4: Teenagers

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James Goosefeed. Auch bekannt als Jim Goosefeed. Einen bescheuerteren Namen hatte ich selten gehört. Nun, es stimmte, ein paar meiner mir zugelegten Namen waren etwas... bedürftig in manchen Augen. Aber immerhin waren diese auch nicht meine echten Namen. Und ein Rechtsanwalt war noch immer besser als porige Haut, nicht?

Jim, dem der Name sehr gut stand, oder eher passte, war jedenfalls keine Sportskanone. Viel eher gab er vor, solch eine zu sein. „Ich bin gar nicht so richtig im Team... Also schon... Aber ich... Ich unterstütze es eher. Einer muss es repräsentieren und anfeuern.", hatte er mit versucht zu erklären, nachdem die letzte Stunde vorbei war und die AG-Zeit begann.

„Du bist das Maskottchen.", hatte ich festgestellt und konnte bei dem Gedanken, dass dieser Junge sich in ein Maskottchenkostüm steckte, das eigentlich für Cheerleader gedacht war, nur grinsen. „Das ist eine wichtige Aufgabe!" „Und wieso gehen wir dann gerade zu dem Training?" Ich glaubte kurz zu erkennen, wie Röte in Jims Gesicht stieg, aber ich hätte mich auch irren können, weil sein Gesicht scheinbar immer rot war. Nur sein schneller klopfendes Herz verriet es mir. „Wie gesagt, sie brauchen Unterstützung... Einer muss doch sagen, wie gut sie ihre Sache machen... Und mit den Cheerleadern..."

Ich hatte es ja gewusst. Sweatie wollte einfach nur Cheerleader spannern gehen. Wie unelegant und stillos. „Glaub mir, die sind nicht normal. Was die alles hinkriegen... Und ich habe gehört, sie haben auch eine Neue, die scheint verdammt gut zu sein."

Wohl oder übel musste ich also mit ihm mitgehen, damit er auch bloß nicht das Training verpassen würde. Diese hormongesteuerten, schwitzigen Teenager... Zwar war meine Teenagerzeit schon sehr lange her, aber ich konnte mich noch recht gut erinnern. Teenager waren einfach... seltsam. Ironisch, wenn ich immer dann an das dachte, was ich so in meinem Leben gemacht hatte. Aber dieses Teenager-Spiel musste ich dennoch mitspielen. Wie sollte ich auch sonst erklären, dass ich nicht an sowas interessiert war? Nein, sowas wäre viel zu kompliziert zu erklären.

Ein sehr gutes Beispiel für Teenager lief gerade neben mir her. Jim Sweatie Goosefeed war in der Hochsaison der Pubertät und war höchstwahrscheinlich nie einem Mädchen so nah gekommen wie er wollte. Verständlich, denn wenn es nicht sein penetranter Geruch war, dann war es sein scheinbar aufgedunsenes, von Akne übersätes Gesicht. Und dass er ein Spanner war kam sicher auch nicht sehr romantisch rüber.

Manche standen dann ja eher auf die Inneren Werte, aber auch mit diesen könnte er nicht viel punkten. Nicht sonderlich intelligent oder schnell, nörgelnd, unbeholfen, unsicher, schnell überfordert, schwach... Wer stand auf Leute, die reine Platzverschwendung darboten? Nicht einmal für einen Snack war er gut.

Meine Inneren Werte waren scheinbar auch nicht sehr anziehend. Das mussten sie aber auch nicht sein. Ich war völlig zufrieden damit. Immerhin hatte ich weder Akne noch dauerhafte Schweißausbrüche. Vielleicht war das das gefährlichste an der ganzen Sache... Würde ich wirklich auffliegen, weil ich keine Akne hatte?

