Vielleicht hatte mein Bruder Recht. Vielleicht sollte ich mit ihr abschließen. War das der Ausweg? Vielleicht. Ja, Lyla hatte es nie leicht. Ja, sie war mal meine beste Freundin. Ja, da war mehr als nur Freundschaft. Aber seit dem Vorfall, wollte ich sie nicht mehr sehen. Zeiten ändern sich, richtig? Nochmal wollte ich ihr nicht verzeihen. Konnte ich etwas dafür, dass sie mir fremdgegangen war? War ich ihr nicht gut genug? Hatte ich ihr das Gefühl gegeben, dass ich nicht für sie da war? Ich machte mir Vorwürfe. Musste alles so kommen, wie es kam? War das die Realität? Ich wusste es nicht. Sie liebte mich doch. Und ich sie. Eigentlich. Warum nur hatte sie das getan? Mich betrogen? Manchmal fragte ich mich, ob sie das Kind mit Absicht nicht bekommen wollte, weil sie eben wusste, dass es nicht von mir war. Aber eine Antwort darauf hatte ich nicht. Bevor es mich kaputt machen konnte, tat mein Bruder alles, um mich aufzufangen. Ich war ihm so unendlich dankbar. Aber meine beste und feste Freundin hatte ich trotzdem verloren. Wo sie war? Keine Ahnung. Und ich wollte es auch nicht wissen. Ich brauchte Abstand von dem ganzen Drama wegen und mit ihr. Ich wollte das nicht mehr. Weshalb mein Bruder etwas mit mir unternahm, um mich abzulenken. Nur den letzten Schritt, wollte ich noch persönlich mit ihr durchziehen - mich persönlich von ihr trennen.
Zwischen vorsichtig fahrenden Autos, funkelnden Sternen und hellem Mondschein umkreisten mein Bruder und ich den See nahe Zuhause. Nachtlichter spiegelten sich im dunklen Wasser wieder. Ich liebte diese Atmosphäre. Eine Taschenlampe zeigte uns den Weg und gab und die Sicherheit, bei der Dunkelheit nicht über Stock und Stein zu fallen - brechen wollten wir uns nichts. Immer wieder ließen mich kühle Brisen kurz zittern. Und das obwohl ich mich mit einer etwas dickeren Jacke eingepackt hatte. "Wo hast du denn eigentlich den Ring?", fragte mich mein Bruder plötzlich. Ich blieb stehen. Das war das letzte Thema, über das ich jetzt sprechen wollte. "Der liegt irgendwo in dem verdammten Garten und da kann er auch bleiben", antwortete ich und schloss damit das Thema ab. "Hey", sagte er und legte eine Hand auf meine Schulter. "Tut mir leid es angesprochen zu haben". Trotz der Dicke der Jacke konnte ich deine Hand auf meiner Schulter sehr deutlich spüren. Ich starrte den Mond, der im Wasser reflektiert wurde, nachdenklich an. Nach mehrmaligem Zögern nutzte ich die Gelegenheit Andreas das zu fragen, was mich die ganze Zeit bedrückte. "Bruder, liegt es an mir, dass aus Lyla und mir nicht mehr geworden ist? Hat sie wegen mir den Antrag abgelehnt? Habe ich... habe ich versagt?" Mein Bruder überlegte sorgfältig, bevor er anfing eine Antwort zu formulieren. "Das hat sie sich doch selbst eingebrockt. Bruder, du hast ihr Freundschaft und Liebe gegeben. Alles, was sie brauchte, aber schon lange nicht mehr bekommen hatte. Du hast ihr aus einem Loch geholfen, aus welchem sie alleine nicht kam. Beziehungsweise du hast es versucht. Chris, du hast alles andere als versagt". Ich war im dankbar für diese Worte.
Unendlich dankbar.Wir setzen uns ins feuchte Gras. "Bruder, was sollte ich nun deiner Meinung nach tun?" "Sei mir nicht böse, wenn ich das jetzt so sage, aber du suchst nach einem Ausweg, richtig? Das Einzige, was mir einfällt, wie du damit abschließen kannst, ist eine Trennung", schlug er vorsichtig vor. Schnell setzte er fort: "Aber wenn du das machst, dann bitte sie darum, euch noch einmal persönlich zu treffen". Ich verstand. "Wenn du sagst, ich soll sie um ein Treffen bitten um mich so von ihr zu trennen, dann werde ich das so machen. Ich vertraue dir, Andreas. Du bist mein Bruder", machte ich ihm klar. Durch das Licht der Taschenlampe konnte ich ein kleines Lächeln erkennen. Dann stand Andreas auf und klopfte sich den Dreck von der Hose. Ich tat es ihm gleich. So gingen wir wieder zurück zum Auto und fuhren zu Andreas.
Bevor ich schlafen ging, sendete ich Lyla eine Nachricht, in der ich sie, wie so oft, um ein Treffen bat. Es dauerte nicht lange bis ein kurzes, belangslosen "Ja" zurückkam. Sie war noch wach. Ich erwischte mich dabei, wie ich meine Mundewinkle nach oben zog. Ich schüttelte nur den Kopf und legte das Handy bei Seite. Morgen also würde ich dem Ganzen ein Ende setzen.
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Lylas Erscheinen war ganz anders, als sonst. Sie war nicht direkt und leicht aufdringlich. Im Gegenteil. Sie verhielt sich ruhig und schüchtern. Das passte so gar nicht zu ihrer Art. Aber ich dachte nicht weiter darüber nach. Ich wollte gar nicht um den heißen Brei reden, sondern erst einfach direkt hinter mich bringen. "Lyla, das zwischen uns... ich sehe keine Zukunft mehr. Ich kann mich einfach nicht damit abfinden, dass du mir... mich betrogen hast", kam ich direkt zum Punkt. "Also gibst... gibst du mir keine Chance mehr?" Ich konnte nicht glauben, was ich da hörte. "Lyla, wie viele soll ich dir noch geben?", hakte ich etwas genervt nach. Ich ließ sie gar nicht erst zu Wort kommen. "Nach allem, was ich dir an Liebe und Zuneigung gegeben habe... wie konntest du mir sowas antun? Ist das mein Verdienst?" "Natürlich nicht", verneinte Lyla traurig. "Es ist vorbei. Sieh es ein" Mit diesen Worten setze ich mich in Bewegung. Doch sie hielt mich am Arm fest. "Bitte...", flehte sie. Aber diesmal sah ich kein Erbarmen. "Lyla, es gibt nichts mehr zu bereden. Es ist alles gesagt. Lebewohl". Ich riss mich los und ging, ohne auch nur einmal zurückzublicken.
Ich kramte ein Foto heraus, auf dem Lyla und ich zu sehen waren. Es war das einzige Bild, das ich von uns hatte. Mit einer starken Kraft zeriss ich es, sodass der Riss uns trennte.
Ich wollte mir ihr abschließen. Ich wollte sie vergessen. Und das tat ich auch. Loslassen. Ich wollte nicht an ihr festhalten. Denn manchmal war Loslassen besser, als bitterlich daran zu zerbrechen.
Weil mir zum Festhalten die Kraft fehlte.
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BUT I NEED YOU
FanfictionHierbei handelt es sich um eine Fanfiktion über die Ehrlich Brothers. Wie es ist, wenn die beste Freundin, deren Leben den Bach runter geht, plötzlich so ein merkwürdiges Gefühl empfindet? Alles andere als leicht, findet Chris, die jüngere Hälfte de...