04 - Verschlungen vom Schwarzem Loch

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𝟸𝟺𝟿𝟸 𝚆𝙾𝙴𝚁𝚃𝙴𝚁 - 𝙷𝙾𝚁𝚁𝙾𝚁, 𝙳𝚁𝙰𝙼𝙰, 𝚂𝙲𝙸𝙴𝙽𝙲𝙴-𝙵𝙸𝙲𝚃𝙸𝙾𝙽

Wir sind mutig gewesen. Wir sind die gewesen, die sich getraut haben. Und nun sind wir allein. Nun bringt uns Mut auch nicht weiter.

Eingeschlossen von der Dunkelheit.

Umgeben von der Stille.

Verängstigt durch unseren Gegner.

Ich sitze zitternd in der Ecke. Ich kann nichts mehr tun, ich bin hilflos. Vielleicht war es nicht Mut sondern Dummheit, in die Rakete zu steigen. Fünf Jahre habe ich für die letzten Tage trainiert. Und jetzt soll alles vorbei sein. Es sollen wirklich die letzten Monate sein.

Mir ist klar, dass das All noch nicht einmal ansatzweise erforscht ist, aber ich habe niemals damit gerechnet, in diese beängstigende Situation zu kommen.
Nachdem wir dem Weltraumschrott ausgewichen sind, kamen wir nicht mehr zurück auf unsere Umlaufbahn. Wir wurden immer weiter von der Erde weggesogen.

Bei dieser Erinnerung läuft mir ein weiterer, kalter Schauer den Rücken herunter. Aber ich kollabiere nicht, leider. Ich würde es gerne, um die nächsten Minuten nicht miterleben zu müssen.

Denn ich kann nichts machen, ein Schwarzes Loch zieht uns immer näher an sich heran. Ich könnte versuchen die Richtung zu ändern, aber das würde nichts bringen. Zu lange habe ich es schon versucht. Ohne Erfolg.

Die Angst in diesem Loch zu enden, bereitet mir eine Gänsehaut. Ich schließe die Augen, um nicht mehr aus der Lucke heraus gucken zu müssen, aber das bringt nicht viel. Ich höre die Sirenen nur lauter. Sie heulen, weil auch sie wissen, dass es jetzt vorbei sein wird.

Ich habe das Gefühl, dass sie immer lauter heulen, auch wenn das nicht stimmt. Ich spüre ihren Klang in meinen Ohren. Ich verkrieche mich immer weiter in meiner Ecke.
Auch meine Kollegen machen das so. Wir wollen alle nicht mehr reden. Wir haben aufgegeben.

Was sollen wir auch machen, wenn wir die Flugrichtung der Rakete nicht mehr bestimmen können?
Was sollen wir tun, wenn wir ins Schwarze Loch eingesogen werden?
Wie sollen wir handeln, wenn keiner weiß, wie es im Schwarzen Loch weitergeht?
Wie sollen wir an Informationen kommen, wenn die Verbindung zur Erde durch das Schwarze Loch gestört ist? Weil es Materie und Strahlung einsaugt.

Ich wollte Astronaut werden, um das Leben auf der Erde zu sichern. Um einen weiteren Platz für Leben zu finden. Aber jetzt werde ich höchstwahrscheinlich sterben. Und die anderen mit mir.

Ich kann mich aber nicht von meinem Leben verabschieden. Ich will noch so viel machen. So viel, dass ich erst mal nachdenken muss, um das Wichtigste zu erkennen.
Eine Familie wollte ich gründen. Ich wollte eine Frau finden, ein Kind bekommen, ein Haus bauen und für sie und die ganze Welt wichtig sein.
Darum bin ich auch her hochgeflogen. Um für die Menschheit wichtig zu sein. Damit die Leute später sagen würden: Dieser Mann hat den Mut gehabt, eine neue Welt zu finden. Aber dieser Traum ist vorbei. Man wird sagen: Das waren die Männer, die spurlos verschwunden sind.

Und trotzdem kann ich nicht abschließen. Weil ich mir nicht sicher sein kann, was im Schwarzen Loch passiert. Weil vielleicht doch noch eine kleine Hoffnung besteht, dass ich überlebe. Weil noch niemand in ein Schwarzes Loch kam.
Es wird vermutet, dass dort die Zeit viel langsamer vergeht, dass alles zusammengepresst wird. Aber vielleicht sieht das nur so aus. Mit Sicherheit sagen kann man es nicht.

Vielleicht werde ich schmerzhaft zusammengepresst und gleichzeitig auseinandergezogen. Vielleicht verliere ich doch noch vorher das Bewusstsein.
Und vielleicht ist es ganz anders.

𝑫𝒊𝒆 𝑼𝒏𝒆𝒏𝒅𝒍𝒊𝒄𝒉𝒌𝒆𝒊𝒕 𝒅𝒆𝒓 𝑾𝒆𝒍𝒕𝒆𝒏 ²⁰¹⁹ ❲⊛❳Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt