Kapitel 10

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Selena

Was soll man schon sagen, wenn der Stiefbruder der besten Freundin einem sein Gesicht in den Ausschnitt drückte? Ich, noch ganz benommen vom Schlaf, drückte ihn also weg und bemerkte: "Was tut dein Gesicht auf denen hier?" Ich umfasste mit beiden Händen meine Mädels, wo er sofort gierig draufstierte. Genervt hob ich sein Kinn an, sodass er gezwungen war, mir in die Augen zu schauen. "Ich hatte Angst, du stirbst mann! Du hast so unregelmässig geatmet und dann..." Meine Augenbrauen schossen in die Höhe, doch tief in mir drinnen grinste ich breit. Falls das wahr war, dann war es verdammt süss. Was wiederum überhaupt nicht zu dem Justin passte, den ich kannte. Meine müden Augen versuchten mit einem Blick die verdrehte Situation zu erfassen. Ich lag in einem Bett, das nicht meines war in einem Zimmer, das ebenfalls nicht meines war. Neben mir Justin, mit nacktem Oberkörper. Ich war, sehr zu meinem Entsetzen, ebenfalls nackt. Langsam setzte ich mich auf, darauf bedacht, dass ich die Decke an meinen Oberkörper presste, und bemerkte dabei ein leichtes Ziehen an meinen Innenschenkeln. Das musste bedeuten, dass Justin und ich miteinander geschlafen hatten. Ein hohler Schmerz durchschoss meinen Körper. Ich war keine Jungfrau mehr. Das Laken, blütenweiss wie es meine Unschuld mal gewesen war, wies einen vertrockneten kleinen Blutfleck auf. "Oh... das tut mir leid", murmelte ich, immer noch in der Situation gefangen. "Schon gut.", meinte er, hatte sofort begriffen was ich meinte. "Ich also... vergessen wir das einfach!" Justin nickte zögernd. So still hatte ich ihn noch nie erlebt. Just in dem Moment flog die Tür auf und Demi kam reingestürmt. "Justy, lass uns was machen!", rief sie. "Oh du hast Besuch?" Unsere Blicke trafen sich und sie riss geschockt die Augen auf. "Selena?" "Demi..." Ihr Gesicht verzog sich in ungläubigem Entsetzen. "Willst du mich verarschen? Du und Justin?" Ihr Tonfall war angewidert und in ihren Augen lag ein verletzter Ausdruck. Sie gab ein leises Wimmern von sich und das Geräusch traf mich mitten ins Herz. Demi war meine allerbeste Freundin und ich hatte ihr gerade unglaubliche Schmerzen zugefügt. Ich hatte sie hintergangen, mit ihrem Bruder geschlafen, das war tausendmal schlimmer als jemanden zu versetzen. Ihre tiefbraunen Augen hatten den Ausdruck von einem geprügelten Hund als sie davonrannte.

Ich sprang auf und schlüpfte in Slip und BH, danach griff ich mir das erstbeste Kleidungsstück, das am Boden herumlag und zog es mir über den Kopf. Dann rannte ich Demi nach. Automatisch schlug ich nicht den Weg zu ihrem Zimmer ein, sondern rannte in den Garten zu dem riesigen hohlen Busch, in dem wir als Kinder immer gespielt hatten. Als 17jähriges Mädchen mit meinen zierlichen 1,63 war es nicht mehr ganz so einfach dort reinzuschlüpfen, doch ich schaffte es trotzdem. Demi sass zusammengekauert auf ihrem Lieblingsast und hatte die Arme um die Beine geschlungen, welche sie eng an die Brust gezogen hatte. Schluchzer bebten durch ihren ganzen Körper und es tat mir verdammt weh sie so zu sehen. Ich kletterte zu ihr, was mir ziemlich Mühe bereitete, da Demi schon immer sportlicher als ich gewesen war. "Demsi...", murmelte ich besänftigend und benutzte damit meinen uralten Spitznamen für sie. "Geh!", presste sie hervor. "Nein." "Warum hast du das getan? Du bedeutest mir alles und Justin ist mein Bruder. Du kannst ihn mir nicht einfach wegnehmen!" Das dachte sie? Dass ich ihn ihr wegnehmen wollte? "Demi, ich werd' ihn dir nicht wegnehmen. Ich will nichts von ihm, versprochen. Er hat mich abgelenkt, weil du mich versetzt hast und stattdessen mit Miley wegwarst. Ich war verletzt, okay?" Sie sah zum ersten Mal auf und ich blickte direkt in ihre verweinten Augen. "Ja, ich hab einen Fehler gemacht und es tut mir leid. Aber Miley hat mich angerufen, weil ihr Freund mit ihr schluss gemacht hat und sie dich nicht erreichen konnte." Das liess mich jetzt noch schlimmer dastehen. "Demi, es tut mir unglaublich leid! Es war total blöd von mir sowas zu tun und ich versprech's, es kommt nie wieder vor!" Zu meinem Leid schüttelte sie den Kopf. "Ich brauch erstmal Abstand von dir. Und wessen Shirt trägst du überhaupt?" Zum ersten Mal sah ich an mir herunter. Ich trug ein viel zu grosses graues Tshirt von Justin, das mir bis zu den Knien ging. "Das erstbeste, das mir in die Finger gekommen ist." Sie nickte. "Hör mal Demi...", begann ich, "könnte ich das ganze rückgängig machen, ich schwör's dir, ich würd's tun!" Sie presste ihre Lippen zu einem dünnen Strich zusammen. "Kannst du aber nicht. Und jetzt geh einfach." Ich sah ein, dass ich jetzt nicht mit ihr reden konnte und ging.

My best friends BrotherWo Geschichten leben. Entdecke jetzt