Kapitel 1

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„HALT DEINEN MUND PATRICK!", schrie meine Mum im Wohnzimmer meinen Dad an.
„DU HAST MIT GAR NICHTS ZU SAGEN! ICH ENTSCHEIDE SELBER WAS ICH TUN UND LASSEN KANN LISA!",brüllte nun mein Dad zurück.
Dann war es still.
Ich seufzte und vergrub mein Gesicht erneut in meine verschränkten Arme. Jeden Tag das Gleiche.
Nach weiteren stillen Sekunden stand ich auf und saß mich ans Fensterbrett und blickte in die untergehende Sonne, bis ich nach ein paar Augenblicken nach meiner Packung Zigaretten und dem Feuerzeug in meiner Hosentasche griff.
Ich steckte mir eine in den Mund und zündete sie mit der Hand geschützt an.

Als Kind hab ich mir immer hoch und heilig versprochen, dass ich nie rauchen werde. Aber das kann ja jeder sagen!
Als ich dreizehn wurde fingen meine Eltern an, täglich Drogen zu nehmen, zu rauchen oder sich zu besaufen.
Sie waren jedes Wochenende auf Partys, bis nach einem Jahr das Geld mal ausging. Sie gaben mir Schuld dafür, da das Kindergeld zu niedrig ist!
Sie schlugen mich, öfters auch so stark, dass ich für kurze Zeit auch mal bewusstlos war.
Letztes Jahr hatte mir mein Dad sogar das Schlüsselbein gebrochen und hatten im Krankenhaus gesagt ich sei gestolpert. Ich glaube so ganz hatten die Ärzte ihnen das nicht abgekauft, trotzdem haben sich nichts dagegen getan.
Letztes Jahr war mal die Polizei hier und hatte meine Eltern kurze Zeit lang mal im Auge, da die Nachbarn Schreie gehört hatten.
Doch meine Eltern sagten sie hätten nur eine wilde Nacht gehabt.
Seit dem hatten die Nachbarn nichts mehr gemeldet.
Ich hatte blaue Flecken am Hals, Bauch und die Meisten an den Armen. Narben sowie Schürfwunden gabs natürlich auch.
Und das Jugendamt? Ich glaub die wissen gar nicht das ich existiere.

Ich zog einmal tief an der Zigarette, wartete ein paar Sekunden und blies den Rauch dann durch meinen Mund wieder aus. Natürlich war ich nicht blöd und wusste das Rauchen nicht gut war, aber so sehr interessiert mich dich das dann doch nicht.

In die Schule ging ich außerdem seit dem letzten viertel Jahr auch nicht mehr. Meine Mum rief eines Tages, mal nüchtern, an und meinte ich müsste mehrere Monate auf Kur und könnte für längere Zeit nicht mehr kommen. Die Schule dachte sich dabei nichts.
Als ich meine Eltern fragte wieso, meinte Mum sie bräuchten mich hier und die Schule mir sowieso nichts beibringt.

Es war weiterhin still in der Wohnung, doch ich wohnte jetzt schon über drei Jahre mit Psychos in einer Wohnung und wusste was sie als nächstes vorhaben. Betrunken und wütend. Was würde meine Eltern nichts besseres einfallen als im Nebenzimmer sich an die Wäsche zu gehen.
Ich lauschte und wie ich Recht behielt, hörte ich nach weiteren stillen fünf Minuten die Tür von nebenan und kurz darauf das quietschende Bett.
Jetzt war es nicht mehr so still in der Wohnung. Man konnte erst leise schmatzende Geräusche hören, dann wieder nichts und letztendlich Stöhnen und Quietschen.

Ich streckte meine Arm und griff nach meinen Kopfhörern, die ich an mein Handy anschloss.
Die ersten zwei bis drei Lieder konnten ich die Geräusche um mich herum ausblenden, doch dann hielt ich die Schreie nebenan wirklich nicht mehr aus.
Ich schnappte mir meine Kopfhörer, machte das Fenster weiter aus und sprang die drei Meter bis zum Boden runter.
Es war schon relativ spät, weshalb der Himmel schon gelb-orange gefärbt war.
Ich verschwand öfters mal am Abend oder in der Nacht, wenn ich es zu Hause nicht mehr aushielt. Obwohl ich dieses Loch eigentlich nicht mehr zu Hause nennen kann.
Auch hab ich schon mehrmals darüber nachgedacht einfach für immer von diesem Ort zu verschwinden, doch mich hält jedes mal ein komisches Gefühl in meiner Brust auf.

Ich entschied mich in den Park zu gehen, denn dort waren zu dieser Uhrzeit nur noch wenige Menschen.
Auf den Weg saß ich mir meine Kopfhörer auf und scrollte in meiner Playlist, bis ich einen Song gefunden habe auf den ich grad Lust hatte.
Es war Everything I wanted von Billie Eilish, einer meiner Lieblingslieder.

three and a half Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt