6: Don't you forget about me

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„Ey, sieh mal! Hey, hey!" Ein Schnipsen unmittelbar vor meinen Augen ließ mich wieder ins Hier und Jetzt zurückkehren. „Hey!" Wieder ein Schnipsen. Ich blinzelte und sah zu dem Teenager mit dem Vogelnamen. Dieser hatte ziemlich große Augen bekommen und schien noch mehr zu schwitzen als zuvor, weil nun auch noch Schweißperlen an seiner Stirn glänzten. „Mann, glaubst du, eine von denen würde mich zu einer mega heißen Party einladen?" In seinen Augen lag etwas verzweifeltes, etwas hoffnungsvolles, etwas, was einfach nur bescheuert aussah.

„Nein.", sagte ich schlicht und wandte mich ab. Ein paar Sekunden spürte ich ein Starren im Nacken, ehe mich eine Hand kurz am Arm festhielt. Er war noch näher gekommen, stand direkt vor mir und starrte mich aus seinen wahnsinnig hormongesteuerten Augen an. Würde er umkippen, wenn ich ihn jetzt antippen würde? Jedenfalls wirkte er wie auf Drogen.

„Und flachlegen?"

„Nein."

„Nicht mal ein Kuss?"

„Siehst du absolut richtig."

Aus seinem enttäuschten Grummeln konnte ich schließen, dass er sich anscheinend mehr aus meinem Urteil machte als gedacht. Immerhin konnte ich ihn endlich eine Zentimeter von mir wegschieben. Pubertät war zwar nicht ansteckend und ich hatte meine schon seit über einem Jahrtausend hinter mir, aber ich war mir nicht sicher, ob dieser Geruch vielleicht doch haften blieb.

Scharf darauf war ich nicht. Der Nachteil von Schulen war, dass solche Gerüche und der Anblick von gruseligen Pubertätsmonstern Erinnerungen an meine eigene Pubertät weckten, eine grausame Erfahrung. Plötzliche Gefühlsausbrüche, Krankheitsgefühle, eine Stimme, die von dem einen auf den nächsten Moment quiekend noch sein konnte und sehr, sehr merkwürdige und vor allem lästige Veränderungen. Gerade eben diese Situation, wie wir dort standen und zu den Cheerleadern sahen, war eine, in der ich mich wie in einem kitschigen Highschool-Film fühlte. Überall Teenager, so klischeehaft, dass ich mich anstecken könnte, käme ich mir zu nah. Tatsächlich hatte der Anblick einer bestimmten Cheerleaderin diese Starre ausgelöst, welche mir gar nicht behagte.

Ein Erinnerungsfetzten war so plötzlich erschienen, dass ich völlig überrumpelt wurde.

Das Lachen meiner Schwester ließ mich aufsehen, und ihr Lachen war nicht nur ihr Lachen, sondern auch das eines anderen Mädchens. Sie und Eliza kamen auf die Lichtung gelaufen, blickten kurz hinter sich und lachten dann wieder, als ein Junge auftauchte und sich hinter sie stellte. „Wo bleibt er denn?", fragte Eliza kichernd und hüpfte auf der Stelle, um besser sehen zu können. „Nik, du bist der langsamste Fänger, den ich kenne!", rief grinsend der Junge mit braunem Haar, der hinter den Mädchen stand. Da knackte es plötzlich und eine Gestalt brach aus dem Gebüsch direkt neben ihnen, sprang vor und erschrak den Jungen. „Da wäre ich mir nicht so sicher, Kol." Die Mädchen lachten vergnügt, als sie das Gesicht des Erschrockenen sahen, und strahlten reine Fröhlichkeit aus. Ich sah das alles von dem Baum aus, der am oberen Rand der Senke stand. Ein komisches Gefühl drückte mir gehen die Brust und quetschte meine Lunge zusammen. Woher kam das? Es war nicht die brennende Wut, sondern etwas anderes, was mich unruhig auf dem Ast sitzen ließ, aber verhinderte, dass ich meinen Blick von ihnen riss.

Oder eher von ihr.

„Nat?" Eine Stimme, nun direkt unter mir, löste mich aus meiner Starre und ich merkte, dass ich mich gefährlich weit vorgebeugt hatte. Meine Schwester hatte mich entdeckt und sah zu mir hinauf. Ihren Blick konnte ich nicht deuten, aber die Fröhlichkeit war verschwunden. Dieser seltsame Moment zwischen uns war von einer auf die nächste Sekunde vorbei. Die anderen hatten uns bemerkt und waren dazugekommen. Sie grinsten noch immer leicht, aber ich spürte, dass ihre Blicke etwas misstrauisches, abweisendes hatten. „Was ist? Darf ich nirgendwo mehr sein?", fuhr ich meine Schwester an, wütender, als ich eigentlich wollte. Eilig drehte ich mich auf dem Ast herum und sprang mit einem Satz hinab. „Das habe ich- Was ist mit dir los?!" Elizas Empörung ignorierte ich und ging an ihr vorbei davon. Ich war wütend und verwirrt, Verstand nicht, was da eben passiert war, aber ich wusste, dass ich dort weg musste. „Lass ihn, Eliza. Er ist doch ständig grundlos wütend.", hörte ich es noch aus jenem Mund kommen, welcher mir mehr als nur tausend Stiche fühlen ließ.

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⏰ Letzte Aktualisierung: Jul 09, 2021 ⏰

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