Als Skylla wieder zu Bewusstsein kam, war sie an einem ihr unbekannten Ort. Sie befand sich in einem kleinen Raum. Hier war nichts außer ein kleines altes Bett und ein kleines Kästchen. Die Wände waren in einem Grau gestrichen, das Skylla aus irgendeinem Grund deprimierend fand. Das Zimmer hatte nichteinmal ein ordentliches Fenster. Lediglich ein kleines Loch in der Mauer, mit Eisenstäben vergittert, brachte etwas Licht herein. Der Boden war steinhart und eiskalt.
Verwirrt stand Skylla auf. Nachdem sie sich ein wenig umgesehen hatte, bekam sie Panik. Also schrie das Mädchen herum. Sie rief um Hilfe, so laut sie konnte. Doch niemand kam. Erschöpft und enttäuscht setzte sie sich auf das Bett. Es knarrte entsetzlich doch das war ihr im Moment egal.
Sie hatte einen Verdacht, warum sie hier war und auch wo. Lena hatte ihr einmal erzählt dass ihr älterer Bruder irgendwie Depressionen hatte, auch wenn Skylla nicht genau wusste was Depressionen sind, jedenfalls hatte sie von einer Psychatrie erzählt. Dort wurde Kindern geholfen, wenn irgendwas mit ihrem Gehirn nicht stimmte. Maya musste ihren Eltern von Jacob erzählt haben und diese hatten sie nun hierhergebracht. Wie konnten sie ihr das nur antun?
Vor lauter Nachdenken wurde sie müde und ihre Augen fielen zu.
Als sie sie wieder öffnete stand eine junge Frau vor ihr. Jedoch machte diese einen nicht sehr freundlichen Eindruck auf Skylla. Ihre Haare waren zu einem sehr festen Zopf gebunden und sie trug einen grau-schwarzen Anzug und braune Schuhe ohne Schnürsenkel.
"Nummer 136, wechseln Sie ihre Kleidung und folgen Sie mir." Dies sagte sie mit einem so strengen und befehlshaberischen Ton, dass das Mädchen zusammenzuckte. Dann nahm sie zögerlich die Kleidung, welche aus einer grauen Hose ohne Taschen, einem weißen Hemd, einer grauen Weste ohne Kaputze und ebenfalls ohne Taschen und schwarzen Schuhen bestand entgegen und wechselte sie gegen ihr Kleid.
Dann zog die Frau Skylla aus dem Zimmer und brachte sie in einen anderen Raum. In diesem saß ein Mann mit streng gekämmten schwarzen Haaren und einem schwarzen Anzug. Vor ihm stand ein Namensschild. Dr.Alwin Psychater und Leiter der Psychiatrie. Daneben lagen einige Zettel und Ordner auf dem Tisch und davor standen drei Stühle aus Holz. An der linken Wand befand sich eine Krankenliege, wie sie bei jedem Arzt zu finden ist, und ein Kasten, indem sich anscheinend Medikamente befanden.
"Setzen", ordnete der Mann an, ohne auch nur von seinen Zetteln aufzusehen. Erst als Skylla Platz genommen hatte und die Frau daneben stehen blieb und sie kritisch ansah, hob er seinen Blick. Dabei verzog er keine Mine und sah sie nur ausdruckslos an. "Soso, Du siehst also einen Jungen, der nicht da ist. Ein Geist also." Herausvordernt hob er eine seiner Augenbrauen an. Skylla nickte nur. Da stand der Mann, Leiter der Psychiatrie, mit einem Ruck auf und schrie sie an:"Geister gibt es nicht! " Erschrocken zuckte das Mädchen zusammen, sagte jedoch nichts, in ihrem Kopf sagte aber etwas:"Doch, und du weißt es." Also war Jacob ein Geist? Das würde viel erklären, zum Beispiel seine merkwürdigen Hände.
Der Direktor der Psychiatrie setzte sich wieder auf seinen Stuhl und gab der Frau eine Dose mit Pillen darin. "Zweimal täglich." war alles, was er sagte, dann schickte er die beiden aus dem Raum.
"Ich bin Mrs.Julie, deine Betreuerin. Du tust immer, was ich sage, sonst musst du mit den Konsequenzen klarkommen ", stellte sich die Frau nun auch vor. "Ich bin Skyl-""-du bist Nummer 136. Keine Wiederrede, Patienten haben hier keine Namen."
