„Count Geral! Welch eine Überraschung!“, wurde Sirius von einem älteren Mann mit Brille und grauem Haar begrüßt. Er war um einiges größer als der Graf und auch breiter, wenn nicht sogar trainierter. Der Graf lächelte bescheiden, senkte den Blick, wirkte aber in keiner Weise unterwürfig, eher im Gegenteil. Er sah dem fremden Mann mit einer solchen Intensivität entgegen, dass dieser leicht zurück schreckte.
„Haben Sie etwa gehofft, dass ich nicht erscheine?“
„Oh, aber natürlich nicht!“, antwortete er dem Graf nervös.
„Ich möchte Ihnen jemanden vorstellen. Meine Freundin, Lere Salix. Lere, dieser Mann ist der Viscount von Astera, sein Name ist Geral Stanford. Er steht unter mir.“Fragend sah Lere zu ihrem Herrn auf, verstand nicht, warum er dies noch ausdrücklich betonen musste. Dann wurde ihr klar, dass Männer gern ihren Rang klarstellten und sich über andere stellten. „Wir gehen dann mal weiter. Ich kann Sie nach wie vor nicht leiden.“
Lächelnd schob der Graf Lere, in ihrem eisblauen Kleid, weiter und ignorierte den empörten Blick des Viscount.
Locker schmiegte sich ihr Kleid um ihren Körper, hob ihre Brust hervor, die sonst nicht viel zu bieten hatte. Dass das Kleid etwas weiter war, sorgte optisch für eine breitere Hüfte, die ihren Anblick verspielter machte.
„Das Ihr so ehrlich seid… ?“, schmunzelte sie und bekam ein Glas Rotwein in gereicht.„Mich kann hier niemand leiden, wozu sollte ich mich dann verstellen, um es ihnen recht zu machen? Ich schmiere niemandem Honig ums Maul“, sprach Sirius grinsend und schwenkte das flüssige Rot in seinem Glas.
Lere beobachtete ihn dabei.
Ein verspieltes Lächeln lag auf seinen Lippen, als er einen Schluck nahm.
>>Er sieht aus wie ein Vampir.<<
Überrascht über ihre Gedanken wandte sie sich um, stolperte sofort in eine Person hinein, die die gesamte Ladung ihres Weinglas abbekam.
Scheppernd zersprang es auf den Fliesen, die geziert mit einem edlen Mosaik aus Gold waren. Scherben verteilten sich über den Boden. Alle Aufmerksamkeit lag auf ihnen.„Du blöde Gans! Was glaubst du wohl, wie teuer mein Anzug war?“
An seiner Kleidung konnte man leicht erkennen, dass es sich bei dem Herrn um einen höheren Ritter handelte.
Sein Schwert trug er an seiner Hüfte, besaß ein edles Paar Stiefel. Seine Jacke war mit Manschettenknöpfen des Königs verziert, wie das Wappen verriet.
>>Ich dachte hier gibt es keinen König?<<, wunderte sich Lere sogleich, hatte bereits vergessen in welcher Situation sie sich befand.
„Du wirst das schön bezahlen!“, schrie der Mann und stieß sie beiseite. Lere, die benebelt von dem Gefühl des Schocks und der Angst war, bekam nichts mehr richtig und fiel mit einem mal in die Scherben hinein, schnitt sich die Knie und Hände auf, mit denen sie sich auf dem Boden abstützte.„Als oberster Ritter, des verstorbenen Königs, solltest du doch genug Geld haben. Wie erbärmlich, dass jemand wie du, der schon genug Silber und Gold hat, versucht noch mehr Geld zu bekommen. Dein Anzug entspricht nicht einmal dem Wert eines Esels“, ließ der Graf mit finsterer Stimme verlauten. Eine dunkle Aura hatte sich um ihn gebildet. Der Ritter wich zurück, stolperte gegen das Buffet.
„Herr Geral!“, sagte der Ritter, ganz erschrocken und hatte Sirius nicht hinter Lere erkannt. Sein Gesicht wurde aschfahl. „Ganz recht. Ich bin es und diese Frau gehört zu mir, also wagt es nicht, sie weiter zu belästigen!“
>>Deswegen also diese Gerüchte?<<, wurde Lere bewusst. Doch sie hatte keine Angst, empfand in diesem Moment nichts als tiefe Dankbarkeit. Es war lange her, dass sich jemand für sie einsetzte, viel zu lange...
Sie hatte erwartet von Sirius selbst belehrt zu werden, aber nicht das er tatsächlich auf ihrer Seite stand. Lere bedauerte, ihm nicht vertraut zu haben und schämte sich für ihr Misstrauen.Nachdem der Ritter sich verärgert verzog, wandte er sich mit erweichten Gesichtszügen an Lere, die noch auf dem Boden saß.
Langsam ging er in die Hocke und griff nach ihrer Hand. Er verzog das Gesicht, als er die Schnittwunden sah.
„Es tut nicht weh.“
Diese Worte reichten nicht aus, um ihn milder zu stimmen, auch weil sie gelogen waren. Sirius wollte nicht, dass sie ihn anlügen musste, damit er sich nicht sorgte. Sie sollte immer ehrlich zu ihm sein.
„Lere, du musst mich nicht belügen. Wenn es schmerzt, dann musst du es mir sagen“, durchschaute er sie sofort. Sie war wirklich nicht gut im lügen. Zerknirscht biss sie sich auf ihre Unterlippe, die geschminkt mit einem blassen rot war.
„Es tut weh, aber nicht sehr. Ich will noch nicht gehen. Lass uns bitte bleiben“, erriet sie sogleich seinen nächsten Gedanken und hinderte ihn daran diesen laut auszusprechen. Sirius hatte vor zu gehen, dabei wären sie kaum eine Stunde auf dem Bankett gewesen.
„Wie du meinst. Lass uns dennoch den Arzt aufsuchen. Diese Wunden müssen erst behandelt werden.“Lere war beleidigt und beschämt worden. Sirius konnte nicht verstehen, was sie dennoch auf dieser Veranstaltung fest hielt.
Er konnte nicht wissen, dass sie in ihrer Welt nur zu gern auf solche Veranstaltungen gegangen wäre, bevor der Krieg anfing und sie die letzten Stunden davor nicht richtig ausgekostet hatte. Sie hatte nur in den Tag gelebt, aber nicht richtig gelebt. Sie hat die Chance verpasst, Spaß zu haben und sich mit den Freunden, die sie damals noch hatte, zu amüsieren.Ein trauriger Ausdruck lag auf ihrem zart rosanem Gesicht. Nur zu gern hätte Sirius dafür gesorgt, diesen Ausdruck nicht mehr auf ihrem süßen Gesicht sehen zu müssen.
Es hatte etwas gedauert, den Arzt des Hauses zu finden, zum Glück konnte der Hausherr weiterhelfen. Sirius verstand sich gut mit dem Herzog, der sein Bruder war.
Wäre es nicht seine Feier, wäre er wohl gar nicht aufgetaucht und hätte mit einem Brief dankend abgelehnt.
„Die Wunden sind nicht schlimm. Die Splitter konnte ich alle entfernen“, erklärte der Arzt, nachdem er alle Wunden mit Alkohol abgetupft hat und sie mit einer Salbe einrieb. Einen Verband erachtete der Arzt nicht als nötig, bei den winzigen Schnittwunden.
„Die Ritter werden immer streitseliger, seit der König verstorben ist“, seufzte der Fremde neben Sirius.
Lere wagte es nicht ihren Blick zu heben. Alles was sie von dem fremden Mann sah, waren seine schwarzen Stiefel, die zu langen Beinen gehörten und in eine Sand farbene Hose gekleidet waren.
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My lord My servant
FantasySeit drei Jahren arbeitete Lere nun schon in der Grafschaft Sirius Gerals, der im Volksmund als der Teufel selbst bekannt war. Lere, die ihren Grafen noch nie gesehen hat, da er stets seinen Diener vorschickte, fürchtete sich, wegen der Gerüchte, di...