Jägerin im Wolfspelz

Chapter 4

Rileys POV:

Ich glaube, so aufgeregt war ich noch nie in meinem ganzen Leben. Wie Kilians Mate wohl sein wird? So wie Julia von ihr geschwärmt hat, ist sie ein göttliches Wesen, aber meine Gefährtin übertreibt sehr gerne. Da höre ich Schritte auf der Treppe und werfe Julia einen mahnenden Blick zu.

Denk an das, was wir besprochen haben. Ruhig sein und die Kleine kennenlernen. Schauen, wie sie sich einfügt und reagiert.

Ich weiß Ich weiß. Aber sie ist so süß, wie ein Engel. Ich kann nicht anders.

Ich seufze und lasse meine volle Alpha-Dominanz ausstrahlen. Hoffentlich geht das gut. Da öffnet sich auch schon die Tür und mein Sohn betritt die Küche, gefolgt von einem wirklich hübschen jungen Mädchen. Ist sie überhaupt schon 17? Sie hat die rotesten Haare, die ich je gesehen habe und tiefbraune Augen, die sich interessiert umsehen. Ich bin überrascht, als sie grüßend die Hand hebt und sich eventuelle Unannehmlichkeiten entschuldigt. Spürt sie denn gar nichts? Selbst mein Beta würde in diesem Moment respektvoll den Hals zeigen, als Zeichen der Unterwerfung. Ich schüttle den Kopf. Dann stelle ich mich und meine Gefährtin vor und biete ihr einen Stuhl an. Mein Sohn steht ratlos in der Gegend rum. Wahrscheinlich hat der arme Junge keine Ahnung, wie er sich verhalten soll. Während Julia ihr einen Kakao anbietet, sehe ich mir das Mädchen genauer an. Sie wirkt nicht so, als hätte sie gerade einige Stunden in einem dunklen Kerker verbringen müssen. Sie ist zwar neugierig, hat aber keine Angst. Allerdings verfolgt sie ungewöhnlich interessiert die Bewegungen von Julia. Außerdem kann ich ihren Geruch nicht wirklich zuordnen. Nicht wirklich Mensch, aber auch kein anderes mir bekanntes Wesen. Seltsam. Ich setzte mich neben Aurora und fange an. Also. Aurora, ich habe da ein paar Fragen an dich. Sie blickt mich an und nickt erwartungsvoll. Wie alt bist du? Ich bin 15. Knappe aber höfliche Antwort. Hat sie Angst, etwas falsches zu sagen? Aber sie ist wirklich jung. Mit 15 spürt sie das Mate-Band noch nicht. Warum warst du auf unserem Territorium? Sie schluckt, bevor sie antwortet. Mein Vater war der Meinung, ich wäre reif genug, einen Wolf zu jagen. Ich habe das Gefühl, da fehlt noch etwas, aber naja. Jagen alle Jäger*innen mit 15 den ersten Wolf? Sie schüttelt ihren Kopf und rote Haare verstecken für einen Augenblick ihr Gesicht. Ich war eine Ausnahme. Mein Vater ist nämlich der Clanführer. Warum hast du Kilian nicht angegriffen? Sie schweigt mir einen Moment zu lange. IchIch weiß es nicht genau. Noch während ich unterwegs war, ist mir langsam klar geworden, dass ich das nicht möchte. Dass ich keine Mörderin sein möchte. Also wollte ich aus dem Wald raus und in die nächste Ortschaft fliehen. Ihre Worte klingen glaubwürdig, auch wenn ich ziemlich sicher bin, dass sie einige Details auslässt. Wie fandest du den Aufenthalt im Kerker? Julia sieht mich schockiert an, aber ich bringe sie mit einem strengen Blick zum schweigen. Auroras Reaktion überrascht mich umso mehr. Sie zuckt gelassen mit den Schultern. War nicht so schlimm. Ich habe die Pause für ein Schläfchen genutzt. Dieses Mädchen ist wirklich höchst interessant. Eine letzte Frage habe ich noch. Für diese lege ich meinen Alpha-Ton in meine Stimme. Sie sollte dann eigentlich gar nicht anders können, als ehrlich zu antworten. Hast du sonst noch irgendwelche Geheimnisse, von denen wir wissen sollten? Ohne zu zögern schüttelt sie den Kopf. Der Alpha-Befehlston lässt sie völlig kalt. Dafür zuckt sie erschrocken zusammen, als die Mikrowelle piept und signalisiert, dass sie fertig ist. Interessant. Sie beäugt ihren Kakao, als hätte weder das Getränk, noch die Mikrowelle jemals in ihrem Leben gesehen. Kilian hat es auch bemerkt und traut sich endlich, etwas zu sagen. Hast du noch nie Kakao getrunken. Beschämt senkt sie den Kopf. Und dann tut mein Sohn etwas unglaublich kluges. Er legt ihr tröstend eine Hand auf die Schulter, sagt ihr, dass es nicht schlimm sei und trinkt einen Schluck von ihrem Kakao, um zu zeigen, dass er nicht giftig oder gefährlich ist. Ich lobe meinen Jungen über Mindlink.