Perplex folgte Nummer 136 also Mrs.Julie den Gang entlang. Sie stoppten vor einer Türe aus Holz. "Das ist der Waschraum. Duschzeiten sind morgens von sechs bis acht Uhr und abends von fünf bis sieben Uhr. Du musst mir bescheidgeben, bevor du ihn benutzt, sonst bekommst du ein Waschverbot für drei Wochen. " Wieder nickte Skylla nur, diese Frau machte ihr wirklich Angst.
Dann zog Mrs.Julie sie weiter zum nächsten Raum. Dies war der Gemeinschaftsraum. Er war grau gestrichen und die drei kleinen Fenster waren mit Eisenstäben vergittert, genau wie in dem Zimmer, in dem Skylla am Anfang war. Hier standen jede Menge an Tischen und Stühlen, jedoch alles nur aus Plastik. Ein Teppich lag in eine Ecke des Raumes, wo es auch Zettel und Stifte gab. Es gab nur Bleistifte.
Eine Essensausgabe oder ähnliches gab es nicht, was Skylla dafür aber auffiel, waren die vielen Kameras in diesem Raum.
Ohne zu warten wurde das Mädchen da aber schon wieder weitergeführt, zum Schlafsaal. Dieser war einfach nur ein grauer Raum, indem viele Betten standen, alle mit weißer Bettwäsche. Sogar hier waren Kameras angebracht. Mrs.Julie wies Skylla ein Bett zu, dann reichte sie ihr ein weißes Nachthemd und sagte, dass müsse sie am Abend anziehen.
Danach gab sie ihr noch einen Zettel, aufdem jede Menge Regeln standen.
Zum Beispiel war es strengstens verboten, Essen außerhalb der Essenszeiten zu essen und auch nur in dem Speiseraum, der gleichzeitig der Gemeinschaftsraum war. Außerdem durfte jeder Patient maximal ein Besitzstück haben, Skylla wählte die Kette, die sie von Jacob bekommen hatte, da sie ja sonst sowieso nichts bei sich hatte. Die Regeln schrieben auch noch allerlei Zeiten vor, zu denen man eine bestimmte Tätigkeit machen durfte, wie zum Beispiel eben duschen, essen, schlafen oder zeichnen. Zusätzlich war es verboten, Gefühle zu zeigen, was Skylla nicht unbedingt toll fand, doch sie konnte es ja nicht ändern.
Sie stellte fest, dass es hier keinerlei elektronische Geräte gab, weder Fernseher, Radio noch Telefone. Die Kleidung war auch vorgeschrieben. Es schien, als wollte man alle gleich machen und ihnen jede Art von Freiheit oder persönlichen Charakter nehmen.
Viel Zeit zum Nachdenken oder Umsehen hatte Skylla, oder wie sie jetzt genannt wurde, Nummer 136, nicht, denn ihre Betreuerin brachte sie in den Gemeinschaftsraum. Dort drückte sie ihr ein Tablett mit einer Pampe, die wohl Essen sein sollte, und einen Becher mit Wasser in die Hand. Die Frau setzte sich an einen anderen Tisch und Skylla konnte sehen, wie sie dort Spagetti aß, was sie innerlich zum Kochen brachte, doch sie durfte es ja nicht zeigen. Also setzte sie sich an einen anderen Tisch, andere bereits einige Leute, auch Kinder, saßen. Reden war nur im Flüsterton erlaubt also konnte man ihr leises "Hallo" kaum hören, welches sie an die Anderen gerichtet hatte. Beinahe niemand sah von seinem Essen auf, nur ein etwas älteres Mädchen flüsterte "Hallo" zurück.
Sie hatte braune Haare, ebenfalls zu einem festen Zopf gebunden und trug die selbe Kleidung wie alle anderen. Doch ihre Augen leuchteten in einem grün, das Skylla an eine Wiese voller Blumen errinnerte. Bei diesem Gedanken dachte sie daran, dass sie vielleicht nie wieder eine solche zu Gesicht bekommen würde. "Ich bin Nummer 77, meine Diagnose ist dass ich Dinge bewegen kann...mit meinen Augen." Skylla nickte, sie wusste keine Antwort, doch sie glaubte dem Mädchen. Sie konnte Jacob ja schließlich auch sehen, sogar angreifen, und er hatte ihr ihre Kette geschenkt. "Ich weiß meine Nummer nicht. Nummer 136 oder 163 war es glaube ich, meine Eltern haben mich anscheinend hierhergebracht, weil ich einen Jungen sehen kann, den kein anderer sieht." Nummer 77 nickte auch. "Ist er hier?", erkundigte sie sich. Darauf wusste Skylla jedoch keine Antwort, also zuckte sie nur mit den Schultern, doch es freute sie zu hören, dass das Mädchen ihr glaubte.
