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„Ich glaube, dass irgendwas mit mir nicht stimmt", sagte er.
„Wie kommst du darauf?"
,,Ich weiß nicht, ich fühle mich zur Zeit so seltsam" Ethan griff nach einer Flasche auf seinem Nachttisch, welche mir bisher nicht aufgefallen war, er nahm einen kräftigen Schluck und verzog angewidert das Gesicht. Die Flüssigkeit war klar, genauso wie die Flasche in der sie sich befand.
„Ist das Vodka?" „Mhm" Die Flasche zog ich ihm aus der Hand, nahm einen großen Schluck, Ethan tat es mir gleich. Der Alkohol brannte erst in meiner Kehle, in meinem Rachen und prickelte letztlich angenehm in meinem Bauch. Er nahm sogar nochmal einen dritten Schluck.

Eine Weile saßen wir einfach da, bis ich merkte wie sich die Stimmung veränderte. Er wollte reden. ,,Ich fühle mich leer", gab Ethan sein Statement ab, löschte das Licht und ließ sich in sein Bett fallen, ich legte mich einfach neben ihn, da sein Bett groß genug für zwei Personen war. ,,Alles ist so anstrengend", fügte er an. Ich hörte ihm zu, ich biss mir auf die Zähne, bis mein Kiefer pochte, mein Gesicht machte einen verkrampften Ausdruck. Neben mir hörte ich meinen Bandkolegen tief einatmen. Er bewegte sich, mein Blick schweifte zu ihm. Meine Augen hatten sich schon an die Dunkelheit gewöhnt und selbst durch die Vorhänge schien das weiße, helle Mondlicht. Ich erkannte, wie er sich mit der Hand über das Gesicht fuhr.

Ein Bild erfand sich in meinem Gehirn, wie er neben mir, mit einem von Tränen glitzerndem Gesicht lag und verzweifelt versuchte die Tränen von seinem Gesicht zu wischen, obwohl es keinen Sinn hatte, denn aus seinen Augen traten gerade wieder Neue aus. So furchtbar traurig und gleichzeitig so wunderschön, sogar die Tränen die glänzten, so wie man sich flüssige Diamanten und Brillanten vorstellen würde. Ich dachte nicht daran, dass dieses Hirngespinst der Realität entsprechen würde, bis ich neben mir ein Schniefen hörte.

,,Es fühlt sich so an, als ob ich langsam immer mehr von mir selbst verliere. Alles wird grau"
,,Ich wusste nicht, dass du dich so fühlst.", gab ich zu. Meine Antwort hörte sich monoton an, beinahe so als würde es mich nicht interessieren, doch in Wirklichkeit wusste ich einfach nicht was was ich antworten sollte. ,,bloß seit 2 oder 3 Monaten verhältst du dich anders als sonst. Das ist eine lange Zeit, wieso hast du nicht früher etwas gesagt?" Ich hörte Ethan neben mir hysterisch auflachen:
,,2 Monate sollen eine lange Zeit sein?" In meinem Kopf befand sich nun ein großes Fragezeichen: ,,Jaaaa, 2 Monate sind lang", ich war verunsichert. Ethan hatte während unserem Gespräch immer noch mehr Schlucke aus seiner Vodka Flasche genommen und so langsam nahm seine Stimme einen müden Unterton an, denn der Alkohol machte sich in ihm bemerkbar: ,,Angefangen hat es ungefähr vor 4 Jahren. 4 verdammte Jahre Damia!" Er schrie mich förmlich an, doch man vernahm trotzdem nur ein Wispern, er bennutzte immer noch meinen Spitznamen, ich glaubte nicht , dass er sauer war. Doch aus seiner Stimme ging eine Welle aus Verbitterung und Trauer aus, welche selbst mir Tränen in die Augen trieb. ,,Am Anfang war es nicht schlimm. Manchmal war ich einfach nicht motiviert an manchen Tagen, diese Tage wurden zu Wochen, dann hatte sich alles leer angefühlt bis hin zu dem Gefühl einfach nur noch weinen zu müssen. Mehr nicht, doch jetzt-" Mein Herz begann schneller zu schlagen, ich hörte das Blut in meinen Ohren rauschen, welches sich mit dem Klang von Ethans sanfter Stimme vermischte. Ich unterbrach ihn, weil ich begriffen hatte wie unfair, sogar falsch, diese ganze Situation ihm gegeüber gerade war, denn er war betrunken, morgen früh würde er vielleicht aufwachen und alles bereuen was er gesagt hatte. ,,Ethan, du bist betrunken. Ich weiß nicht, ob du mir das alles normalerweise sagen würdest. Ich will, dass du it mir redest weil du mir vertraust und nicht weil du betrunken bist. Weißt du was ich meine? Wir werden darüber reden, aber ich glaube nicht, dass jetzt der passende Zeitpunkt dafür ist. Der wenige Alkohol hat gerade eine starke Wirkung, weil du davor nicht so viel gegessen hast" ,,Ich-", begann Ethan einen Satz den er irgendwie nicht vervollständigte. ,,Ich will bloß nicht, dass du mir etwas wichtiges erzählst, in einem Moment wo du keine Kontrolle über deine Worte hast. Verstehst du? Ich würde deinen Zustand ausnutzen" Ethan nickte einsichtig. ,,Wir werden reden, aber nicht jetzt. Ich fühle mich schlecht dabei.", erklärte ich ihm.