„...aber dafür, dass sie so verdammt gut aussieht, kann sie einen ziemlich schnell überfordern, wenn sie etwas organisieren muss... Dann scheucht sie alle immer hin und her." „Was?" Ich hatte ihm ja gar nicht mehr zugehört. Scheinbar hatte er seine Unsicherheit immer mehr verloren, weil ich aufgehört hatte zu lächeln. „Caroline Forbes! Die-" Jim stoppte, senkte schnell den Kopf, was bei dem Riesen echt seltsam aussah, da alle kleiner zu sein schienen als er, und huschte schnell weiter. Ich folgte ihm, damit er nicht einfach weg wäre. Während der fluchtartigen Handlung bemerkte ich ein Mädchen mit dunkler Haut und dunklem Haar, das uns finster ansah, ehe er sich zu einem anderen Mädchen umwandte. Irgendwie sah sie... bedrohlich aus. Dieser Blick hatte kurz eine alte Erinnerung wecken wollen, aber schon war der Moment vorbei.

„Wer war das denn?", fragte ich den Jungen mit dem hellbraunen Haar, der kurzzeitig noch mehr zu schwitzen schien als sonst. „Hm? Wie?" „Das Mädchen, vor dem du anscheinend geflohen bist. Hast du ihren Hund überfahren oder was?" Etwas nervös sah er kurz nach hinten, aber sie war uns nicht gefolgt, weshalb er schnell weiterging und flüsterte. „Das war Bonnie Bennett. Sie ist eine der besten Freundinnen von Caroline Forbes. Wenn sie hört, wie du über ihre Freunde sprichst, dann..." Mit geweiteten Augen sah er mich an und machte kurz ein gurgelndes Geräusch. Ich wusste genau, dass er damit etwas sehr schlechtes meinte. Dieser Blick... Ich wusste, ich kannte ihn. Bennett... Konnte es wirklich sein? War sie eine dieser Bennett-Hexen? Eine dieser mächtigen und uralten Hexenfamilie? Denn eines wusste ich: Nur eine Bennett konnte einen so angucken, als könne sie unter die Haut in die Seele sehen und einen zugleich mit diesem Blick von innen nach außen qualvoll zerstören.

Ich kannte nicht mal nur eine Bennett. Sie waren alt und ich war ebenso auch alt. Und in meinen Kreisen, da kannte man solch mächtige Hexennamen. Die Bennetts waren dafür bekannt, irgendwelche Dinge zu verschließen und einen gehörig damit zu nerven, da man so einfach nicht an die Sachen kam, die man unbedingt wollte. Und sie hatten diese nervige, unsterbliche Loyalität. Nachtragend und grausam... Das konnten sie auch sein. Bennetts waren immer gleich. Dieser Blick von dieser Bonnie... Den beherrschte nur eine Bennett-Hexe. Ich sollte vielleicht doch etwas mehr aufpassen... Auch mit meiner Kraft konnte es in einem Konflikt mit Bennetts nicht gut enden.

„Wo wir gerade von Caroline sprechen... Das Training hat schon begonnen! Ich will sehen, wie es läuft!" Schnell ging Jim wieder los. Ich folgte ihm einfach. Eigentlich war es mir gleichgültig, aber diese Hexe hatte etwas meine Aufmerksamkeit erregt. Vielleicht könnte das auch nützlich werden... Das würde ich bald sehen.

Anscheinend schien dies das Football-Team auch eher lockerer zu sehen. Die Zehn-Zentner-Typen saßen nämlich auf der Tribüne und beobachteten die Cheerleader auf der anderen Seite, den Sport anscheinend völlig vergessend. Ihre Augen schienen sich auf eine Person zu richten, wie auch Jims Augen das taten. Ebenso die Cheerleader, welche am Rand einer Strecke verteilt standen, schienen eine Person zu beobachten. Eine Person, die verdammt sportlich und akrobatisch ein Rad nach dem anderen schlug. Dabei glänzte ihre wedelnder Pferdeschwanz in einem hellen Blond in der Sonne. „Das ist die Neue! Guck nur hin! Sie ist sogar besser als Caroline Forbes!"

Ich sah hin, noch genauer, und wartete, bis das Mädchen zu stehen kam und sich umdrehte. Und ich sah sie. Und ich wünschte, ich hätte sie nicht gesehen.

Live and let die (The Originals) Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt