Kapitel 1

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Es war eine klare Nacht. Der Mond erstrahlte hell über die Häuser der Stadt.
Ich schlenderte durch die Straßen und träumte vor mich hin. Aus meinen Gedanken erwacht bemerkte ich, dass ich vor dem Wald stand den ich als kleiner Junge fürchtete. Mich reizte es die Tiefen des Walde zu erkunden, wie ich es immer mit meinen Eltern tat. Glücklich lächelte ich, als ich mich an einem Baum hängen sah und Verstecken mit Ihnen spielte. Ja, damals war ich noch ein stolzes und glückliches Kind. Aber mein Glück und meine Freude wurden zerstört, als Vater und Mutter eines Nachts fortgingen und nie wieder zurück kehrten.

Es verbreitete sich kurz darauf mehrere Geschichten in Hylar. Man spekulierte über ihren Tod, andere glaubten sie wären vor ihren Pflichten weg gerannt oder sie hätten sich wegen mir geschämt. Ich war schon seit langem davon überzeugt sie seien Tod.
Mein Lächeln verstarb. Die Leere in meinem Körper fegte alles an Gefühlen weg. Ich wollte mich nur noch in meinem Haus verkriechen also entschied ich mich zurückzukehren. Gerade als ich den Rücken zum Wald drehte erklang ein markerschütternder Schrei.

Ich zuckte merklich zusammen und erwachte schweißgebadet in meinem Bett. Na super, schon wieder dieser Traum. Das ging seitdem ich mit meinen Freunden den Wald außerhalb des Dorfes erkundet hatte und wir diesen Schrei hörten der tief aus der Dunkelheit kam. Ich schüttelte den Gedanken beiseite und stolperte ungemütlich aus dem Bett. Ich krabbelte hoch und schaute auf den Wecker. 8:02. Scheiße! In einer Stunde musste ich zum Markt Tiara, einer Freundin meiner dahingeschiedenen Eltern, helfen.
Hastig sprang ich aus dem Bett, schnappte mir frische Kleidung aus dem Schrank und lief ins Badezimmer. Ich frischte mich ein wenig auf mit einer kalten Dusche und putzte die Zähne. Als ich mich im Spiegel betrachtete seufzte ich laut. 23 Jahre und immer noch keine Spur oder irgendwelche Anzeichen auf meine Kräfte. Alle Jungs von Hylar hatten ihre Kräfte bereits in jungem Alter entwickelt. Sogar meine Freunde rissen Witze und lachten über mich, bis auf Jake, er war der einzige der nicht damit herum alberte. Lag vielleicht auch daran, dass er aus einer langen Kette von mächtigen Zauberer entsprang. Er wusste mehr über die sieben Reiche als jeder andere aus Hylar. 

Ich verließ das Bad und rannte zurück ins Zimmer. 8:39 Uhr! Ich war so etwas von dran. Tiara wird mir die Hölle heiß machen! Ich raste runter in die Küche, stopfte mir ein paar Cornflakes in den Mund und lief in den Flur meine Schuhe anziehen. Sicherheitshalber ging ich nach ob ich nicht irgendetwas vergessen hatte. Nein, alles da. So schnell ich konnte stürmte ich zu Tür raus.
Das Reich der Menschen war mindestens eine Stunde von Hylar entfernt. Das Magiereich ist das zweit nächste Reich von der Welt der Menschen. Der Limbos ist den Menschen natürlich näher. Es ist der Zwischenort wo entscheidet wird ob die Seele des Menschen ins Wolken-Reich kommt oder in die Hölle verbannt wird. Die schlimmste Bestrafung jedoch ist auf ewig im Limbos verloren herumzuirren. Die Kreaturen die hier lebten entsprangen von Verbannungen aus alter Zeit. 
Um von Hylar aus ins Reich der Menschen zu gelangen musste man durch eine Höhle gehen und dort ein Portal öffnen. Da ich allerdings nicht imstande war einen Spalt zu kreieren benutzte ich einen bereits vorhandenen Riss. Von dort aus gelang man ebenfalls zu den Sterblichen.
Diesmal fand der Markt mitten in der Stadt statt. Eine Menge Leute sammelten sich auf dem Sternplatz. Mühsam quetschte ich mich durch die Masse und eilte zu Tiara, die bereits ungeduldig auf mich wartete. "Ach der Werte Herr O'donnel lässt sich heute auch noch mal blicken!" Ich grinste nur dämlich und machte mich sofort an das Sortieren des Krams den sie verkaufte. Nach einer Weile betrachtete sie mich und fragte:"Na Schönling, wann suchst du dir eine Freundin?" Wie ich es hasste wenn sie mit diesem Thema anfing. "Mädchen sind arrogant und zicken doch nur rum.", knurrte ich. Tiara schnalzte mit der Zunge und seufzte: "Sly, nicht alle Mädchen sind gleich. Wirf sie doch nicht gleich alle in einen Topf. Du versuchst es ja nicht einmal." Arrogant war ich zwar nicht aber sie als Mensch verstand meine Lage nicht. In meinem Dorf galten andere Regeln: Nur Jungs mit beeindruckenden Fähigkeiten ernteten den Ruhm und die Frauen. Ich hingegen war nichts für das weibliche Geschlecht der Anihylar wert. Ohne Macht war ich praktisch Mensch. Blind, dumm und besser wissend, beschrieben wir deren Rasse. Sie konnten nicht einmal einen getarnten Dämon von einem Menschen unterscheiden. Sie sind sehr schwach, und ich gehörte halbwegs zu ihnen...bis jetzt.

Nach der Arbeit machte ich mich auf den Heimweg und beschloss einen kleinen Spaziergang in den Wald zu machen, der mir immer noch in meinen Träumen nachjagte. Ich dachte immer noch an das Gespräch mit Tiara und an meine verschollenen Eltern während ich unbewusst immer tiefer in die Dunkelheit hinein lief.
Das Knacken eines Zweiges ließ mich aufschrecken. "Nur ein Tier", murmelte ich. Als ich mich gründlich umsah merkte ich, dass ich nahe an der Grenze des Dunkelreichs war. Ein weiteres Magiereich in dem Kreaturen leben die wiederum von den Anihylar verbannt wurden aufgrund des Missbrauchs von Dunkelmagie. Viele Jahre später entwickelten sie sich in Monster die nur Hass verspüren und Chaos anstellten. Jedenfalls haben mir das meine Eltern beigebracht.
Knack! Ich beschleunigte mein Tempo und diesmal hörte ich klare Schritte hinter mir. Mutig blieb ich abrupt stehen und drehte mich um. Nichts! Als ich weiterging spürte ich einen kalten Atem im Nacken. Mein Blut gefror mir in den Adern. Mein Körper bebte. Langsam drehte ich meinen Kopf nach hinten und blickte in ein pales Gesicht mit blutroten Glubschaugen, die direkt in meine Seele sahen. Ich schrie auf und wich einen Schritt zurück und stolperte über meine eigenen Füße.
"Verdammt Flynn, hör endlich auf mit dieser Kinderkacke!", schrie ich meinen Kumpel an. Er prustete los und stotterte:"Du hättest deine Fratze sehen sollen. Ängstlich, wie ein Mensch!" Seine dunkelbraunen Haare, die die er sonst streng nach hinten kämmte, hingen ihm ins Gesicht. Er war derjenige, der mich am meisten wegen meiner Schwäche mobbte aber er war trotzdem ein guter Freund. "Na Primadonna? Wo laufen wir denn hin? Doch nicht etwa ins Dunkelreich oder?" fragte er plötzlich ernst. Deutlich verwirrt schaute ich umher. Erst jetzt vernahm ich die tiefen Schatten, die über dieses Landteil herrschten. In meiner Panik war ich wohl näher an die Grenze gelaufen als ich gedacht hätte. Ich wollte gerade etwas zu Flynn sagen als plötzlich ein schmerzhafter Schrei, direkt hinter uns, erklang. Wir beide fielen stöhnend, an den Ohren festhaltend, zu Boden.
Ein Wesen der Finsternis hatte sich zu uns geschlichen und stand nun direkt über mir. Es war pechschwarz, hatte 6 Arme bewaffnet mit fürchterlichen Klauen. Das Gesicht war hinter einer steinernden Maske verhüllt. Nur die rot glühenden Augen stachen hervor und mit denen starrte es mich an. Erst roch es an mir, dann sah es mir direkt in die Augen. Sie leuchteten rot auf und ich fühlte wie mein Körper bewegungsunfähig wurde. Der kalte Angstschweiß lief mir übers Gesicht. Es packte mich am Hals und hob mich nach oben. Ich rankte nach Luft. Das Gefühl der Taubheit setzte ein, dann pochten meine Schläfen. Als meine Sicht durch schwarze Flecken versperrt wurden und mein Kopf sich anfühlte als würde er explodieren, schlug plötzlich ein Blitz in die Kreatur ein. Es zerfiel in tausend Stücke und ich fiel direkt in die dampfende Grütze hinein. Flynn hatte sich längst aufgerichtet und zog mich auf die Beine. "Hey ihr Trottel! Was habt ihr hier verloren?" "Zap!", riefen Flynn und ich erleichtert. Unser Freund kam auf mich zu und klopfte mir auf die Schulter. "Ist bei euch alles in Ord-, woahw Alter, seit wann hast du denn diese schräge Augenfarbe?" Er deutete mit seinem immer noch funkenden Finger direkt auf mich. Etwas was den Meister des Stroms beunruhigte konnte nichts anderes als übel sein. Ich ahnte nichts gutes.

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