Am nächsten Morgen wachte ich auf, es dauerte einen Moment, bis ich mich an letzte Nacht erinnerte. Was Ethan gesagt hatte, versuchte ich zu verarbeiten. Jetzt bemerkte ich erst, dass ich alleine in seinem Bett lag. Ethan war ein Morgenmensch und wahrscheinlich schon länger wach. Ich sah auf die Wanduhr, 10:23. Ich raffte mich dazu auf aufzustehen. Was Ethan wohl gerade machte? Mein Blick schweifte zu dem Lichtschalter von Ethans Bad, welcher außerhalb angebracht war. Ein rot leuchtendes Licht auf dem Schalter zeigte an, dass das Licht des Badezimmers gerade verwendet wurde. Ich klopfte an der Badtüre: ,,Ethan?" ,,Ja?", es klang seltsam, ein seltsamer Unterton schwang in seiner Stimme mit, dieser gefiel mir ganz und gar nicht. ,,Kann ich reinkommen?" Die Türe ging auf und ich sah in sein Gesicht. Seine Augen wirkten müde, sogar angeschwollen, sein Gesicht war weiß wie die Wand, nur seine Augen waren rot und es wirkte nicht so, als stände er auf seinen Füßen besonders sicher. Ich fragte ihn nicht, ob er geweint hatte, ich wusste es. Lange dachte ich darüber nicht nach, ich nahm ihn einfach in den Arm. Er schlang seine Arme um meine Hüfte. Er hatte meine Umarmung, meine Hilfe, angenommen.
Schluchzen. Schluchzen erfüllte den Raum. Kein schönes Schluchzen wie man es aus den Filmen kannte. Es war herzzerreißend, doch nicht im guten Sinne und ging einem durch Mark und Bein. Ich schluckte. Nach einer Weile verstummte es. Keine neuen Tropfen seiner Tränen landeten auf meiner Schulter, welche daran wie die Tränen auf seinem Gesicht herunterliefen. Trotzdem hielt ich ihn weiterhin in meinen Armen, denn ich war der Anker und er das Boot, welches drohte auf hoher See bei Gewitter zu kentern.
,,Willst du frühstücken?", ich hatte beschlossen ihn fürs Erste auf nichts anzusprechen, zumindest nicht in diesem Moment, sondern einfach nur für ihn da zu sein.
,,Nein, passt schon"
,,Du musst essen!"
,,Ich habe aber keinen Hunger", protestierte er.
Es fühlte sich so an als hätte ich ein weiteres Puzzleteil gefunden, doch mit jedem Teil, dass ich fand, wurde ich verzweifelter.
,,Ma Coraline non vuole mangiare no
Sì, Coraline vorrebbe sparire
(Aber Coraline will nicht essen, nein
Ja, Coraline würde gerne verschwinden)"

Recovery [Måneskin FanfFiction]Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt