Mein Bruder entdeckt natürlich sofort, was ich getan habe. Und tobt.
„Weißt du eigentlich, was du getan hast?"
„Ich wollte nur, dass sie die Folgen erkennen, wenn sie etwas verändern", entgegne ich. „Dass sie BEGREIFEN."
„Ja! Sie verstehen nun. Nicht nur, wie sie erschaffen können, sondern auch, wie sie zerstören können!"
„Aber – das hab ich nicht gewollt. Sie sollten nur lernen, damit sie nicht ungewollt zerstören."
„Das haben sie gelernt. Sie werden nun gewollt vernichten!"
Das hatte ich nicht bedacht. Sie haben zuvor verletzt und beschädigt, ohne darüber nachzudenken. Ich hatte geglaubt, wenn ihnen bewußt wird, was sie tun, hören sie damit auf. Aber das war ein Irrtum.
Mein Bruder beschließt, das Experiment mit den Menschen fortzuführen. Trotz meines Fehlers. Und obwohl er ahnt, wohin es führen wird. Das verstehe ich nicht.
Ich sende meine Macht erneut aus. Ich will die Menschen nicht töten, aber sie unfruchtbar machen. Meine Tat rückgängig machen kann ich nicht, das kann keiner von uns.
„Wage es nicht, Luzifer!" Die Kraft meines Bruders fegt mich fort, bevor ich fertig bin. „Ich verbiete dir, die Menschen noch einmal anzurühren!"
„Ich wollte nur meinen Fehler wiedergutmachen", erkläre ich.
„NIE MEHR!" Ich habe ihn noch nie so wütend gesehen.
„Na gut", gebe ich mich geschlagen.
Aber das reicht ihm nicht. „GEH!"
Ich verstehe nicht gleich. „Was?"
„GEH! Du gehörst nicht mehr zu uns!"
Aber – das kann nicht sein! Wir können einander nicht töten, denn wir leben nicht. Wir können uns nicht ungeschehen machen, denn auch wir unterliegen der Zeit. Wir können uns nur voneinander ausschließen, uns gegenseitig die Liebe entziehen, die uns zusammenhält. Das aber ist noch nie geschehen. Bis jetzt.
Sie sind alle da. Meine Gefährten. Gabriel, Michael, Uriel, Raphael, Raguel, Barachael, Pantasaron, Jehudiel, Salathiel und Jeremiel. Sie sehen mich an, aber ich erkenne keine Liebe für mich mehr in ihren Mienen.
Und Jehova. Mein Bruder. Meine Liebe zu ihm ist unverändert, trotz allem, was er mir gerade antut. Ich spüre, wie ich falle. Nicht aus der Welt. Nicht aus dem Leben. Aber aus der Gemeinschaft. Von nun an werde ich allein sein. Bis in alle Ewigkeit.
Noch während ich meine einstigen Gefährten ansehe, mir ihre Essenzen einpräge, um sie in meinem Gedächtnis zu bewahren, spüre ich, wie mich die Dunkelheit und die Kälte der Einsamkeit umhüllen, um mich nie mehr loszulassen.
So ist es geschehen. Vielleicht habt ihr eine andere Geschichte gehört, eine, die mich bösartiger darstellt. Aber das macht nichts. Denn es mindert meine Schuld nicht.
Mein Bruder gab euch das Leben. Und er hatte euch gelehrt, wollte euch die Weisheit nahebringen.
Aber ich war es, der euch die Klugheit gab. Und damit die Macht, eure Fähigkeiten einzusetzen nach eurem Willen. Zum Guten wie zum Bösen. Ich hätte wissen sollen, was geschehen würde, aber ich war blind.
Heute beobachte ich euch noch immer. Und sehe, wie ihr zerstört, vernichtet, ausrottet, was euch in die Quere kommt. Weil ich euch die Intelligenz dazu gab, aber nicht die Weisheit, euch zu zügeln. Was mich noch viele Äonen quälen wird, habe ich euch versagt – ein Gewissen.
Das hab ich nicht gewollt. Und es tut mir unendlich leid. Bis ans Ende der Zeit werde ich es bereuen.
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Das hab ich nicht gewollt ✔️
ParanormalDas wollte ich nicht. Ich war nicht einverstanden mit dem Vorhaben meines Bruders. Vergeblich habe ich versucht, ihn davon abzubringen. Und als er nicht auf mich hören wollte, habe ich versucht, die Folgen zu mildern. Es hat nicht geklappt. Ich weiß...