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"Wie er ist tot?", fragte er fassungslos seine Mutter. Alles um ihn herum verschwamm langsam, wurde zu einer homogenen Masse. Die Erkenntnis das sein Vater tot sein soll, lässt ihn in sich zusammenbrechen. Hart prallen seine Knie auf den Steinboden. Der Schmerz verschwimmt in der Gleichheit, war nicht von Bedeutung. Sein Blick glitt in die Ferne und aus seinem rechten Auge bahnt sich eine einsame Träne ihren Weg. Sie versickert langsam im Kragen seines schwarzen Pullovers.

Es war unmöglich das sein Vater tot sein soll. Er saß doch gestern mit ihm noch in einem Restaurant und hatte mit ihm über die Arbeit gesprochen. Beide waren an diesem Abend Geschäftsleute aber in ihrem Inneren waren sie noch immer Vater und Sohn. Nichts hatte darauf gedeutet, dass er wenige Stunden später tot sein sollte. Er konnte seinen Vater noch nicht gehen lassen. Es konnte nicht sein das er jetzt schon nicht mehr unter den Lebenden wandelte. Das er nie wieder an seinem Schreibtisch sitzen wird. Das er ihn nie wieder mit ihm Schach spielen wird. Es konnte einfach nicht sein. Doch er musste einen Entschluss fassen, ob er schon bereit war in die gewaltigen Fußstapfen seines Vaters zu treten oder ob er es nicht war.

Nach wenigen Minuten der vollkommen Hilflosigkeit, steht er auf und blickt starr in die Augen seiner Mutter. Entschlossen sagt er: "Ich werde den Mörder meines Vaters richten und seinen Platz einnehmen um der Boss der Cosa Nostra zu werden." Seine Mutter nickt ihm sorgenvoll zu. Sie wusste was der Tot ihres Mannes in ihm auslösen wird, was seine einzig Richtige Reaktion war. Sie hatten ihn jahrelang auf seine Rolle vorbereitet. Er war mehr als bereit dafür. In seinem Inneren wusste Dario dies auch.

Mit langen Schritten läuft er aus dem Zimmer um in einen anderen Flügel des Anwesens zu gelangen. Er will sich bereits in die Akten und Aufträge einarbeiten. Auf seinem Weg begegnet er vereinzelt Menschen die ihm ihr Beileid bekunden. Sie waren alle, genau wie er, vom Tot ihres Anführers überrascht.

Langsam öffnete er die Flügeltür aus dunklem Holz und blickte in den rechteckigen Raum. Vor ihm, in der Mitte des Raumes, stand ein massiver Schreibtisch aus dunklem Holz. Hier hatte sein Vater die meiste Zeit verbracht, saß auf dem ledernen Bürostuhl mit der hohen Lehne und brütete über den verschiedensten Dokumenten.

Langsam schritt er auf den Schreibtisch zu und ließ seine Fingerspitzen über das glatte Holz fahren. Sein Blick wanderte weiter durch das Büro, an den Wänden standen Regale, gefüllt mit Aktenordnern und Fachliteratur. An der Stirnseite waren zwei riesige bodentiefe Fenster die einen atemberaubend Blick auf die Straße von Messina und die Stadt Messina bot.

Er hatte die meiste Zeit seiner Kindheit auf dem runden Brokat-Teppich verbracht der dem Raum ein wenig Wärme verlieh. Als kleiner Junge hatte er kleine Zinnsoldaten und malte sich aus wie es wäre eines Tages als tapferer Ritter auf einem Schlachtfeld zu stehen. Für Ruhm und Ehre gegen den Bösewicht zu kämpfen und als gefeierter Held in die väterliche Burg zurückzukehren.

Jetzt, Jahre später war er kein ehrwürdiger Ritter wie er es sich als Kind gewünscht hatte, er war zu dem Bösewicht geworden gegen den er gekämpft hätte. Was der kleine Junge von damals jetzt über ihn denken würde? Ob er ihn verachten oder verstehen würde das die Welt nicht schwarz oder weiß war? Er wird es wohl nie erfahren.

Jetzt weiß er aber das er dazu geboren wurde der vermeintliche Bösewicht zu sein.

Seine Beine trugen ihn zu einem bestimmten Fenster. Wenn sein Vater nicht am Schreibtisch saß, dann stand er an diesem Fenster und hat nach draußen geblickt. Hatte die Stadt beobachtet, die Einwohner die dort umher liefen, die Touristen die staunend von einer Sehenswürdigkeit zur anderen liefen, die Vögel die am Firmament ihre Runden zogen.

Alles wirkte jetzt so surreal und fremd als er aus dem Fenster blickte. Alles war bedeutungslos geworden. Alles war einsamer geworden.

Sein Vater war tot, eiskalt getötet worden. Er wurde ausgelöscht. Nichts würde ihn wieder zurückholen. Er würde aber den Täter richten sodass seinem Vater Gerechtigkeit widerfährt.

Das dumpfe, taube Gefühl in seinem Körper wurde langsam durch Hass ersetzt welches sich wie ein stechendes Gift in seinem Körper ausbreitete.

Die reine Wut und der pure Hass pumpten jetzt durch seine Adern.

Er würde den Mörder seines Vaters richten.

maybe in another lifeWo Geschichten leben. Entdecke jetzt