Dead Girl Walking

Wut

Ich verbrenne. Da ist so ein Hass in mir, der mich umbringt, auffrisst, mich vor Schmerz schreien lässt, vor schrecklichem, unerträglichen Schmerz. Ich kann nur noch NEIN NEIN NEIN mein Atem zerschneidet mich mit jedem Zug und jeder Gedanke dringt granatsplittergleich in mein gequältes Hirn, bohrt sich tiefer und tiefer und alles was ich noch kann ist NEIN NEIN NEIN. Dieses Leben, dieses Leben, dieses Leben ist so bedeutungslos, dass es schmerzt, so ungeheuer bedeutungslos. Eine Sinnsuche, immer nur Sinn Sinn Sinn und da ist keiner, war nie einer, wird nie einer sein und es ist alles eine Farce, eine einzige, riesige Farce. Was ist schon Glück? Sekunden des Vergessens in einem Hamsterrad der Menschheit. Diese Philosophiererei, sie kotzt mich an und ich will nur noch schreien, mein Gehirn anschreien dafür, dass es denkt und die anderen dafür, dass sie urteilen, dass sie es sich anmaßen, zu urteilen von außen, als Zuschauer, die keine Ahnung haben, die dumm und gaffend sitzen auf der Tribüne und Buh rufen und prahlen, das kann ich auch. Still, alle still, ihr hirnlosen Vertreter einer grauen Masse, die mich nichts angeht, mich nicht berührt, nicht jetzt, nie mehr vielleicht. Ruhe, das ist es, Ruhe von euch, von mir, von diesem verfluchten Wettlauf um Zeit und Glück und Leben, so ein Unsinn! Sind wir nicht alle nur Sisyphus, jeder rollt seinen persönlichen Stein und man sollte doch meinen, es würde einer auf die Idee kommen zu stoppen, nur einer, den Stein einfach Stein sein lassen und fliegen, fliegen, fliegen.

Und ob Atlas wohl tauschen würde, wer wählt schon den Stein, der die Last der Welt auf den Schultern trägt, und was ist die Welt schon mehr als jeder einzelne dieser Steine?

Und sie schreien, die Steine schreien, doch die Welt bleibt stumm, oder wir taub?

Lauf, Schneewittchen, lauf. Es ist doch nur ein Apfel.

Und der Prinz, er wird stolpern und du wirst fallen, fallen, fallen.

Ich bin Sofie, siebzehn Jahre alt und ich habe Tabletten geschluckt, die mich nicht getötet haben. Vier Wochen lang war ich stationär. Jetzt bin ich zurück.

Es war nie so schwer wie jetzt.