13. Gute Ausreden

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Vermisst, das habe ich dich, ja.
Der Unterschied ist aber, du hast mich in den Ferien vermisst, weil du niemand anderen hattest und dir langweilig war. Du hast mich die Ferien lang vermisst, weil du nichts zu tun hattest und als du mich gesehen hast freutest du dich, da du hier sonst kaum noch jemand kennst und nie alleine sein willst.
Ich hingegen habe dich vermisst, weil ich schon alleine war, weil du mich alleine gelassen hast. Ich habe dich schon vor den Ferien vermisst, als ich dich physisch nah hatte, obwohl seelisch doch irgendwie so weit entfernt. Und ich, meine Freundin, habe das Abstand der Ferien genossen, weil ich dich nicht in meiner Sicht hatte um immer daran zu denken und verletzt zu sein. Und als ich dachte ich könne alles vergessen und mit andere weiterleben tauchst du wieder auf. So überraschend. Ja, ich hab dich vermisst. Zu dolle. Und genau, dass ich dich vermisse, ist der Grund, weshalb ich dich nicht bei mir haben will.

„Ich habe dich auch vermisst...ich muss aber kurz...lange Erklärung. Kommst du mit, Kawalein?"

„Oh...ok wir sehen uns gleich."

„WAS KLAUST DU MIR EINFACH SO MEINE SCHWESTER, DU...ACH OK!"

Franzi erlaubt es, als sie mich kurz anguckt und wahrscheinlich gemerkt hat, dass es mir gerade nicht gut geht.
Amalia reagiert mit ein einfaches nicken und lächeln. Dadurch höre ich auf zu denken und mein Herz springt wieder ein. Ich bleibe kurz mit Bewunderung stehen und gucke sie an. Es fühlt sich an, als würden meine Augen auf einmal stärker strahlen und mein Körper zwingt mich zum Lächeln, auch wenn ich ein auf interessant und kalt machen möchte. Es ist einfach so süß und nostalgisch.

Dann denke ich wieder an alles schlechte und entferne mich mit Kawa, irgendwie will ich ihre Hand diesmal nicht nehmen obwohl ich mich alleine fühle. Die, die ich gerade ganz im Tiefen meines Herzens bei mir will, ist Amalia, gleichzeitig aber will ich auch Entfernung und dadurch kommt es zu dieser passiven Persönlichkeit, in der ich einfach erwarte, dass andere mir was geben, anstatt, dass ich das mache. Ich will einfach nicht reden, ich will, dass mich jemand versteht, ohne dass ich es erklären muss, dass ich einfach kurz liebevoll beachtet werden will.
Doch, wer könnte so was verstehen, so kompliziert wie ich bin?

„Ich bin bei dir."

Als Kawa das sagt, glänzt mein Herz kurz, bis mir dann einfällt, dass das jeder sagen kann und sagt, und es fällt wieder zu Boden.

„Du bist mir wichtig geworden. In so wenig Zeit...und ich vertraue dir mehr als die meisten, ich fühle mich bei dir wohl..."

Eigentlich heißt es, Wörter sind nichts Wert. Das stimmt auch. Doch wenn man die Wörter gut nutzt, bedeutet es ab dem Moment in den man beweist, dass es stimmt, sehr viel. Man muss es aber auch regelmäßig beweisen, mit kleine Aktionen. Manche verstehen so was nicht, aber Kawa, irgendwie erfüllt sie das. Sie erfüllt diese Gedanken, die ich dachte niemand würde verstehen.

Es wurde mir so oft bewiesen, kompliziert zu sein, dass mich niemand versteht. Aber wer beweist mir, dass man sich mit Anstrengung daran anpassen kann, und dass ich auch über einem Monat ein erfülltes Leben führen kann? Besonders zu sein ist nicht immer für einen selbst gut. Wenn man zu besonders ist, ist man allein, man bekommt von den anderen nicht was man erwartet, vielleicht, weil sie denken "so besonders wie die Person ist hat sie doch eh ein ausgezeichnetes Leben, dann ist es ja egal, die Person soll auch Schmerz kennenlernen", vielleicht weil man zu andere Erwartungen hat.

„Ich warne dich, ich kann nicht versprechen, dass ich dich wieder los lassen werde, also fliehe bevor es zu spät wird."

Ich will nicht fliehen. Ich will nicht losgelassen werden. Ich bleibe...ich warte.

„3...2...1...Hab dich!"

Sie umarmt mich und kuschelt sich in mich ein, wodurch wir stehen bleiben.

„Jetzt kommst du nicht mehr weg."

Mitten auf der Straße, zum Glück auf der Fußgängerzone, werde ich lange umarmt und zeige keine äußerliche Reaktion als unaufmerksam zu Lächeln. Die Zeit ist nicht zu spüren. Alle Uhren bleiben stehen, als ich meine Augen schließe. Und irgendwann, reagiere ich auf der Umarmung und gebe sie zurück.

Wie viel Uhr ist es? Keine Ahnung.
Will ich das wissen? Nein, sonst bestände die Möglichkeit, wir merkten uns beeilen zu müssen, und der Moment wäre untergebrochen.
Kann es sein, dass wir trotz Stunden vor dem Unterricht da waren, gleich am ersten Tag zu spät kommen? Vielleicht.
Aber es ist mir egal. Nach langer Zeit zerdrücke ich sie etwas doller in meine Armen hinein. Um Energie zu sparen verkrafte ich meine Tränen weiterhin, doch irgendwann ist mir meine Gesundheit auch egal, und ich will einfach nur ausweinen. Sie tröstet mich.

Ich werde müde. Wir setzen uns hin und die Umarmung dann fort. Ich weiß ich werde einschlafen, aber, wisst ihr was ich auch weiß? Ich habe eine Schlafkrankheit, es ist also eine gute Ausrede um Kawa nicht aus den Armen zu gehen. Ich hab dich lieb. Danke.

ErasersoundWo Geschichten leben. Entdecke jetzt