Einweihungsparty 3 - klärende Gespräche

84 6 0
                                    

„Ich geh mal mein Glas auffüllen", gebe ich den anderen so als wäre nichts gewesen Bescheid und stehe auf, um in die Küche zu gehen. „Wenn man so oft trinken muss, ist es schnell leer", lacht mir Lukas noch hinterher und in Gedanken klatsche ich ihm eine Torte ins Gesicht. Hoffentlich muss er noch oft genug trinken.

„Wincent, lass-", beginne ich schon, als ich merke, dass mir jemand in die Küche folgt und hoffe, dass er zustimmt, das später zu besprechen. „Ich bin's", höre ich Álvaro's Stimme hinter mir und schlage mir innerlich die Hand gegen die Stirn. Noch besser..  „ Álvaro, hi", grüße ich ihn bemüht locker. „Komm, ich mach das", meint er dann entspannt, nimmt mir mein Glas aus der Hand und mischt mir einen Moscow Mule, „Das haben wir in Madrid immer getrunken." „Stimmt, haben wir", nicke ich langsam und versuche, den Gedanken zu verdrängen.

Álvaro und ich haben nach unserer beider Trennungen eine Zeit lang in Madrid zusammen gelebt. Wir haben nie etwas zwischen uns definiert, aber es war mehr als nur Freundschaft Plus. Dafür haben wir uns zwischenmenschlich zu gut verstanden. „Ich wusste gar nicht, dass ihr wieder zusammen seid. Seid ihr doch, oder? Sah danach aus." Komisch, er nutzt doch selbst Instagram ganz gerne und folgt uns beiden. „Ja, sind wir. Wir haben's auch per Instagram ziemlich schnell öffentlich gemacht", deute ich es schließlich an und da nickt er langsam. „Ach, deswegen. Ich hab mir auch mal eine Pause genehmigt und der Algorithmus dreht bei mir komplett durch. Wie kam's dazu?"

An der Art und Weise wie er es sagt weiß ich, dass er ernsthaft an der Geschichte interessiert ist. Viel mehr überrascht es mich, dass wir hier auf einmal deutsch reden. In Madrid haben wir immer spanisch gesprochen, vor allem wenn es um emotionalere Themen ging. Deutsch haben hauptsächlich dann gesprochen, wenn wir uns einen Spaß erlauben und so tun wollten, als seien wir Touristen. Streng genommen waren wir das auch, aber für Touristen kennen wir die Stadt zu gut. „Wir haben uns bei einem Event gesehen und ausgesprochen. War noch alles wie früher", fasse ich es kurz zusammen, „Danke. Du machst halt die besten Drinks."

„Wenn es mal nicht mehr funktionieren sollte, weißt du wo die Anti-Frustrations-Cocktails findest", scherzt er, sieht mich aber zugleich sanft an, „Wir hatten eine schöne Zeit." „Stimmt, die hatten wir." „Ich lass dich mal wieder zu Wincent gehen", meint er dann wissend, dass wir hier nicht weiterhin so reden sollten, „Du weißt wo du mich im Fall der Fälle findest." Wir lächeln uns noch gegenseitig an und ich seufze leise, als er geht. Irgendwie war es doch ganz gut, dass er gekommen ist und wir das jetzt geklärt haben. So einfach und schnell.


„Alles gut bei dir?", fragt mich Wincent, als ich zurück im Geschehen bin und er mich plötzlich umarmt. Hatte er irgendwas verpasst? „Ich glaub die Frage müsste ich eher dir stellen", meine ich beschämt und zugleich verwundert. „Wir reden noch darüber, aber solange das alles vor oder nach mir war, werd ich damit leben", sagt er ruhiger als ich erwartet hätte, doch da gibt er auch schon zu womit es zusammenhängt, „John hat übrigens eine Spende bei mir hinterlassen, für nachher, wenn wir oben sind." „Ach, John also", lache ich leicht und erwidere seinen Kuss kurz, als er mich zu sich zieht, „Entschuldige mich bitte, aber wenn wir schon so weit sind, muss ich noch kurz mit Lu und Rafi reden." „Na klar." Ein recht angetrunkener Wincent ist meistens sehr angenehm und kuschelbedürftig. Perfekt für diesen Abend.