Mehr Worte wechselten die beiden Kinder jedoch nicht, denn ihre Betreuerinnen kamen zum Tisch. Die des anderen Mädchens sah eigentlich genau wie Skylla's aus, nur dass ihre Haare schwarz und nicht brünett waren. Nun aßen sie nur noch still ihre Pampe auf und leerten den Wasserbecher. Ihre Betreuer brachten alle Patienten der Psychiatrie nacheinander in den Waschraum, wo sie unter Aufsicht ihre Zähne putzen mussten und danach, zum Glück ohne Aufsicht, duschen gehen durften. Hierbei standen die Betreuer jedoch die ganze Zeit hinter einer mit Milchglas verglasten Wand, sodass sie die Kinder zwar beaufsichtigen, ohne sie allerdings nackt zu sehen, worüber Skylla sehr erleichtert war. Ihre Eltern hatten sie aus logischen Gründen bereits oft ohne Kleidung gesehen, doch bei fremden Menschen fühlte sie sich doch unwohl.
Nachdem sie fertig war, musste sie sich ihr Nachthemd anziehen und sich in ihr Bett legen. Insgeheim freute es sie sehr, als sie merkte dass das Bett ihrer neuen Freundin, wenn man das so nennen kann, direkt neben ihrem war. Sprechen durften sie jedoch nicht, darum nickten sie sich nur zu und wünschten einander auf diese Art eine gute Nacht.
Skylla lag jedoch noch lange wach, neben ihr saß Jacob, er schien erfreut zu sein, dass sie seine Kette behalten hatte. Er erzählte ihr auch, wie leid es ihm tue, schließlich sei sie wegen ihm hier, doch das Mädchen antwortete nicht, aus Angst ein Betreuer könnte sie hören.
So lauschte sie nur Jacobs Worten, die konnte ja ohnehin niemand außer ihr hören. Er erzählte ihr, dass er tatsächlich ein Geist sei, ermordet von einem Unbekannten. Seitdem irrt er in der Welt der Seelen und der der Lebenden umher und sucht seinen Mörder, er will Rache. Im allgemeinenen war Skylla ein sehr friedliches Mädchen, doch sie konnte Jacobs Zorn verstehen. Sie war ihm auch nicht böse, es war ja eigentlich ihre Schuld, sie hätte den Mund halten sollen.
Es dauerte sehr lange, bestimmt zwei Stunden oder länger, bis Skylla tatsächlich einschlief, in der Hoffnung, dies sei alles nur ein schlechter Traum. Doch das war es nicht. Sie war tatsächlich in einer Psychatrie, gefangen in einem Haus voller Menschen, die sich teilweise für Pferde, Hühner oder Vögel, manche sogar für Einhörner, Superhelden oder Gott hielten. Andere wiederum hatten eine schreckliche Neigung, Dinge zu tun, oder auch nicht zu tun. Der Rest war einfach nur hier, weil sie Dinge sahen, hörten, spürten, dachten oder glaubten, die alle anderen für Fantasie hielten.
Bei manchen konnte Skylla es verstehen, dass sie hier waren, bei anderen widerrum überhaupt nicht. Nummer 77 zum Beispiel, sie war eigentlich ein ziemlich normales Mädchen.
Außerdem wirkte es hier nicht wie ein Haus, indem den Menschen geholfen wird,eher wie ein Folterknast. Beim Herrumführen waren sie ein oder zwei Mal an Räumen vorbeigekommen, in denen sich merkwürdige Dinge befunden hatten, so zum Beispiel ein Stuhl mit Fesseln.
Lange Zeit dachte sie noch darüber nach, dann fiel sie endlich in einen tiefen unruhigen Schlaf.✖
[Das auf dem Bild ist übrigens der Schlafraum]
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Psycho
Mystery / Thriller"Nichts ist, wie es scheint" Über ein kleines Mädchen, das ein wenig anders ist als alle anderen und die Reaktion der Menschheit. "Zwischen Vernunft und Wahrheit. " Was tust du, wenn dich ein toter Junge besuchen kommt? #1 in Geister #1 in Tr...