Flügel

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Gestern klingelt es bei uns am Telefon. Das Hamm'sche Krankenhaus is dran. Mein Opa wurde wieder eingeliefert und ich zitiere "Es tut uns leid, Ihnen das mitzuteilen, aber der Krebs ist wieder da und es scheint, als wäre er noch aggressiver als vorher." Dieser Satz und ich sehe meine momentan einigermaßen heile Welt zusammenbrechen. Alles was im Moment gut läuft und jede Sache, die zurzeit als perfekt erscheint, fällt in sich zusammen und da stehen diese Worte "You thought I'd leave that easy? Oh no, I came back. I will always come back." Und dann sind sie wieder da, Bochan und mein Freund und sie sagen "Lass es raus", "Es wird wieder gut", "Du musst jetzt stark sein", "Irgendwann wird es besser", "Wein ruhig" und ich denke nur "Wenn ich es nur könnte. Dann wäre das ganze nicht so grausam und schmerzhaft. Aber es geht nicht, weil ich schon alles rausgelassen habe, weil ich stark war und ich geweint habe und geschrieen und getobt und alles versucht habe, um damit umgehen zu können. Ich habe jede Hilfe angenommen, habe ellenlange Aufmunterungen über mich ergehen lassen und wofür? Damit es mir einen Augenblick lang gut geht, damit ich eine Sekunde Ruhe habe, für einen Moment Kraft sammeln kann, nur um danach mit Opas Krebs, dem ewigen Streit meiner Eltern, den Beschimpfungen meines Vaters und der Kälte in mir unterzugehen. Ich will nicht mehr. Lasst mich doch einfach gehen." Lass mich gehen, ja? Ich kann nicht mehr weinen oder schreien oder irgendwelche Gefühle rauslassen. Es tut mir leid, ich habs versucht. Hab über meine Tränen hinweg gelächelt, mich in unseren Gesprächen verloren und mich an das Seil geklammert, dass du mir hingehalten hast. Aber mein Lächeln tut weh, ich finde nicht mehr zu mir zurück und meine Finger sind taub. Ich lass mich jetzt fallen, okay? Ich hoffe einfach, dass ich entgegen aller Gesetze fliegen kann...

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