Kommt darauf an, was versteht man bei dir unter mögen?"
"Ich meine er ist höflich, nett, gutaussehend, -"
"Mein Bruder", zähle ich weiter auf.
"Ja, aber er ist nicht dein richtiger Bruder."
"Aber er erinnert mich an mein richtigen Bruder.", sag ich leise.
"Ja, da hast du recht", nickt meine Mutter.
"Vielleicht hat er ja ein paar hübsche Freunde."
"Du bist unmöglich Mum!", lache ich.

Nun stehe ich in meinem Zimmer. Ich kann es immer noch nicht glauben, dass wir umziehen. Es kommt mir so vor, als währen wir gerade erst hier her gezogen.
Wir haben uns so viel aufgebaut, alles hinter uns gelassen.
Und nun stürzen wir uns wieder in das ganze hinein...

Omaha BoysWo Geschichten leben. Entdecke jetzt