„Ah, da bist du", kommt Lu auch schon zu mir, nachdem Wincent und ich uns voneinander gelöst haben und er weitergegangen ist. „Du hast mich auch gesucht?" „Ja, ich will nur wissen, ob du was mit Max hattest. Dann bin ich für's Erste schon zufrieden. Den Rest möchte ich gerne morgen von dir erzählt bekommen." „Mit Max? Ne", lache ich leicht und bin ebenfalls beruhigt, dass wir nicht beide was mit dem gleichen Typen hatten. Ich hatte nun wirklich keine Lust, mit meiner Schwester verglichen zu werden.

„Puh, zum Glück. Dann geh ich mal zurück zu Basti." „Hey, zwischen euch ist es wieder gut oder?", erkundige ich mich noch, wenn wir schon von ihm sprechen. „Ja", strahlt sie nun, „Ehrlich. Wir lassen es langsam angehen, aber wenn's so weitergeht, darf er mir in Zukunft nochmal einen Antrag machen." „Das freut mich für euch", lächle ich zurück und gebe ihr dann Bescheid, dass ich weiter zu Rafi muss, der laut ihrer Aussage im Nebenzimmer ist.


Als ich die Türe hierzu öffne, grinsen mir Rafi, John und Felix doof entgegen. „Jetzt sitzt du in der Scheiße, Bro", lacht John, als er den wohl letzten Joint dreht. „Ah gut, ich bin noch nicht zu spät. Du darfst loslegen", meint Maxi, als er hastig zu uns stößt, weil er das ja nicht verpassen kann. „Rafi, was sollte das?", nutze ich Maxis Motivation also und zicke Rafi sofort an. „Ey, man, du bist ein scheiß Bro", zischt Rafi Maxi an und sieht mich dann entschuldigend an, „Wollte dich nur nerven. Aber hätte ich gewusst, dass du die Romantiker ranlässt, hätte ich mich auch mal danach orientiert." Man merkt, dass ich viel mehr Alkohol intus hatte, denn er versucht das Thema unserer Freundschaft Willen aus dem Weg zugehen wohingegen ich es endlich geklärt haben möchte.

„Raf, du stehst nicht auf mich. Ganz sicher nicht. Wir sind beste Freunde und darin sind wir verdammt gut. Aber ich könnte dich mir nicht als jemanden vorstellen, mit dem ich mein Leben auf romantische Weise teile oder gar mit dem ich Sex habe. Ich mein du bist heiß, ja. Aber das heißt nicht, dass da mehr läuft. Und dir geht es ganz genauso. Du bist nur frustriert, weil du lange keine Freundin mehr hattest und dich die Frauen für eine Nacht auch nicht glücklich machen. Aber dann gehst du bitte mit uns feiern und lässt dich von deinen Freunden verkuppeln und verwirrst dich nicht selbst, nur weil ich so oft mit euch abhänge", stelle ich klar und er scheint mir wirklich aufrichtig zugehört zu haben.

„Scheiße, du hast Recht. Ich könnte mir nicht mal vorstellen, mit dir zusammen zu wohnen. Danke, man, das hat echt geholfen. Aber das bleibt unter uns." „Entschuldige bitte? Ich bin eine tolle Mitbewohnerin", rechtfertige ich mich empört. „Du bist mir zu ordentlich", grinst Rafi endlich und umarmt mich freundschaftlich, „Wollte dich nur nerven." „Jaja, du mich auch." „Da haben sich zwei gefunden", macht sich John noch über uns lustig, bevor ich mich entspannt zu ihnen setze und feststelle, dass mein Ansage bei Raf Wunder bewirkt haben. Perfekt.

GRENZENLOS II WINCENT WEISSWo Geschichten leben. Entdecke jetzt