Beyla OS - Bens Heimkehr

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💙 BEN 💙
Völlig fertig schlage ich meine Bücher zu und werfe einen Blick auf die Uhr in meinem Handy. Schon 03:00 Uhr. Langsam sollte ich auch mal schlafen gehen. Morgen kann ich ja weiter lernen. Während ich so auf mein Handy schaue, sehe ich, dass Leyla versucht hat mich zu erreichen. Ist meine Doktorarbeit angekommen? Hat sie sich gefreut? Oder ist das jetzt einfach nur ein höfliches ‚Danke'? Obwohl so viel zwischen uns beiden vorgefallen ist, ist Leyla einfach die Frau, die ich liebe. Auch wenn ich ihr das in letzter Zeit nicht so gezeigt habe. Ich fühle mich einfach sicherer, wenn ich eine Mauer um mich baue und sie nicht an mich ranlasse. Trotzdem konnte ich nicht anders, als Leyla und Raya, den beiden wichtigsten Menschen in meinem Leben, meine Dissertation zu widmen. Außerdem musste Leyla einfach das erste Exemplar meiner Doktorarbeit erhalten. Das war ich ihr irgendwie schuldig. Sie hat mich die erste Zeit so unterstützt mit meiner Forschung und sich mit mir zusammen über die Zusage des Gräfe Instituts mit den Forschungsgeldern gefreut. Ich kann Leyla einfach nicht verlieren. Aber ihr verzeihen? Ich will unbedingt, dass wir eine Zukunft haben. Als Paar. Als Familie. Aber kann ich das schon? Bin ich bereit, Leylas Kuss jetzt schon zu vergessen? Langsam und zögernd gehe ich auf meine Mailbox und höre mir Leylas Nachricht an, die sie mir hinterlassen hat. „Hey Ben. Schade, dass ich dich nicht persönlich erreiche. Ich wollte dir gratulieren. Ehm. Du lernst wahrscheinlich gerade wie verrückt für deinen Facharzt" Bei diesem Satz musste ich unwillkürlich lächeln. Sie kennt mich einfach viel zu gut. „Ich hab' mich wahnsinnig gefreut, dass du mir ein Exemplar von deiner Arbeit geschickt hast. Und vor allem über die Widmung. Du fehlst mir Ben." Oh Mann! Bei ihrem letzten Satz schlug mein Herz schneller. Immer wieder höre ich ihre Stimme in meinem Kopf „Du fehlst mir Ben" Sie mir auch. Aber ich kann uns erst eine Zukunft geben, wenn ich jemand bin. Ich muss jetzt einfach mal an mich denken. Von Elias habe ich erfahren, dass Leyla mit ihrem Traumazentrum den Johannes-Hartlieb-Preis bekommen hat und somit Moreau quasi besiegt hat. Ja, Leyla gewinnt einen Preis nach dem anderen und reitet gerade auf einer Welle des Erfolgs. Und ich? Was habe ich der wunderbaren, erfolgreichen Dr. Leyla Sherbaz schon zu bieten? Ich bin ein Krüppel, der bereits zweimal durch die Facharztprüfung gerasselt ist. Jetzt habe ich zwar nach einer Ewigkeit auch endlich meinen Doktortitel, aber Facharzt bin ich immer noch nicht. Das wird sich aber hoffentlich bald ändern. In einer Woche ist meine dritte Facharztprüfung und die muss ich einfach bestehen.

Mittlerweile ist wieder etwas Zeit vergangen und ich sitze gerade im Zug nach Erfurt. Endlich raus aus Hamburg. Die Beziehung mit meinen Eltern ist zum Glück gut und sie sind fantastische Großeltern für Raya. Die besten, die ich mir für meine kleine Bohne wünschen könnte. In wenigen Minuten rollt der Zug im Erfurter Hbf ein und dann werde ich als Dr. Ben Ahlbeck, Facharzt der plastischen Chirurgie aussteigen.
Auf dem Bahnsteig bleibe ich kurz stehen. Ich bin mir immer noch nicht sicher, wo ich zuerst hingehen soll. In Leylas Wohnung oder ins JTK oder doch lieber erst zu Elias? Letzteres streiche ich aber ganz schnell wieder aus meinem Kopf. Wenn ich jetzt wieder zu meinem besten Freund ziehen würde und Leyla das erfährt, sähe das für sie so aus, als hätte ich mich gegen sie entschieden. Und diesen Eindruck will ich auf keinen Fall hinterlassen. Ich habe Leyla so vermisst und ich weiß nun, mehr denn je, dass ich ohne sie nicht mehr leben kann und auch nicht will. Inzwischen bin ich mir mehr als sicher, dass ich unsere Beziehung retten will. Ich liebe Leyla. Mittlerweile seit über 6 Jahren. Auch unsere damalige Trennung hat nichts an der Tatsache geändert, dass sie der wichtigste Mensch in meinem Leben ist. Ich darf sie nicht nochmal verlieren.
Da es erst 12 Uhr ist, bin ich mir ziemlich sicher, dass sich Leyla noch im JTK befindet. Von Elias weiß ich, dass sie heute nur bis 13 Uhr arbeiten muss. Wenn ich mich beeile, schaffe ich es noch in unserer Wohnung ein Mittagessen für uns zu zaubern, bevor sie nach Hause kommt. Ich muss ihr unbedingt heute von meinem Erfolg erzählen und was noch wichtiger ist: Ich muss ihr sagen, dass ich sie liebe und ihr dabei in ihre wunderschönen rehbraunen Augen blicken. Diese Augen, die ich die letzten Monate gemieden habe, obwohl sie neben der Person, der sie gehören und unserer Tochter das schönste sind, was ich je gesehen habe.
Langsam gehe ich die Stufen zu unserer Wohnung hoch. Seit Rayas Geburtstag war ich nicht mehr hier. Aber hier sieht noch alles genauso aus, wie vor der ‚Trennung'. Waren wir jetzt eigentlich getrennt oder war es nur eine Beziehungspause?

Beyla OneShotsWo Geschichten leben. Entdecke jetzt