Draußen steht ein Baum, direkt vor meinem Fenster, seine Zweige streifen das kühle Glas der Scheibe und immer wenn ich ihn beobachte, denke ich mir "Wie sehr ich ihn doch bewundere, diesen Baum, wie er einfach nicht aufgibt, dem Winde trotzt, dem Regen die Stirn bietet und trotz Schnee und Eis beständig bleibt, nie seine Krone niederlegt und stets der Sonne mit all seiner Pracht engegenscheint." Und in solchen Momenten wird mein Lieblingsbaum menschlich, ich erkenne in ihm eine starke Persönlichkeit, die niemals aufgibt, sich von nichts und niemandem brechen lässt und stets der Welt ihr wahres Gesicht zeigt, zu dem steht, was sie ist und sich ihres Charakters nicht schämt. So oft habe ich mir schon gewünscht, so stark und selbstsicher zu sein wie mein Baum, der Welt zu trotzen, mein wahres Ich der Gesellschaft zu zeigen und mich nicht zu verbiegen und zu verdrehen, bis ich in das Bild meiner Umgebung passe, einfach ich selbst zu sein und zu lachen und zu weinen, wann ich es für richtig halte. Doch dann bemerke ich, dass in unserer Welt kein Platz für Menschen ist, die wie Bäume sein wollen und das es schlussendlich immer darauf hinauslaufen wird, dass ich mich anpasse, weil man in unserer heutigen Zeit nicht weiterkommt, wenn man man selbst ist, da man sonst zu sehr "anders" ist, der Norm nicht mehr entspricht und man als Freak und Nerd "beschimpft" wird, dass man als Mädchen keine kurzen Haare haben kann, man als Junge keine High Heels tragen darf und man sowieso keine Bücher mehr liest, weil es doch IPads und Kindles und Computer gibt und man auch nur in Büchereien mit heißer Schokolade geht und nicht in alte Bibliotheken mit Rollleitern an den Regalen. Man kommt nicht weiter als man selbst, nur wenn man sich dauerhaft verstellt.
Da steht er nun mein Baum und ich betrachte ihn und lächle, denn er ist ein starker Baum und ich bin nur ein Mensch, ein Mädchen um genau zu sein, mit kurzen Haaren, dass gerne in alte Bibliotheken zum Lesen geht und dem die Rollleitern trotzalledem gefallen.
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Spinnereien
PoetryWenn ich mal wieder geistesabwesend im Unterricht sitze und der Stoff einfach an mir vorbeigeht, fange ich an zu schreiben und hin und wieder ist es nicht vollkommener Schrott. Ob ihr euch das antut, ist eure Sache :)