Super gemacht, Kilian, ich bin stolz auf dich.

An seinem Lächeln sehe ich, dass er sich über das Lob freut. Aber noch breiter lächelt er, als Aurora vorsichtig einen Schluck Kakao trinkt.

Auroras POV:

Ich verstehe ja, warum er diese Fragen gestellt hat. Er will wissen, was für einem Mädchen er da vertrauen soll. Noch dazu einer Jägerin. Deshalb bin ich so überrascht, dass er nicht weiter nachfragt. Riley hat offenbar bemerkt, dass ich nicht alles erzählt habe. Ich weiß, dass er ein Alpha oder Beta ist, ich kann seine Aura spüren. Also warum nutzt er nicht seinen Alpha- oder Betabefehl, um seine Antworten zu bekommen? Na ja, mir solls Recht sein. Meinen Kakao habe ich schon fast leer, der ist wirklich lecker, so süß. Kilian, Riley und Julia verziehen schon wieder ihre Münder so seltsam. Ist das eine Angewohnheit von Werwölfen?

Wir sind auch ein Werwolf!

Aber wir leben nicht in einem Rudel, Ylvie. Wir sind quasi ein Rogue.

Das stimmt nur so halb. Ja, wir leben ohne Rudel, aber wir waren auch nie in einem. Weder wurden wir verstoßen, noch haben wir es verlassen.

Wie auch immer. Auf jeden Fall sollten wir geheim halten, dass wir auch ein Wolf sind, oder?

In meinem Kopf nickt Ylvie zustimmend, dann trinke ich den letzten Schluck Kakao aus meiner Tasse. Das Getränk war wirklich köstlich, vielen Dank Madam. Was haben Sie nun eigentlich mit mir vor? Nenn mich doch bitte Julia, Liebes. Du gehörst doch zur Familie. Verwirrung nimmt meinen ganzen Körper ein. Sie kennen mich seit 5 Minuten und nehmen mich sofort in Ihre Familie auf? Eine Jägerin? Nichts für Ungut, aber das lässt bei mir sämtliche Alarmglocken schrillen. Riley sieht mich verständnisvoll an. Kann ich absolut nachvollziehen. Vielleicht sollte mein Sohn dich über unsere Beweggründe aufklären." Ich sehe Kilian neugierig an. Was jetzt wohl kommt? Und warum soll ausgerechnet Kilian mir davon erzählen? Aus irgendeinem Grund sieht er ziemlich nervös aus. Sollte ich misstrauischer sein?

Das scheinen zwar nette Menschen zu sein, aber bleib bitte vorsichtig, Aurora.

Keine Sorge Ylvie, die erfahren unser Geheimnis schon nicht. Sobald es geht hauen wir hier ab und bauen uns ein Leben ohne Jäger*innen, Werwölfe oder andere mystische Kreaturen.

"Also, ich weiß ja nicht, was du alles über unsere Art weißt..." "Ziemlich viel, um...nun ja...euch auszuschalten." "Und was weißt du über Mates?" "Die Mondgöttin teilt jedem von euch einen Seelenverwandten, eine zweite Hälfte, ohne die ihr euch unvollständig fühlt." Kilian nickt und ich frage mich, auf was er hinaus will. Bin ich vielleicht seine Mate?

Genau Rory! Das ist es! Ich war auch schon am überlegen. Sollte deine Theorie stimmen, würde alles Sinn ergeben. Dass seine Eltern so überfreundlich sind, dass sie uns schon in die Familie aufgenommen haben, das gigagigantische Schlafzimmer für uns und diese Köstlichkeit namens Kakao.

Als Kilian schon eine Weile nichts mehr gesagt hat, sehe ich ihn ungeduldig an. "Bin ich vielleicht deine Mate?" Drei überraschte Gesichter sehen mich an. "Wie hast du das denn herausgefunden, Liebes?" Ich sehe Julia an. "Es stimmt also. Gemessen mit der Tatsache, dass ich eine Jägerin bin, habt ihr mich viel zu zuvorkommend und freundlich behandelt und dass Kilian mich nach meinem Wissen über Seelenverwandten gefragt hat, war auch nicht gerade unauffällig." Riley und Kilian sehen mich bewundernd an.

Kilians POV:

Und ich habe mich schon gefragt, wie ich ihr das mit den Mates erklären soll. Aurora ist wirklich klasse. Aus den paar Infos eine so präzise Theorie zu entwickeln ist wirklich beeindruckend. Nervös beobachte ich ihr Gesicht. Ob sie wohl bei mir bleibt? "Also, Aurora?" "Ja?" "Wirst du hier bleiben? Nimmst du mich als Mate an? Wir können uns natürlich auch erstmal besser kennenlernen und ich wollte mich auch noch dafür entschuldigen, dass ich dich eingesperrt habe. Es tut mir so l..." Mein Vater unterbricht mich schmunzelnd. "Lass sie doch auch mal zu Wort kommen mein Sohn." Oh...stimmt. Ein wenig ängstlich sehe ich zu Aurora, die ihren Blick nachdenklich auf meinen Vater gerichtet hat. Hoffentlich lehnt sie uns nicht ab...