Chapter 1

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I figured it out. 
I figured it out from black and white.

Meine Füße waren kalt, meine Hände zitterten. Immer wieder klapperten meine Zähne aufeinander und ließen mich erschaudern. Die Kälte kroch in meine Glieder und ich schlang mir die Arme um den Oberkörper, was jedoch nicht viel brachte. Ein Zittern durchlief meinen Körper und ich ließ mich an der nächstbesten Wand hinabgleiten. Sie war rau und ein wenig von Schnee bedeckt, was mir jedoch nichts ausmachte. Hauptsache ich kann schlafen ... Ich war müde und meine Augenlider fielen kurz darauf auch bald zu. Dennoch konnte ich nicht schlafen, musste immer auf meine Umgebung hören. Kinder schrien glücklich durcheinander, Eltern lachten, Jugendliche fuhren fröhlich zu ihren Freunden. Hunde ließen hier und da ein bellen loß und schnüffelten an ein paar Ecken der Straßen. Man hörte auch ab und zu ein wütendes Schreien aus einem der Häuser, wenn die Kinderschreie zu laut oder zu hoch waren. Kühe muhten, als sie über die Straße zu einem anderen Bauern getrieben wurden und Rehe huschten an den Menschen vorbei, so schnell es ging. Schneeflocken fielen mir ins Gesicht und hinterließen eine feuchte Spur, wie eine zweite Haut auf meinem Gesicht. Meine Augenlider zuckten und ich lächelte ein wenig. Winter konnte so schön sein. Konnte lustig und fröhlich sein, wunderbar einfach. Aber manchmal auch nicht. Manchmal denkt man sich: warum bin ich eigentlich hier? Obdachlos, hungrig, ohne irgendwen. Kein Partner, der Ex hat dich geschlagen und du bist gebrochen. Hat dich vor die Haustür gesetzt und jetzt bist du schon zwei Monate alleine. Ohne Familie. Ohne Zuneigung. Von Liebe oder Spaß ganz zu schweigen.

"Sir?", fragte jemand, doch ich sah nicht auf. Er meint mich doch sowieso nicht.

"Sir?", wiederholte er wieder und langsam öffnete ich die Augen. Die Müdigkeit machte es mir schwer, den Mann zu erkennen, der da vor mir stand. Er kniete sich zu mir runter und lächelte mich an.

"Geht es Ihnen gut?", fragte er weiter. Leise seufzte ich auf und kniff die Augen zusammen, um ihn ein wenig mehr zu betrachten. Er hatte schöne, braune Locken, die ihm wirr vom Kopf abstanden. Grübchen traten in seine Wangen, wenn er lächelte und seine Augen hatten ein strahlendes Grün, das vor Genügsamkeit ein solches Strahlen abgab, dass es auf einen selbst übersprang.

"Hmm.", brachte ich heraus. Seine Schönheit benebelte meine Sinne und wäre da nicht sein leises Lachen gewesen, hätte ich ihn vermutlich die ganze Zeit angestarrt.

"Ihnen ist kalt, oder?" Anscheinend hat er nicht vor, heute noch zu gehen ... innerlich bereitete sich in mir Freude aus, wobei ich nicht wusste, wieso. Er wartete meine Antwort jedoch nicht ab, sondern hob mich hoch und ignorierte mein erschrockenes Aufquieken gekonnt. Irgendwie ist er ja süß ...  Ich kuschelte mich an seine Brust, die Wärme sprang auf mich über und sofort war mir warm. Wie das ging, wusste ich nicht. Meine Hände fanden schnell Platz in seiner Jacke, welche dick gepolstert und wahrscheinlich so warm war, dass man gar keine Heizung mehr benötigte.

"Wie heißt du?" Er hatte das ´Sie´ durch ein ´Du´ ersetzt, ich war aber nicht wütend darüber - nein, es war sogar niedlich. Verdammt niedlich.

"Louis. Und selber?", nuschelte ich gegen den warmen Stoff der Jacke und merkte, wie die Brust des Mannes bebte. Er lachte. Und dieses Lachen sollte mich umbringen, denn sofort huschte ein Lächeln über mein Gesicht und ich sah mit leuchtenden Augen zu ihm auf. Sein Blick klebte an meinen Augen und auch er lächelte.

"So schön.", flüsterte er, sodass man es kaum verstand. Fragend hob ich eine Augenbraue und betrachtete skeptisch seine Gesichtszüge, als er mir die Antwort gab.

"Harry."

Er dachte wahrscheinlich, ich hätte es nicht gehört, doch das hatte ich. Ich wusste, was er gesagt hatte und es erwärmte mein Herz.

So schön.

Meinte er das wirklich ernst? Ich meine: ich bin schmutzig, stinke wahrscheinlich, als würde ich aus der Mülltonne kommen, habe Augenringe, bin verdammt dürr und bin müde. Was ist denn daran schön?!

"Willst du ans Fenster oder an den Gang?", fragte er mich plötzlich aus heiterem Himmel. Ich sah mich um und bemerkte erst jetzt, dass wir in einem kleinen Cafe waren. Es war nicht wirklich voll, nur hier und da ein paar Menschen, die gerade ihren Kaffe tranken oder ihr Kuchenstück aßen.

"Fenster.", antwortete ich kurz und knapp. Er ließ mich sanft auf einem Stuhl nieder und zog seine Jacke aus. Es war schön warm hier und langsam bröckelte die Kälte von mir ab. Die Wärme umhüllte mich wie ein Mantel aus Watte und ließ mich gut fühlen, geborgen. Das, was ich nicht oft verspürt hatte.

"Was kann ich Ihnen bringen?"

Eine Frau - sie konnte nicht älter als zwanzig sein - lächelte uns an, in ihrer Hand einen Block, auf dem sie irgendwas notiert hatte. Fragend sah ich Harry an und zog die Augenbrauen hoch. Er erwiderte meinen Blick und lächelte.

"Willst du Kuchen? Und Kaffe?" Ich nickte. Er bestellte für sich das Gleiche und ich zupfte währenddessen nervös an dem Saum meiner Stoffjacke herum.

"Was ist los?"  Ich sah auf und biss mir auf die Unterlippe.

"Ich - warum machst du das?" Es fühlte sich gut an, diese Frage auszusprechen, sie lastete schon die ganze Zeit auf mir. Seitdem er mich angesprochen hatte.

"Weil ich dich mag. Und weil ich dir helfen will." Verwirrt zog ich die Augenbrauen zusammen und sah ihn ungläubig an. Er kennt mich doch erst seit maximal zehn Minuten! Und mir wollte noch nie jemand helfen, also warum er?

"Und wieso?"

Er seufzte. Anscheinend war ihm das unangenehm.

"Ich weiß es nicht."

Während wir auf den Kaffe und Kuchen warteten, sah mich Harry die ganze Zeit an. Ununterbrochen. Seine grünen Augen bohrten sich in meine blauen und hätte ich aufgesehen, wäre ich in dem unendlichen Grün versunken. Ich musterte die Tischdecke, das Besteck, die Servietten, die Eiskarte - wobei mir nicht in den Sinn kommen wollte, warum man im Winter Eis aß - und meine Finger, an denen ich oft herumzupfte. Ich war nervös. Sehr nervös. Und er machte das nicht gerade besser, als er einen Satz sagte, der meinen Kopf in die Höhe schießen ließ. 

"Du bist wunderschön."

You and I - LarryWo Geschichten leben. Entdecke jetzt